New York Streit, Hohn, Gelächter und ein unerwarteter Außenseiter: Bei der ersten TV-Debatte der US-Präsidentschaftskandidaten am Mittwochabend zeigten sich die Republikaner lebhaft auf der Suche nach einem Kurs für die Wahlen 2024. Unter den acht Kontrahenten fanden sich viele bekannte Gesichter und ein unerwarteter Außenseiter.
Der Star der Partei fehlte jedoch: Donald Trump hatte im Vorfeld sein Fernbleiben von der Debatte angekündigt, denn „die Öffentlichkeit weiß, wer ich bin und was für eine erfolgreiche Präsidentschaft ich hatte“, sagte der Ex-Präsident in sozialen Netzwerken.
Einen Auftritt hatte er am Mittwochabend dennoch: Ein im Vorfeld aufgezeichnetes Interview mit Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson wurde parallel zur Debatte auf der inzwischen in X umbenannten Online-Plattform Twitter ausgestrahlt. Auf Fox News stritten sich die Kandidaten derweil über Inflation, Außenpolitik und Abtreibungen. Trump selbst war in der Debatte nur kurz Thema.
Teil nahmen Ron DeSantis, Trumps größter Rivale und aktueller Gouverneur von Florida, sowie Mike Pence, Trumps ehemaliger Vize-Präsident. Tim Scott, Senator aus South Carolina, trat als einziger Afroamerikaner an und Nikki Haley, ehemalige UN-Botschafterin, als einzige Frau.
Asa Hutchinson, Gouverneur von Arkansas war mit 72 der älteste der Runde. Doug Burgum ist Gouverneur in North Dakota und Chris Christie ehemaliger Gouverneur von New Jersey. So ist Vivek Ramaswamy, ein Tech-Unternehmer mit Migrationshintergrund, der einzige Kandidat ohne politisches Amt und mit 38 Jahren zudem der Jüngste.
Pence vs. Ramaswamy
Ramaswamy stellte sich dabei früh als dynamischer Außenseiter heraus. Seine klaren und teils radikalen Thesen übermittelte er wortgewandt und stets mit einem breiten Lächeln: Mit ihm würden die Wähler einen „Patrioten“ bekommen, der „die Wahrheit sagt“ – eine „Revolution“. Die Klimakrise hält er für einen „hoax“, CO2-feindliche Politik eine „nasse Decke“ auf der US-Wirtschaft. Seine mangelnde Erfahrung sieht er als Vorzug: „Wenn das Auto kaputt ist, dann gibt man die Schlüssel nicht den Leuten zurück, die es kaputt gemacht haben.“
Attacken, insbesondere von Pence, wehrte er scheinbar mühelos ab. So teilte der Ex-Vizepräsident immer wieder gegen Ramaswamy und dessen Lebenslauf aus: „Jetzt ist nicht die Zeit für on-the-job-training“. Und später am Abend sagte Pence: „Wir brauchen keinen Präsidenten, der zu jung ist“. Gleichzeitig warb er für sich mit seiner Regierungserfahrung im Weißen Haus. Die Konfrontation Pence–Ramaswamy wiederholte sich im Laufe der Debatte noch viele Male.
Thematisch vertraten die acht Kandidaten bei vielen Problemen aber ähnliche Linien: Beim Thema Abtreibung positionierten sie sich als „Pro Life“, auch wenn die Meinungen über Art und Ausmaß einer Gesetzgebung auseinandergingen. Eine kurze Irritation folgte auf die Bitte nach Handzeichen, wer in der Runde an den menschengemachten Klimawandel glaubte. Ron DeSantis unterbrach die kurze Stille: „Wir sind keine Schulkinder, wir sollten debattieren!“
Für viele wirtschaftlichen Probleme gab es einen gemeinsamen Schuldigen: US-Präsidenten Joe Biden. Eine Ausnahme bildete Nikki Haley die in einem Rundumschlag auch auf die eigenen Republikaner zielte – speziell auf Ausgaben während der Corona-Pandemie, als Trump Präsident war.
