Jul 25, 2023
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Verteidigung: Habeck-Berater wollen Parlament bei Rüstungsaufträgen umgehen

Written by Frank Specht


Rheinmetall-Fabrik in Kassel

Die Regierung soll freier entscheiden können, welche Rüstungsgüter sie genau bestellt, schlagen Berater des Wirtschaftsministers vor.


(Foto: Reuters)

Berlin Wissenschaftliche Berater von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) halten die Beschaffung von Rüstungsgütern in Deutschland für zu langwierig und schwerfällig. Sie schlagen unter anderem vor, große Aufträge nicht mehr erst den Haushältern des Bundestags zur Billigung vorzulegen.

„Diese sogenannte Parlamentsschleife führt zu einer Vermischung von Legislative und Exekutive“, schreibt der Wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium in einem neuen Gutachten, das am Dienstag vorgestellt wurde.

Um nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen, hat die Ampel-Koalition ein Beschaffungsbeschleunigungsgesetz beschlossen und das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen aufgelegt. Die Berater sehen aber weiteren Verbesserungebedarf – und setzen dabei auch beim Parlament an.

Es ist üblich, Rüstungsaufträge, deren Wert 25 Millionen Euro übersteigt, vorab dem Haushaltsausschuss des Bundestags vorzulegen. Im Ausführungsgesetz für das Sondervermögen wurde diese geübte Praxis auch gesetzlich festgeschrieben.

Gerade in einer sicherheitspolitisch angespannten Lage müsse die Regierung aber schnell über die Anschaffung von Rüstungsgütern entscheiden können. Die Abgeordneten hätten oft gar nicht die Kompetenz, um einzelne Beschaffungsvorgänge im Detail zu beurteilen. Auch könnten sie ihre Zustimmung von Bedingungen abhängig machen, die im Interesse ihres Wahlkreises liegen, heißt es in dem Gutachten.

Der Weg durchs Parlament macht die Beschaffung ineffizienter

„Der Parlamentsvorbehalt ist als zusätzliche Kontrolle gedacht, führt aber dazu, das Vergabeverfahren zu verteuern, intransparenter und lobbyanfälliger zu machen und zeitlich in die Länge zu ziehen“, schreiben die Wissenschaftler.

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Statt den Haushältern einzelne Aufträge zur Genehmigung vorzulegen, sollte der Haushaltsentwurf auch für die Ausrüstung der Bundeswehr so präzise gefasst werden, dass der Bundestag von vornherein und endgültig zustimmen könne, schlagen sie vor.

Ganz so weit will der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Müller, zwar nicht gehen. Aber auch er sieht Reformbedarf. Die 25-Millionen-Euro-Grenze sei seit Jahrzehnten nicht angepasst worden, sagte Müller dem Handelsblatt. „Ich schlage deshalb vor, sie auf 100 Millionen Euro anzuheben. Aber wir als Parlamentarier wollen weiter die Kontrolle über große Rüstungsaufträge haben.“

Bundestag

Aufträge mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro müssen durch den Haushaltsausschuss des Bundestags.

(Foto: IMAGO/Metodi Popow)

Korrekturbedarf sehen die Berater auch beim Beschaffungsbeschleunigungsgesetz, das zunächst bis Ende 2026 befristet ist. Es sieht beispielsweise vor, dass bei europäischen Rüstungskooperationsprojekten Ausschreibungen auf Bieter aus EU-Staaten begrenzt werden können.

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Diese Regelung habe einen „protektionistischen Effekt“, weil in bestimmten Fällen Anbieter außereuropäischer Nato-Partner wie der USA von vornherein ausgeschlossen werden könnten. Wenn die Regierung die heimische Rüstungsindustrie oder den Aufbau von Kapazitäten fördern wolle, dann solle sie lieber transparente Regeln dafür schaffen.

Zudem schlagen die Berater vor, den Rechtsschutz für Anbieter einzuschränken, die bei Vergaben nicht zum Zuge kommen. Auch sollte die zum Schutz der mittelständischen Industrie gedachte Praxis, große Aufträge in kleinere Lose aufzuteilen, überdacht werden.

Große Aufträge nicht mehr aufteilen

Denn wenn ein Auftrag in Komponenten aufgeteilt werde, bestehe die Gefahr, dass diese nicht wirklich aufeinander abgestimmt seien. Als Beispiel nennen Habecks Berater die Probleme beim Zusammenspiel des neuen Sturmgewehrs und des dafür bestimmten Zielfernrohrs.

FDP-Verteidigungspolitiker Müller hält die Vorschläge „überwiegend für gut“, teilweise werde aufgegriffen, was seine Partei schon lange fordere.

Allerdings vermisst er auch etwas: „Wir müssen zu mehr Pay-by-Performance-Aufträgen kommen”, sagt der Liberale. Das heißt, die Industrie erhalte den Auftrag, ein geliefertes System über zehn Jahre zu warten und mit Ersatzteilen zu versorgen. „Aber das Geld fließt nur, wenn der Panzer dann auch fährt oder der Hubschrauber auch fliegt.“

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Im Gutachten findet sich eine abgespeckte Variante des Vorschlags. Die Berater schlagen vor, den Abschluss von Verträgen zu erleichtern, in denen der Auftragnehmer einen Bonus erhält, wenn er besonders schnell oder in besonders guter Qualität liefert.

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