Berlin Die eigenen vier Wände bleiben derzeit für viele Menschen nur ein Traum. Das liegt nicht nur an den stark gestiegenen Immobilienpreisen. Auch die Nebenkosten in Form hoher Steuern belasten das Budget der potenziellen Käufer. Denn immer mehr Bundesländer haben die Grunderwerbsteuer erhöht, zuletzt Hamburg und Sachsen.
Um insbesondere jungen Familien den Hauskauf zu erleichtern, will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Grunderwerbsteuer nun reformieren. Kürzlich legte er dazu einen Diskussionsentwurf vor. Demnach sollen Länder den Steuersatz für selbst genutztes Eigentum auf null Prozent absenken können – bislang fehlt dazu die rechtliche Grundlage.
Nur: Eine deutliche Mehrheit der Länder ist dazu laut einer Handelsblatt-Umfrage nicht bereit. „Eine Streichung der Steuer steht bei der derzeitigen Haushaltslage nicht zur Debatte“, sagt Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).
Seit der Föderalismusreform 2006 ist die Grunderwerbsteuer die einzige, die die Länder unabhängig vom Bund bestimmen können. Und die Länder machen von dieser Möglichkeit regen Gebrauch: In Brandenburg, NRW, Saarland und Thüringen ist der einstige bundesweite Einheitssatz von 3,5 auf inzwischen 6,5 Prozent gestiegen.
Wer ein Haus im Wert von 500.000 Euro kauft, muss noch 32.500 Euro an Steuern drauflegen. Nur in Bayern liegt der Satz weiter bei 3,5 Prozent.
Die Grunderwerbsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle. 2022 kassierten die Bundesländer rund 17 Milliarden Euro über diese Abgabe. Wegen der Krise in der Baubranche dürften es dieses Jahr vier Milliarden Euro weniger sein. Anfang Juli hatten die SPD-regierten Bundesländer das Bundesfinanzministerium wissen lassen, Lindners Vorschlag nicht mitzutragen.
SPD-Länder vermissen Gegenfinanzierung
So verweist das rheinland-pfälzische Finanzministerium darauf, dass eine Reform laut Koalitionsvertrag mit dem Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen gegenfinanziert werden soll.
„Auf Basis der bislang vom Bundesministerium der Finanzen zur Verfügung gestellten Informationen ist eine Gegenfinanzierung nicht gewährleistet“, teilte das Mainzer Ministerium mit. Die von Lindner vorgesehenen „neuen und weitgehenden Steuerbegünstigungen für Kapitalgesellschaften und Konzerne nehmen nicht nur den Spielraum für die angestrebten Senkungen, sondern belasten den Landeshaushalt erheblich“, heißt es auch aus Hamburg. Bremen hält die Förderung des Erwerbs von Wohneigentum „außerhalb des Grunderwerbsteuerrechts für zielgerichteter“.
Der niedersächsische Finanzminister Gerald Heere (Grüne) findet es „befremdlich, dass der Bundesfinanzminister einseitig Vorschläge zu einer allein die Länder betreffenden Steuer macht“. Für Baden-Württembergs grünen Finanzminister Danyal Bayaz ist die Grunderwerbsteuer eine der wenigen einfachen Steuern. Sie beim Ersterwerb zu senken oder gar ganz abzuschaffen „würde bürokratischen Aufwand nach sich ziehen“.
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In Schleswig-Holstein haben sich CDU und Grüne darauf verständigt, von einer Absenkung „keinen Gebrauch“ zu machen. Nur einzelne Länder stehen dem Vorschlag offen gegenüber. Dazu zählen Hessen und Bayern, wo im Herbst jeweils gewählt wird.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) lobte, dass sich Lindner „diesem Thema endlich widmet“. Auch Hessen würde eine Initiative Lindners „sehr begrüßen“.
Ebenfalls offen zeigt man sich in Berlin. Der Senat setze sich auf Bundesebene dafür ein, dass die Bundesländer „die Grunderwerbsteuer beim Erwerb von selbstgenutztem Wohnraum einmalig, auch progressiv, reduzieren oder darauf verzichten können“.
Länder machen Gegenvorschläge zur Senkung der Grunderwerbsteuer
Die meisten Länder setzen aber auf eigene Förderung. So können sich in NRW Hauskäufer bis zu 10.000 Euro vom Bruttokaufpreis erstatten lassen. Schleswig-Holstein sieht die Einführung einer Eigenheimzulage vor. Rheinland-Pfalz stellt Familien mit geringen und mittleren Einkommen vergünstigte Darlehen durch eine Landesbank zur Verfügung. Ähnliche Möglichkeiten gibt es in Baden-Württemberg.
Einige Länderfinanzminister drängen darauf, diese Modelle auf den Bund zu übertragen, statt die Grunderwerbsteuer zu senken. So sagt die Thüringer Finanzministerin Heike Taubert (SPD), sie würde es bevorzugen, wenn der Bund ein Förderprogramm für junge Familien mit ermäßigten Zinssätzen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auflegt. „Gezielte Fördermaßnahmen sind stets sinnvoller als allgemeine steuerliche Maßnahmen.“
Dann allerdings müsste der Bund die Kosten tragen. Das dürfte Bundesfinanzminister Lindner kaum mitmachen. Und so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass am Ende alles beim Alten bleibt.
Mehr: Entlastung beim Hauskauf – Worauf sich Interessenten bei einer Reform einstellen können
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