Paris Temperaturen um 43 Grad, Hitze-Warnstufe Rot in 19 Departements, schwere Unwetter: Der Süden Frankreichs verzeichnete vergangene Woche erneut eine massive Hitzewelle. Kurz vor Ende ihrer offiziellen Sommerferien litten Millionen französischer Urlauber unter den Auswirkungen des Klimawandels – und werden es sich womöglich im kommenden Jahr genau überlegen, ob sie die schönsten Wochen des Jahres erneut bei Extremtemperaturen verbringen wollen.
Tourismus-Experten sprechen von einer Zeitenwende. Die legendäre französische Riviera, eine der prestigeträchtigsten Urlaubsregionen weltweit, zog in diesem Jahr erstmals weniger Touristen an, wie aktuelle Zahlen zeigen. Zugleich boomt der Markt für Ferienimmobilien in der Bretagne und der Normandie.
„Die Auslastung im Norden von Frankreich ist im Vergleich zu 2022 gestiegen, einige Regionen im Süden melden aber Verluste“, erklärten jetzt das französische Wirtschaftsministerium, das Tourismusbüro Atout France und der nationale Tourismusverband ADN Tourisme in einem gemeinsamen Kommuniqué. „Ein Teil der Reisenden könnte sich wegen der Hitze, Trockenheit und der Waldbrände vom Süden abwenden“, befürchtet François de Canson, Präsident von ADN Tourisme.
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Jean-François Rial, Chef der Reiseagentur Voyageurs du Monde, findet noch drastischere Worte. Die Klimaerwärmung bedrohe mittlerweile ganze Regionen: „Das Mittelmeer war bisher wichtigstes Ziel europäischer Touristen, doch das könnte sich jetzt ändern.“
Wo es in der Bretagne noch bezahlbare Immobilien gibt
Rial nennt noch einen zweiten Grund, warum die bisher so verwöhnte Region im Süden an Strahlkraft verliert. Die angespannte Wirtschaftslage habe viele Franzosen aus dem Ballungsraum Paris hart getroffen, sie verzichteten zunehmend auf den Glamour-Faktor von Nizza, Cannes und Saint-Tropez, bevorzugten eher die nahe – und preiswertere – Normandie oder Bretagne.
Ist die Bretagne die neue Côte d’Azur? Immobilienmakler beobachten bei Urlaubern und Käufern von Ferienimmobilien einen fast schon unheimlichen Treck Richtung Norden. Von Biarritz über die südliche Bretagne bis hin zur Normandie verlagert sich das Interesse. Wurde früher die nördliche Bretagne um Brest und Quimper von vielen Touristen gemieden, ist sie heute das neue Sehnsuchtsziel. Die Folge: Die Preise für Ferienimmobilien steigen rapide.
Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums legten die Touristenzahlen in der Bretagne in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um zehn Prozent im Vergleich zu 2022 zu. Die Vermietungsplattform Abritel bestätigt das Interesse für die Bretagne: Um 30 Prozent sei die Zahl der Vermietungen gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Dabei locken Preise, die 30 bis 50 Prozent unter denen am Mittelmeer liegen.
Aber selbst in den einzelnen Regionen differenziert sich der Markt für Immobilienkäufer. Während der Süden der Bretagne rund um Quiberon mit einem milden Klima schon immer Reisende anzog und die Preise stark zugelegt haben, gibt es im Norden noch bretonische Orte, in denen Immobilien erschwinglich sind.
Quimper, Brest und andere: Neue Lieblingsorte lassen Immobilienpreise klettern
Vor einigen Jahren interessierten die Käufer nur die Städte in der südlichen Bretagne, die schnell von Paris aus zu erreichen waren. Das hat sich geändert. „Nun füllen sich die Gebiete, die vorher nur wenig Nachfrage hatten“, sagt Ronan Pradeau, Verantwortlicher der Agenturen der Südbretagne Sud Sotheby’s Realty, ein Netzwerk für Luxusimmobilien. Das Département Finistère um Quimper und Brest im Norden etwa läge derzeit im Trend. Der Makler erhält dafür heute fast genauso viele Anfragen wie für den Süden. Die nördliche Bretagne holt auf, die Preise stiegen innerhalb eines Jahres um zehn Prozent.
Günstig ist es noch im Hinterland um Quimper mit Preisen ab 1600 Euro pro Quadratmeter und einem Durchschnittspreis um 2500 Euro. In einem Jahr hat Quimper aber schon um zwölf Prozent zugelegt, über 50 Prozent in fünf Jahren, so Zahlen von Immobilienagenturen. Besonders beliebt ist die Bucht von Audierne vor Quimper. Heute muss man dort für kleine Häuser 400.000 Euro zahlen, vor fünf Jahren waren es nur 250.000, so der Makler.
Penmarch im Süden von Quimper, wo man gut surfen kann, ist ein neuer Hotspot. Viele Pariser haben hier schon ein Ferienhaus. Dort stiegen die Preise innerhalb von vier Jahren um 30 Prozent und liegen derzeit im Durchschnitt bei 2800 Euro pro Quadratmeter. Es gibt aber auch Luxusvillen für mehr als eine Million Euro und Fischerhäuser für 600.000 bis 800.000 Euro mit Meerblick. In den 1970er-Jahren wurden dort viele Häuser am Meer gebaut, die Auswahl ist groß.
Ein weiteres Beispiel ist Concarneau südlich von Quimper. Der Ort galt lange als Rentnerstadt. Doch innerhalb der letzten fünf Jahre sind dort die Preise um über 50 Prozent gestiegen, in einem Jahr um fünf Prozent, Durchschnittspreis ist derzeit 3200 Euro. Das ist immer noch wenig im Vergleich zu Quiberon in der südlichen Bretagne mit einem Quadratmeterpreis von über 6000 Euro, plus 60 Prozent in fünf Jahren.
Die Bretagne ist auch bedingt durch die Pandemie neue Lieblingsregion der Touristen geworden. Sie entwickelt sich vom Kurzfrist-Ferienparadies zum Teilzeit-Wohnsitz. Zahlreiche Pariser sind in kleinere Stadtwohnungen gezogen und kaufen dafür in der Bretagne eine Immobilie, abseits von Touristenmassen und den Hitzewellen der Côte d’Azur.
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