Jul 24, 2023
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Produktion: Unternehmen mit breit aufgestellten Lieferketten sind erfolgreicher

Written by Julian Olk


Halbleiterfertigung

Unternehmen sind der Studie zufolge auch betriebswirtschaftlich erfolgreicher, wenn sie ihre Lieferketten diversifizieren.

(Foto: obs)

Berlin Das „Ob“ ist geklärt, dafür wird das „Wie“ umso intensiver diskutiert. Die geopolitische Zeitenwende hat die Gefahr von wirtschaftlichen Abhängigkeiten aufgezeigt. Die Diversifizierung von Lieferketten erscheint alternativlos, gerade mit Blick auf China. Es stellt sich aber die Frage: Wie sehr muss der Staat eingreifen, damit die Wirtschaft ihre Lieferketten breiter aufstellt?

Eine neue Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt nun: Unternehmen sind auch betriebswirtschaftlich erfolgreicher, wenn sie ihre Lieferketten diversifizieren. Die unveröffentlichte Studie liegt dem Handelsblatt vor.

ZEW und DIW haben rund 3900 deutsche Unternehmen analysiert. Konkret haben sich die Ökonominnen und Ökonomen angeschaut, in welchen Ländern die Firmen IT-Güter wie Chips, Server oder Software einkaufen. Das haben sie verglichen mit der Wertschöpfung als Maß für die Produktion und den Betriebsüberschüssen als Maß für die Gewinne der Unternehmen.

Ein Kernergebnis ergibt sich aus dem Vergleich eines Unternehmens, das höchstens 43 Prozent seiner IT-Güter aus einem Lieferland bezieht, mit einem Unternehmen, das 100 Prozent in einem einzigen Land einkauft. Das diversifizierte Unternehmen weist einen 13,7 Prozent höheren Gewinn und eine 6,2 Prozent höhere Produktion auf.

„Anhand unserer Daten lässt sich bereits vor der aktuellen geopolitischen Situation ein positiver Zusammenhang zwischen Diversifizierung und Unternehmenserfolg nachweisen“, sagt ZEW-Ökonom Thomas Niebel. Das gelte gleichermaßen für kleinere und größere Unternehmen.

Chinapolitik: Wie viel Zuckerbrot und wie viel Peitsche?

Die Studie wirft ein neues Licht auf die Frage: Wie viel Unterstützung und Zwang braucht es für die Diversifizierung? Braucht es finanzielle Staatshilfen, damit Unternehmen sich diversifizieren? Und braucht es noch mehr, etwa Pflichten, die die Unternehmen zur Diversifizierung zwingen?

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Diese Debatte dürfte in den nächsten Monaten weiter in Bewegung geraten. Die Bundesregierung hat zwar erst gerade ihre Chinastrategie verabschiedet. Darin heißt es etwa: „Wir streben an, mit marktwirtschaftlichen Instrumenten die Anreizstruktur für deutsche Unternehmen so zu verändern, dass ein Abbau von einseitigen Abhängigkeiten attraktiver wird.“

Das lässt für die Umsetzung viel Interpretationsspielraum offen. Grüne, die für mehr Zuckerbrot und Peitsche sind, und FDP und vor allem Kanzler Olaf Scholz (SPD), die zurückhaltender sind, dürften dabei noch einige Male aneinandergeraten.

>> Lesen Sie hier: Berlins neuer China-Plan – Das sind die wichtigsten Punkte für die Wirtschaft

Klar jedenfalls ist: Gerade bei IT-Gütern sind die Abhängigkeiten von China enorm. 2020 kamen 41 Prozent dieser Produkte aus der Volksrepublik nach Deutschland, Tendenz steigend. Rang zwei ist weit abgeschlagen: Nur fünf Prozent der IT-Importe kamen aus den Niederlanden. Dabei sind die IT-Güter im Sinne der digitalen Souveränität entscheidend.

Weder Förderprogramme noch verpflichtende Prüfungen

Die Studienautoren von ZEW und DIW betonen, was bei politischen Debatten um wissenschaftliche Erkenntnisse häufig vernachlässigt wird: Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Diversifizierung ist kein Erfolgsgarant. Wer seine Lieferketten breiter aufstellt, wird dadurch nicht zwangsläufig erfolgreicher.

Chipfertigung

Die Ökonominnen und Ökonomen haben sich angeschaut, in welchen Ländern die Firmen IT-Güter wie Chips, Server oder Software einkaufen.


(Foto: Reuters)

Im Umkehrschluss heißt das für die politische Debatte aber auch: Die Erzählung mancher Wirtschaftsvertreter, Diversifizierung sei zu teuer und mit finanziellen Hilfen des Staates zu bewältigen, hält nicht.

Auch in der Chinastrategie tauchen Förderprogramme für eine breitere Verteilung von Lieferketten nicht konkret auf. „Diversifizierung kann gerade anfangs mit höheren Kosten der Umstellung verbunden sein, führt aber langfristig zu resilienteren und erfolgreicheren Firmen“, sagt SPD-Fraktionsvizin Verena Hubertz.

Auch der Zwang findet sich nur eingeschränkt in der Chinastrategie. Die Bundesregierung äußert bloß die Erwartung, dass die Unternehmen sich mit Risiken durch ihre Chinageschäfte „auseinandersetzen“. Wäre es nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gegangen, wäre die Regierung noch weitergegangen. Er hatte verpflichtende China-Risikoprüfungen für die Unternehmen vorgeschlagen. Das soll aber insbesondere Kanzler Scholz nicht gewollt haben.

Die Industrie hält das mit Blick auf die Studie von ZEW und DIW für richtig. „Die Entscheidung, welche Märkte beliefert werden und welcher Zulieferer sich jemand bedient, muss das Unternehmen selbst treffen. Der Staat kann sie dem Unternehmen nicht abnehmen“, sagt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).

>> Lesen Sie hier: Die neue China-Strategie darf nur der Anfang sein – ein Kommentar

Spätestens mit der Chinastrategie ist aber auch klar: Ganz heraushalten will sich die Ampelregierung keinesfalls. Als Erstes will sie das mit neuen Richtlinien für Exporte umsetzen. Aber auch die Importe dürften zeitnah auf der Agenda stehen.

Mehr: Wo sich eigene Werke in Europa rechnen – und wo nicht



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