Aug 3, 2023
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Südostasien: Korruptionsaffäre im Kabinett belastet das Vorzeigeland Singapur

Written by Mathias Peer


Marina Bay Skyline

Bis mindestens 2028 sollen in Singapur Formel-1-Rennen stattfinden.

(Foto: mauritius images / Zoonar GmbH / Alamy / Alamy Stock Photos)

Bangkok Kein Kaugummi an Parkbänken, kein Graffiti an Hauswänden – und auch keine Korruption in den Behörden: Der südostasiatische Finanzplatz Singapur pflegt einen Ruf als gesetzestreuer Vorzeigestaat. Doch eine Reihe von Skandalen in der Regierungspartei rüttelt an dem Sauber-Image. 

An diesem Mittwoch nahm Premierminister Lee Hsien Loong erstmals im Parlament zu den Vorwürfen Stellung. Er betonte, dass seine People’s Actions Party (PAP) eine Null-Toleranz-Politik bei Korruption verfolge: „Die PAP hat einen Rückschlag erlitten, aber wir werden den Singapurern zeigen, dass wir die Standards einhalten und das Richtige tun werden, damit das Vertrauen erhalten bleibt.“ Alle Vorfälle sollten lückenlos aufgeklärt werden.

Es geht vor allem um eine Bestechungsuntersuchung rund um Verkehrsminister Subramaniam Iswaran, der vergangenen Monat vorübergehend festgenommen wurde.

Der Skandal trifft die Regierungspartei in einer kritischen Phase. Der 71-jährige Lee, Sohn von Staatsgründer Lee Kuan Yew, regiert in Singapur seit fast 20 Jahren und will eigentlich zur Wahl 2025 die Amtsgeschäfte an seinen bisherigen Stellvertreter Lawrence Wong übergeben.

Sollten sich die jüngsten Probleme der PAP zu einer ernsten Krise entwickeln, halten es Beobachter für nicht ausgeschlossen, dass Lee seine Ruhestandspläne noch einmal verschiebt. Das hatte er bereits während der Coronapandemie getan. Damals sagte er, er wolle das Land erst „in einem guten Zustand“ sehen, bevor er die Verantwortung übergebe.

Regierung informierte nicht über die Festnahme

Zu dem konkreten Verdacht, auf dem die Ermittlungen des Antikorruptionsamts CPIB basieren, will sich die Regierung bisher aber nicht äußern. Fest steht nur, dass neben Iswaran auch der Immobilienmilliardär Ong Beng Seng im Fokus der Untersuchung steht. Beide waren im Juli nach ihrer Festnahme gegen Kaution freigelassen worden. Ong betreibt unter anderem Hotels der Marke Four Seasons auf den Malediven, den Seychellen und in Singapur. 

Zudem ist Ong mitverantwortlich für Singapurs Platz im Rennkalender der Formel 1: Seine Gesellschaft Singapore GP und die Tourismusbehörde des Landes sicherten sich im vergangenen Jahr eine Fortsetzung des Singapur-Rennens bis 2028. Involviert war damals auch Verkehrsminister Iswaran.

Ob es einen Zusammenhang zwischen den Formel-1-Geschäften und der laufenden Untersuchung gibt, haben Regierung und Ermittler bisher nicht kommentiert. Ongs Hotelkonzern teilte lediglich mit, dass der Unternehmenschef von den Ermittlern zu seinen Interaktionen mit Iswaran befragt worden sei.

Die Opposition warf der Regierung vor, die Öffentlichkeit zu spät zu informieren. Ein Kritikpunkt lautet, dass die Behörden die vorübergehende Festnahme von Minister Iswaran tagelang geheim hielten. Lee sagte, er werde „nicht zögern oder zaudern“, wenn es darum gehe, „unser System robust und sauber zu halten“. „Wenn die Untersuchung abgeschlossen ist, wird das Antikorruptionsamt die Ergebnisse der Generalstaatsanwaltschaft vorlegen, die dann entscheiden wird, was mit ihnen zu tun ist“, sagte er im Parlament.

Singapurs Minister gehören zu den bestbezahlten der Welt

Iswaran war von Lee im Juli beurlaubt worden, nachdem das CPIB formelle Ermittlungen eingeleitet hatte. Im Parlament gab der Regierungschef nun auch bekannt, dass er das Gehalt des Ministers vorübergehend auf umgerechnet rund 5800 Euro im Monat gekürzt hat. Normalerweise erhalten Kabinettsmitglieder in dem Land deutlich mehr. Inklusive variabler Gehaltsbestandteile kommen sie auf rund 60.000 Euro im Monat – und gehören damit zu den bestbezahlten Staatsbediensteten der Welt. Als Begründung für die hohen Gehälter führt Singapurs Regierung regelmäßig an, dass diese die Anreize für Korruption verringern. 

Tatsächlich sind prominente Bestechungsfälle in dem Land selten. In der Rangliste der Organisation Transparency International belegt Singapur den fünften Platz unter den am wenigsten korrupten Ländern der Welt. Korruptionsermittlungen gegen einen Minister gab es zuletzt im Jahr 1986.

Doch in den vergangenen Monaten häuften sich Fragen zu den Geschäftsverbindungen von Politikern der Regierungspartei. Die Opposition witterte einen Skandal um mögliche Vergünstigungen für den Innen- und den Außenminister des Landes bei Mietverträgen für Luxusanwesen. Eine Untersuchung des CPIB ergab jedoch keine Hinweise auf Fehlverhalten. 

Anfang des Jahres hatte es zudem Kritik an einer Abgeordneten der Regierungspartei gegeben, die neben ihrem Mandat einen Job bei dem Mobilitäts-Start-up Grab als Verantwortliche für Regierungsangelegenheiten angenommen hatte. Nach einer Debatte über Interessenkonflikte gab ihr das Unternehmen dann eine andere Position.

Heikel ist für Lees PAP derzeit auch das Bekanntwerden einer außerehelichen Affäre zwischen dem bisherigen Parlamentspräsidenten und einer ebenfalls zur PAP gehörenden Abgeordneten. Die Partei inszeniert sich gerne als Verfechterin traditioneller Familienwerte. Lee musste einräumen, dass er schon seit mehr als zwei Jahren von der Affäre wusste. Zum Rücktritt der Politiker kam es jedoch erst vergangenen Monat. Lee sagte dazu nun: „Ich hätte das Thema früher forcieren sollen.“

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