Brüssel Zwei prominente EU-Politikerinnen wollen die Nachfolge von Werner Hoyer an der Spitze der Europäischen Investitionsbank (EIB) antreten. Spanien reichte am Freitag die Kandidatur der parteilosen Wirtschaftsministerin Nadia Calviño ein. Sie muss sich nun unter anderem gegen die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager durchsetzen, deren Kandidatur seit Juni bekannt ist.
Der 71-jährige FDP-Politiker Hoyer hört zum Jahresende nach zwei Amtszeiten als Präsident der EIB auf. Die 27 EU-Finanzminister wollen seine Nachfolge bei ihrem informellen Treffen Mitte September in Santiago de Compostela diskutieren.
Neben Calviño und Vestager stehen noch drei weitere Kandidaten zur Auswahl: der frühere italienische Notenbanker und Finanzminister Daniele Franco sowie zwei von Hoyers Stellvertretern bei der EIB: die Polin Teresa Czerwinska und der Schwede Thomas Östros.
In diesem Feld ragen Calviño und Vestager heraus. Beide sind bekannte Köpfe in der europäischen Politik.
Beide sind studierte Ökonominnen, haben viele Jahre lang Leitungsfunktionen in der EU-Kommission bekleidet und es bis zur stellvertretenden Regierungschefin in ihrem Land gebracht. Zudem sind beide 1968 geboren.
Calviño nimmt dritten Anlauf auf internationales Spitzenamt
Bevor sie Wirtschaftsministerin wurde, war Calviño zwölf Jahre in der EU-Kommission. Sie leitete die Generaldirektion Haushalt unter EU-Kommissar Günther Oettinger und war stellvertretende Generaldirektorin für Finanzregulierung sowie für Wettbewerb. Sie spricht neben Spanisch auch Englisch, Französisch und Deutsch.
Calviño strebt seit Langem nach einem internationalen Spitzenjob. 2019 bewarb sie sich um die Nachfolge Christine Lagardes als Chefin des Internationalen Währungsfonds, zog sich aber nach der ersten Abstimmungsrunde zurück. 2020 wollte sie Präsidentin der Eurogruppe werden und hatte breite Unterstützung, auch von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch unterlag sie knapp dem Iren Paschal Donohoe, der das Amt bis heute innehat.
Im Kreise der EU-Finanzminister, an deren Treffen sie seit fünf Jahren teilnimmt, ist die umgängliche Spanierin beliebt. Das könnte ein entscheidender Vorteil bei der Wahl sein. Derzeit leitet sie die Treffen der Finanzminister sogar, weil Spanien seit Juli die rotierende Ratspräsidentschaft innehat.
Bis zu Calviños Kandidatur galt Vestager als Favoritin. Sie hat jedoch zuletzt den Zorn der französischen Regierung auf sich gezogen, als sie die US-Amerikanerin Fiona Scott Morton zur Chefvolkswirtin ihrer Wettbewerbsbehörde machen wollte. Nach scharfer Kritik von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verzichtete Scott Morton auf den Job. Diese Episode überschattet nun Vestagers Bewerbung.
Beide Frauen sind pragmatische Reformerinnen
Dabei gibt es an der Eignung der charismatischen Dänin keinen Zweifel. Als Wettbewerbskommissarin seit 2014 ist sie eines der wenigen Brüsseler Gesichter, die einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Sie hat sich als Hüterin des Binnenmarkts profiliert, indem sie mehrfach Milliardenstrafen gegen die amerikanischen Tech-Konzerne verhängte.
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Auch vor Auseinandersetzungen mit den großen Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich schreckte sie nicht zurück, wenn es um Staatshilfen und Kartellbildungen ging.
Vom Stil her sind beide Frauen verbindlich und zugleich durchsetzungsstark. Beide präsentieren sich auch als pragmatische Reformerinnen. Die Technokratin Calviño ist in der linken Regierung von Pedro Sanchez die Stimme der Realpolitik. Die linksliberale Vestager vertritt in der EU-Kommission Marktpositionen gegen den wachsenden Staatsinterventionismus.
Dass sich nun solch hochkarätige Bewerberinnen für den EIB-Posten interessieren, zeigt auch, wie sehr die Bedeutung der Förderbank unter Hoyer gewachsen ist. Zwar ist der EIB-Präsident von den 27 EU-Finanzministern abhängig, die als Anteilseigner den Gouverneursrat bilden. Aber dank des gewaltigen Finanzierungsbedarfs der EU ist die Bank deutlich sichtbarer geworden. Mithilfe ihrer Fördermittel mobilisiert sie ein Vielfaches an privatem Kapital für alle großen Aufgaben – vom grünen Umbau der Wirtschaft bis zum Wiederaufbau der Ukraine.
Mit Hoyers Abgang nimmt die Zahl der Deutschen in EU-Spitzenjobs weiter ab. Im vergangenen Jahr hatte bereits Klaus Regling als Chef des Euro-Rettungsschirms ESM aufgehört. Auch war Elke König als Chefin der Bankenabwicklungsbehörde SRB ausgeschieden. Beide hatten ebenfalls zwei Amtszeiten hinter sich.
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