Im August waren 771.000 offene Arbeitsstellen bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet, 116.000 weniger als vor einem Jahr.
Berlin Die schwache Konjunktur in Deutschland schlägt sich in steigenden Arbeitslosenzahlen und einem langsameren Beschäftigungsausbau nieder. Die Zahl der Arbeitslosen ist im August gegenüber dem Vormonat um 79.000 auf knapp 2,7 Millionen gestiegen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Verglichen mit dem Vorjahresmonat steht ein Plus von 148.000 Arbeitslosen. Die Arbeitslosenquote stieg leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 5,8 Prozent.
„Im Juli und August herrscht auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich erstmal Sommerpause“, sagte BA-Chefin Andrea Nahles. Unternehmen stellen traditionell erst nach den Ferien verstärkt ein, so dass eine höhere Arbeitslosenzahl in den Sommermonaten nicht unüblich ist. „Aber der Anstieg fällt in diesem Jahr relativ groß aus“, sagte Nahles.
Saisonbereinigt legte die Arbeitslosenzahl im August um 18.000 Personen zu. Im August vergangenen Jahres lag das saisonbereinigte Plus bei 28.000 Personen, was damals allerdings vor allem mit der Erfassung der arbeitslosen Geflüchteten aus der Ukraine zu tun hatte.
Als unterbeschäftigt waren im August knapp 3,5 Millionen Menschen gemeldet – 207.000 mehr als vor einem Jahr. Die Unterbeschäftigung erfasst neben den Arbeitslosen auch Personen in Qualifizierungsmaßnahmen und Menschen, die zum Beispiel wegen einer Erkrankung kurzfristig arbeitsunfähig sind. Ohne die Berücksichtigung der ukrainischen Geflüchteten hätte die Unterbeschäftigung nur um 94.000 Personen über dem Vorjahreswert gelegen. Tendenziell steigt sie aber leicht an.
Bremsspuren sind auch bei der Beschäftigung zu beobachten. Zwar waren im Juni nach Hochrechnungen der BA knapp 34,7 Millionen Menschen in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt – „mehr als je zuvor in der Jahresmitte“, wie Nahles sagte. Aber das Wachstum sei zuletzt „spürbar schwächer“ geworden, vor allem in konjunkturnahen Branchen.
Nachfrage geht zurück – Arbeitgeber vorsichtig
Gegenüber dem Juni des vergangenen Jahres ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten noch um 234.000 gestiegen. Vor einem Jahr lag das Plus mit 639.000 aber fast dreimal so hoch. Auch die Arbeitskräftenachfrage gehe schon seit Längerem spürbar zurück, sagte Nahles: „Nach wie vor sind die Arbeitgeber vorsichtig, was die Suche nach neuem Personal angeht.“ Darauf deutet auch das exklusiv für das Handelsblatt berechnete Ifo-Beschäftigungsbarometer hin, das im August nachgegeben hat.
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Leicht zugenommen hat auch die konjunkturelle Kurzarbeit, für die hochgerechnete Daten bis Juni vorliegen. In dem Monat zahlte die BA für 163.000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld, nach 150.000 im Mai und 144.000 im April. Mit dem Monat Juni ist der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld ausgelaufen, den die Bundesregierung im Zuge der Corona-Pandemie eingeführt und mehrfach verlängert hatte.
Indikatoren wie das Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) deuteten darauf hin, „dass die Entwicklung in den nächsten Monaten eher mäßig bleiben wird“, sagte Nahles. Dies könne sich durchaus bis zum Ende des Jahres hinziehen. Aber der Arbeitsmarkt sei immer noch in „einer soliden Grundverfassung“.
Trotz des schwierigen Umfelds habe sich der Arbeitsmarkt im August behauptet, kommentierte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Daten. Vor allem langzeitarbeitslose Menschen hätten es aber schwerer, wieder in Arbeit zu kommen. Die Bundesregierung habe mit dem Bürgergeld seit dem 1. Juli 2023 neue Instrumente eingeführt, die hier ansetzen und vor allem über Qualifizierung neue Wege in Arbeit schaffen sollten. „Damit unterstützen wir genau zum richtigen Zeitpunkt“, sagte Heil.
Kritik an Verlagerung der Zuständigkeit für jugendliche Arbeitslose
Nach Einschätzung von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib besteht jedoch Handlungsbedarf. Zur weiteren Senkung der Arbeitslosigkeit sei vor allem eines erforderlich: Qualifizierung. Bundesweit stünden 1,7 Millionen offenen Stellen rund vier Millionen Menschen gegenüber, die Grundsicherung für Arbeitsuchende erhielten: „Rein zahlenmäßig haben wir damit in Deutschland sogar noch einen Arbeitskräfteüberschuss. Den Arbeitsuchenden fehlt jedoch oft die nötige Qualifikation.“
Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU) wies auf die steigende Zahl von arbeitslosen Jugendlichen hin. In Bayern waren im August fast 30 Prozent mehr unter 25-Jährige arbeitslos gemeldet als im Juli. In diesem Zusammenhang kritisierte Scharf die Pläne der Bundesregierung, die Zuständigkeit für Menschen unter 25 Jahren, die Bürgergeld beziehen, ab dem 1. Januar 2025 von den Jobcentern auf die Bundesagentur für Arbeit zu übertragen.
Mit der geplanten Veränderung der Zuständigkeit würden gut funktionierende Beratungsstrukturen in den Jobcentern unnötig zerstört, kritisierte Scharf. „Statt Zuständigkeiten zu ändern und so Kosten zu sparen, fordere ich den Bund erneut dazu auf, die Jobcenter finanziell ausreichend auszustatten“, sagte Bayerns Arbeitsministerin.
Mehr: Arbeitskräftenachfrage schwach wie seit zwei Jahren nicht mehr
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