Aug 14, 2023
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Festnahme in Türkei: Wer ist die Linken-Politikerin Gökay Akbulut?

Written by Thomas Regniet


Gökay Akbulut (Linke) während einer Sitzung des Deutschen Bundestags

Gökay Akbulut wurde in der Türkei für mehrere Stunden festgenommen.

(Foto: imago images/Christian Spicker)

Düsseldorf Seit 2017 sitzt Gökay Akbulut im Deutschen Bundestag. Die 40-Jährige ist eine von elf Abgeordneten mit türkischem Migrationshintergrund und trägt das Parteibuch der Linken. Die Türkei verließ sie im Kindesalter. Nun hat sie versucht, in die Türkei einzureisen – und wurde für kurze Zeit von türkischen Justizbehörden festgenommen. Wer ist die Politikerin und was weiß man über die Verhaftung in der Türkei?

Lebenslauf: Wer ist Gökay Akbulut?

Gökay Akbulut wurde 1982 in Pinarbaşi in Zentralanatolien geboren. 1990 flüchtete Akbuluts Familie aus der heute knapp 23.000 Einwohner zählenden Stadt nach Deutschland, weil sie politisch verfolgt wurde. Die 40-Jährige ist kurdisch-alevitischer Abstammung. Sie wuchs nach ihrer Flucht in Uelzen und Hamburg auf, 2003 machte sie das Abitur. Für ein Studium in den Bereichen Politische Wissenschaft, Soziologie und Öffentliches Recht ging Akbulut an die Universität Heidelberg.

Seit 2006 ist sie Mitglied der Linken und zudem nach eigenen Angaben in verschiedenen kurdischen Vereinen aktiv. Nachdem sie zunächst in ihrem Wahlkreis Mannheim politische Ämter bekleidete, wurde sie 2017 und 2021 über die Landesliste in den Deutschen Bundestag gewählt.

Sie ist Mitglied im Familienausschuss und hat den stellvertretenden Vorsitz der deutsch-türkischen- und der deutsch-südkaukasischen Parlamentariergruppe inne. Zudem ist sie Sprecherin für Migration, Familie und bürgerschaftliches Engagement der Linksfraktion im Bundestag.

Was geschah bei der Festnahme in der Türkei?

Die Informationen zur Festnahme beruhen vor allem auf eigenen Aussagen Akbuluts, wurden aber inzwischen von mehreren Medien bestätigt. Der Zwischenfall soll sich bereits am Donnerstag, dem 3. August 2023 ereignet haben und wurde nun bekannt.

Wie Akbulut schildert, sei sie bei ihrer Ankunft in der Türkei für mehrere Stunden festgehalten worden, zunächst am Flughafen von Antalya. Anschließend sei sie, wie sie im Interview mit Tagesschau.de/SWR.de mitteilt, auf ein Polizeirevier geführt und dann „umzingelt von Polizisten mehrere Stunden kreuz und quer durch Antalya gefahren worden“ sein. Gegen 22 Uhr sei sie freigelassen worden. Hintergrund ihrer Verhaftung soll ein Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Kayseri (der Provinz ihrer Heimatstadt) gegen sie gewesen sein, von dem sie erst am Flughafen in Kenntnis gesetzt wurde.

Warum reiste Gökay Akbulut in die Türkei?

Als sich der Vorfall ereignete, befand sich Akbulut wie sie selbst auf ihrem Kanal bei X.com (ehemals Twitter) schreibt, auf dem Weg zu Verwandten in der Türkei. Die Bundestagsabgeordnete war demnach privat und nicht dienstlich unterwegs, steht jedoch unter dem besonderen Schutz der parlamentarischen Immunität. Festgehalten wurde sie von den Sicherheitskräften dennoch. Ihren Besuch in der Heimat habe sie nach ihrer Freilassung entsprechend „kurz gefasst und das Land verlassen“, teilte Akbulut mit.

Sie kündigte auf X.com jedoch an, im Oktober mit der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe erneut in die Türkei reisen zu wollen.

Was wird der Bundestagsabgeordneten vorgeworfen?

Wie Akbulut auf X.com bekannt gab, habe man ihr in dem Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Kayseri „Terrorpropaganda“ vorgeworfen. Die Grundlage dafür sollen Social-Media-Beiträge auf X.com gewesen sein. Es handele sich um Tweets aus dem Jahre 2019.

Ob sich die Vorwürfe gegenüber der Politikerin auf einzelne Tweets bezogen hätten und welche dies sind, wurde allerdings nicht öffentlich.

Akbulut hatte in den vergangenen Jahren immer wieder die türkische Justiz und ihren Umgang mit Oppositionellen sowie den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisiert. Der Politikerin zufolge gibt es in der Türkei keine Gewaltenteilung und damit keine unabhängige Rechtsprechung mehr. Diesen Vorwurf wiederholte sie im Interview mit dem SWR erneut.

Seit der Präsidentschaft Erdogans kommt es immer wieder zu politisch begründeten Verhaftungen. Häufig wird Betroffenen dabei die Unterstützung eines terroristischen Netzwerks oder die Nähe zur verbotenen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen.

Unter den Inhaftierten sind Politiker, Aktivisten oder Journalisten, die sich kritisch gegenüber dem Präsidenten, der türkischen Justiz oder dem Thema Wahlen in der Türkei geäußert haben. Zu den bekanntesten Fällen gehört die Verhaftung des Journalisten Denis Yücel.

Nicht zuletzt deshalb warnte eine deutsche Bundesregierung bereits 2019 Deutsche vor einem erhöhten Festnahmerisiko bei der Reise in die Türkei. Vor dem Hintergrund der Verhaftung Akbuluts warnte am heutigen Tag auch der Deutsche Journalisten Verband (DJV) seine Mitglieder vor der Einreise.

Wie kam es zur Freilassung von Gökay Akbulut?

Die genauen Hintergründe der Freilassung Akbuluts sind unklar und der Politikerin offenbar selbst nicht bis ins Letzte bekannt. Die deutschen sowie die türkischen Sicherheitsbehörden machten dazu offiziell keine Angaben.

Den Berichten der Politikerin zufolge sei es mithilfe des Auswärtigen Amtes, der Deutschen Botschaft, der Bundesregierung sowie einer Anwältin gelungen, gegen den Haftbefehl vorzugehen und die weitere Reise in der Türkei fortzusetzen.

In dem Fall von Akbulut soll auch der türkische Justizminister kontaktiert worden sein, wie der SWR berichtet. Zuletzt habe die türkische Justiz, so die Linken-Politikerin, verlauten lassen, dass das Verfahren bereits eingestellt, die Akte gelöscht und der Haftbefehl aufgehoben sei.

Akbulut bedankte sich bei den deutschen Behörden für das sofortige Einschreiten und bezeichnete den Vorfall als einen „Einschüchterungsversuch“. 

Mehr: Türkische Zentralbank hebt die Inflationsprognose massiv an





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