Aug 22, 2023
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Lebensmittelkrise: Reismangel und steigende Preise treffen die Ärmsten der Welt

Written by pinmin

Hanoi, Nairobi Francis Ndege weiß nicht, ob seine Kunden in Afrikas größter Armensiedlung es sich leisten können, weiter Reis von ihm zu kaufen. Der Preis für den Reis, der in Kenia erzeugt wird, ist vor einiger Zeit in die Höhe geschnellt. Düngemittel sind teurer geworden und eine jahrelange Dürre am Horn von Afrika hat die Produktion verringert.

Aus Indien importierter Reis hat die Lücke geschlossen und viele der Hunderttausenden Einwohner in Nairobis Elendsviertel Kibera ernährt, die von umgerechnet weniger als zwei Euro am Tag leben.

Es ist der Versuch, die Preise im eigenen Land im Vorfeld eines Schlüsselwahljahres unter Kontrolle zu halten. Doch dadurch entsteht eine gähnende Lücke von etwa 9,5 Millionen Tonnen Reis, den Menschen rund um die Erde benötigen. Das entspricht ungefähr einem Fünftel der globalen Exporte. „Ich hoffe wirklich, dass die Importe weitergehen“, sagt der 51-jährige Ndege, der seit 30 Jahren Reis verkauft.

Er ist nicht der Einzige, der sich zutiefst sorgt. Die globale Ernährungssicherheit ist bereits durch Russlands jüngsten Ausstieg aus einer Vereinbarung bedroht, die der Ukraine Weizenexporte über das Schwarze Meer ermöglichte.

El Niño behindert die Reisproduktion zusätzlich

Zudem wird die Reisproduktion durch das Wetterphänomen El Niño behindert, eine natürlich vorübergehende Erwärmung eines Teils des Pazifiks, die in unregelmäßigen Abständen auftritt und globale Wetterabläufe verändert.

Ein Arbeiter trägt in Bangkok einen Sack Reis

Länder überall auf der Welt versuchen Reis einzukaufen. Doch das Lebensmittel ist knapp.

(Foto: AP)

Das alles zusammen hat die Reispreise in die Höhe getrieben, Vietnams Exportpreise haben zum Beispiel ein 15-Jahre-Hoch erreicht. Und es trifft vor allem die verwundbarsten Menschen in einigen der ärmsten Länder. 

Schon vor Indiens Restriktionen hatten Länder hektisch Reis eingekauft, in Erwartung späterer Knappheit im Zuge von El Niño. Das hat bereits Versorgungsprobleme und Preisanstiege verursacht.

Was die Situation noch verschlimmern könnte, ist ein etwaiger Dominoeffekt. Andere Länder könnten dem indischen Exportstopp von Nicht-Basmati-Reis folgen. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben bereits Reisausfuhren ausgesetzt, um ihre Vorräte für die eigene Bevölkerung zu bewahren.

Eine weitere potenzielle Bedrohung liegt im Wetter: Wissenschaftler erwarten, dass sich der derzeitige El Niño in ungewöhnlichem Ausmaß ausdehnt. Das könnte zu extremen Wetterereignissen wie Überschwemmungen und Dürre führen und dem Reisanbau schaden.

>> Lesen Sie hier: Asien fürchtet extreme Folgen durch Klimaphänomen El Niño

Die Auswirkungen wären weltweit spürbar. Der Reiskonsum in Afrika hat stetig zugenommen, und die meisten Länder hängen stark von Importen ab. Zwar haben Länder mit wachsenden Bevölkerungen, wie etwa der Senegal, versucht, selbst mehr Reis anzubauen, aber das reicht häufig nicht aus.

Reispreise steigen stark

Amadou Khan, ein 52-jähriger arbeitsloser Vater von fünf Kindern in Senegals Hauptstadt Dakar sagt, dass seine Kinder bei jeder Mahlzeit Reis essen. Außer zum Frühstück, dass sie oft ausfallen lassen müssen, weil Khan keinen Job hat.

Ein indonesischer Bauer schöpft Wasser aus seinem Brunnen

Das El-Niño-Phänomen sorgt für extreme Trockenheit in dem Land.

(Foto: IMAGO/NurPhoto)

„Ich hangele mich gerade mal durch – manchmal habe ich Mühe, meine Kinder zu versorgen“, sagt er. Importierter Reis – zu 70 Prozent aus Indien – ist im Senegal zu teuer geworden, aber das Land ist seinem Agrarministerium zufolge bereits in der Lage, mehr als die Hälfte des Eigenbedarfs mit einheimischer Produktion abzudecken.

>> Lesen Sie hier: Wie globale Hungerkrisen wirken

Asiatische Staaten, wo 90 Prozent des Reises der Welt erzeugt und verzehrt werden, haben Probleme bei der Produktion. In der nördlichen Reisregion der Philippinen richtete der Taifun „Doksuri“ Schäden im Umfang von ungerechnet knapp 30 Millionen Euro auf den Feldern an. Das sind geschätzte 22 Prozent der Jahresproduktion des Landes. Die Philippinen sind der zweitgrößte Importeur von Reis nach China.

Indiens Reisrestriktionen haben auch mit unberechenbarem Wetter zu tun. Ein unregelmäßiger Monsun zusammen mit einem lauernden El Niño hätten ein Teilausfuhrverbot nötig gemacht, um den Anstieg der Reispreise zu stoppen, sagt der indische Experte für Lebensmittelpolitik, Devinder Sharma.

>> Lesen Sie hier: Russland stoppt Abkommen zum ukrainischen Getreideexport

Dem indischen Agrarökonom Ashok Gulati zufolge wird durch den Teillieferstopp in diesem Jahr fast die Hälfte der üblichen Reisexporte des Landes ausfallen.

Vietnam wittert seine Chance

Vietnam hofft, von der Situation zu profitieren. Es versucht, die einheimischen Preise stabil zu halten und zugleich die Ausfuhren zu steigern. Dem Agrarministerium zufolge wird daran gearbeitet, die dem Reisanbau gewidmete Fläche im Mekong-Delta um rund 500 Quadratkilometer auszuweiten.

Die Philippinen stehen bereits in Gesprächen mit Vietnam, um den Reis zu niedrigeren Preisen zu erhalten. Vietnam richtet den Blick zudem auf Großbritannien, das bislang viel von seinem Reis aus Indien bezieht.

Aber Exporteure wie Charoen Laothamatas im benachbarten Thailand sind vorsichtig. Die dortige Regierung erwartet in diesem Jahr mehr Reisausfuhren als 2022. In den ersten sechs Monaten waren es bereits 15 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Aber die Ungewissheit über Indiens weiteren Kurs und Sorgen über El Niño führen dazu, dass die thailändischen Exporteure abgeneigt sind, Aufträge anzunehmen, sagt Laothamatas, Vorsitzender der thailändischen Vereinigung von Reisexporteuren. Die Preise fluktuieren und Exporteure wissen nicht, wieviel sie verlangen sollen. Schon am nächsten Tag könnten sie wieder ansteigen. „Und niemand“, so sagt er, „möchte dieses Risiko eingehen“.

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