Haley konnte zudem bei ihrem Kernthema, der Außenpolitik, punkten. Gut informiert brachte sie ihre Meinung in der Ukrainepolitik auf den Punkt. Die Hilfen für das Land seien maßvoll und gerechtfertigt, der Widerstand gegen Russland auch eine moralische Pflicht. Auch ihr Schlussstatement widmete sie überwiegend der nationalen Sicherheit. Im Kontext ihrer Kontrahenten waren ihre Antworten zumeist ausgewogen und unaufgeregt.
So wurde die Debatte insbesondere aus der Dynamik zwischen Pence und Ramaswamy getragen. Burgum, Hutchinson und Scott kamen nur am Rande zur Wort und zogen wie Haley keine Attacken der anderen Kandidaten auf sich.
DeSantis außen vor
Und dann war da noch Ron DeSantis. Der Gouverneur von Florida wurde stets als Trumps schärfster Kontrahent gehandelt. In Umfragen war er Anfang des Jahres noch kurz davor, Trump zu überholen. Zuletzt kam seine Kampagne jedoch ins Stocken, ein Drittel seines Wahlkampfteams musste gehen.
In der Debatte musste er sich von Ramaswamy vorwerfen lassen, zu unkonkret zu sein. Tatsächlich konnte sich DeSantis mit nur wenigen Aussagen klar abheben und keiner der Kandidaten ging die direkte Konfrontation mit ihm ein. Dem Thema Trump wich der Politiker aus Florida indirekt aus: „Wir Republikaner dürfen uns nicht ablenken lassen, sondern müssen nach vorne schauen,“ sagte er.
So geriet schnell in Vergessenheit, dass die Debatte am Mittwochabend nicht die ganze Gemengelage abbildete. Trump blieb der Veranstaltung zwar fern, liegt in Umfragen jedoch deutlich vor allen anderen Kandidaten: DeSantis folgt auf Platz zwei, Ramaswamy auf Platz drei. So lautete die Frage des Abends weniger: Wer ist der oder die Beste in dieser Runde? Sondern: Wer wäre eine Alternative zu Trump?
Die Debatten-Teilnehmer mieden es, den Ex-Präsidenten zu erwähnen. Auf die Bitte per Handzeichen erkennen zu geben, wer Trump im Falle einer Wiederwahl unterstützen würde, meldeten sich einige nur zögerlich.
Chris Christie aus New Jersey sprach sich am schärfsten gegen Trump aus: Er werde sich nicht einem Präsidenten beugen, der die Verfassung nicht respektiere. Gleichzeitig warf er Ramaswamy Heuchelei vor, der sich enthusiastisch für Trump aussprach. Das Thema bewegte die Veranstaltung merklich. Immer wieder brach das Publikum in Jubel- und Buh-Rufe aus.
Die Debatte in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin ist gewissermaßen der Startschuss der Präsidentschaftswahlen 2024. Die Debatte wurde vom konservativen US-Newssender Fox-News veranstaltet. Themen wurden durch die beiden Moderatoren vorgegeben. Die Kandidaten hatten dann jeweils maximal eine Minute Zeit, sich zu äußern und konnten ihren Kontrahenten zusätzlich antworten, wenn sie direkt angesprochen wurden.
Beide Parteien küren in den Vorwahlen, den sogenannten Primaries, den Kandidaten oder die Kandidatin, die 2024 im Rennen ums Weiße Haus antreten soll. Wahlberechtigt sind alle, die offiziell als Wähler ihrer jeweiligen Partei registriert sind.
Zur ersten Debatte der Republikaner waren alle Kandidaten eingeladen, die mindestens 40.000 Spender für sich gewinnen konnten und mindestens ein Prozent der Stimmen in drei nationalen Umfragen erreichen. Die Vorwahlen finden in den meisten Staaten im Frühling 2024 statt.
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