Aug 30, 2023
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Ifo-Bildungsbarometer: Deutsche beklagen Qualitätsverluste in den Schulen

Written by Frank Specht

Berlin Mit ihrem Zehn-Punkte-Plan will die Bundesregierung Deutschland wirtschaftlich wieder nach vorn bringen. Ein Fokus ist die Bildung: „Hervorragende Bildung, Forschung und Entwicklung machen den Wissenschaftsstandort Deutschland aus“, heißt es in dem bei der Kabinettsklausur in Meseberg verabschiedeten Programm.

Doch von „hervorragender Bildung“, die zum Großteil Ländersache ist, spüren die Menschen wenig. Ein Viertel von ihnen bewertet die Schulen in ihrem Bundesland nur mit „ausreichend“ oder schlechter, zeigt das aktuelle Bildungsbarometer des Ifo-Instituts, für das rund 5600 Personen befragt wurden.

Vergaben vor zehn Jahren noch 38 Prozent der Befragten für die Schulen die Noten 1 oder 2, sind es aktuell nur noch 27 Prozent. Die Zufriedenheit der Deutschen mit dem Schulsystem ist in der seit 2014 durchgeführten Erhebung damit auf einem neuen Tiefstand angelangt. „Das sind alarmierende Befunde“, sagte Ludger Wößmann, Leiter des Ifo-Zentrums für Bildungsökonomik.

Gleichzeitig zeigt der neue Bildungsmonitor, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) seit 20 Jahren regelmäßig für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt, dass sich das Bildungsniveau in Deutschland über die Jahre dramatisch verschlechtert hat.

Vor allem in den Bereichen Schulqualität, Integration und Bildungsarmut gebe es negative Entwicklungen, urteilen die Forscher, die das Bildungsniveau anhand von 13 Kriterien wie der Betreuungsrelation, der Digitalisierung oder den Abbrecherquoten bewerten.

Vier Punkte zeigen die deutsche Bildungsmisere:

Die Bildungsausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden sind seit der Jahrtausendwende deutlich gestiegen, im vergangenen Jahr machten sie ein Fünftel ihrer Gesamtausgaben aus.

Die Ausgaben je Schülerin und Schüler an öffentlichen Schulen haben sich zwischen 2005 und 2021 um fast 88 Prozent auf 9200 Euro erhöht.

Unzureichende Finanzierung

Doch marode Schulgebäude oder schlecht ausgestattete Berufsschulen zeigen, dass das nicht reicht. Knapp drei von vier der von den Ifo-Forschern befragten Bürger sind deshalb der Meinung, dass der Staat mehr in Bildung investieren sollte. Für andere Bereiche wie öffentliche Sicherheit, soziale Sicherung oder Verteidigung unterstützen deutlich weniger Befragte höhere Ausgaben.

>> Lesen Sie hier den Kommentar: Uns droht eine Teilung der Gesellschaft, anders als gedacht

Mehr als zwei von drei Befragten halten fehlende finanzielle Mittel für die Schulen für ein ernstes oder sehr ernstes Problem. Das IW weist aber darauf hin, dass es nicht nur auf die Höhe der Bildungsinvestitionen ankomme, sondern auch auf eine kluge Priorisierung der Ausgaben.

Vernachlässigung von Zukunftsthemen wie KI

Die mit Digitalisierung und Dekarbonisierung verbundene Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft führe zu steigenden Innovationsbedarfen, auf die das Bildungssystem die Jugendlichen vorbereiten müsse.

Das IW schlägt vor, den Informatikunterricht auszuweiten, für eine klischeefreie Berufs- und Studienorientierung zu sorgen und stärker zu betonen, wie wichtig mathematisch-naturwissenschaftliche Kompetenzen für den Klimaschutz sind.

Kind mit seinen Hausaufgaben

Forscher beklagen unter anderem, dass Zukunftsthemen in deutschen Schulen nicht ausreichend Beachtung finden.

(Foto: imago images/Sven Simon)

Zwar ist knapp die Hälfte der Deutschen laut der Ifo-Umfrage überzeugt, dass die Digitalisierung mehr Gewinner als Verlierer produzieren wird. Doch der Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) oder Chatbots im Unterricht wird mehrheitlich abgelehnt.

Lehrermangel

Für die von der Bundesregierung gewünschten Fortschritte im Bildungsbereich braucht es ausreichend Personal. Die Zahl der unbesetzten Lehrkraftstellen schwankt je nach Erhebung zwischen 12.000 und 50.000, die Kultusministerkonferenz (KMK) geht davon aus, dass bis 2025 rund 25.000 Lehrkräfte fehlen werden.

>> Lesen Sie hier: Wie schafft es Deutschland aus der Wachstumsfalle?

Das IW schlägt deshalb vor, alternative Wege in den Lehrerberuf wie Quer- oder Seiteneinstiege auszuweiten. Schulen mit einem hohen Anteil von Schülern, die abgehängt zu werden drohen, sollten Lehrern zudem finanzielle Anreize setzen können, um sie zu gewinnen und langfristig zu binden.

Knapp zwei von drei Bürgern stehen dem Einsatz von Quereinsteigern in Mangelfächern offen gegenüber. Die Unterstützung für Gehaltszuschläge für Lehrer in Fächern, in denen besonders viel Personal fehlt, ist in den zurückliegenden zehn Jahren in den Ifo-Umfragen zwar deutlich gestiegen.

Eine absolute Mehrheit für den Vorschlag gibt es aber noch nicht. Knapp die Hälfte kann sich solche finanziellen Anreize vorstellen.

Ungleiche Bildungschancen

IW-Studienautor Axel Plünnecke sieht beim Bildungsniveau noch eine weitere große Herausforderung. „Die Kitas und Schulen haben noch keine gute Antwort darauf gefunden, dass die Schülerschaft in den vergangenen Jahren deutlich heterogener wurde, ein steigender Anteil zu Hause nicht Deutsch spricht oder nur wenige Bücher im Haushalt besitzt“, sagt er.

Kinder aus Migrantenfamilien oder von Eltern mit geringem Bildungsgrad fallen weiter zurück, der Ausbau der Ganztagsinfrastruktur oder die Verbesserung der Betreuungsrelation in den Klassen können dies nicht ausgleichen.

Deutschland ist weiter schlecht darin, den Bildungserfolg von der familiären Herkunft zu entkoppeln. 57 Prozent der Bürger sehen die fehlende Chancengleichheit für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen problematisch.

Bildungschancen haben aber auch weiter mit dem Wohnort zu tun. Im INSM-Bildungsmonitor tut sich zwischen den Spitzenreitern Sachsen, Bayern und Thüringen und den Schlusslichtern Brandenburg, Berlin und Bremen ein großes Gefälle bei der Qualität des Bildungswesens auf.

Mehr: Nur wenige Schulen in Deutschland verfügen über leistungsfähiges WLAN



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