Santiago de Chile Mexiko wird im kommenden Jahr erstmals in seiner Geschichte eine Präsidentin bekommen. Das steht nach der Kandidatenkür bei der Oppositionskoalition und der Regierung so gut wie fest.
Am Mittwochabend wurde die ehemalige Hauptstadtbürgermeisterin Claudia Sheinbaum als Präsidentschaftskandidatin für Mexikos linkes Regierungsbündnis nominiert. Die 61-jährige Physikerin war die Favoritin des im kommenden Jahr scheidenden Linkspräsidenten Andrés Manuel López Obrador. Sheinbaum trat in der Regierungspartei Morena gegen den früheren Außenminister Marcelo Ebrard an, der eventuell noch als unabhängiger Außenseiter antreten könnte.
Schon Tage zuvor hatte das breite Oppositionsbündnis Frente Amplio aus Rechten und Linken die zuvor weitgehend unbekannte Unternehmerin und Politikerin Xóchitl Gálvez benannt. Andere Bewerber gelten gegen die unübliche mexikanische Frauenpower derzeit als chancenlos.
„Sheinbaum und Gálvez mussten sich einem System stellen, das von und für Männer gemacht wurde“, sagt der Experte für politische Kommunikation Luis Antonio Espino. „Die Tatsache, dass sich zwei Frauen in diesem rauen Sport der mexikanischen Politik durchgesetzt haben, ist ein großes Verdienst“, unterstreicht der Berater von Integralia Consultores.
Sheinbaum soll die Umgestaltung Mexikos zu einem gerechteren Staat weiterführen, die ein zentraler Baustein der Präsidentschaft von López Obrador ist. Sie stammt von jüdischen Einwanderern aus Bulgarien und Litauen ab und hat schon klargemacht, wie ihre Kampagne aussehen wird. Sie verkauft sich als Kandidatin der „Kontinuität mit eigenem Stempel“.
Sheinbaum gilt im Moment als aussichtsreichste Bewerberin. Sie ist die Favoritin von Präsident Obrador – er und seine Regierung in Mexiko haben noch immer eine Zustimmung von knapp zwei Dritteln. Dies ist nach fast fünf Jahren Regierung eine ungewöhnlich hohe Akzeptanz.
Sheinbaum unterscheidet sich stark von Obrador
Anders als López Obrador scheut Sheinbaum allerdings die große Bühne. Sie war bisher weit entfernt von der populistischen Rhetorik ihres Mentors. Ihre Worte wägt sie sehr genau ab.
Für Berater Espino ist es „paradox, dass die Anwärterin auf die Nachfolge eines Massenführers wie López Obrador eher eine stille Technokratin“ ist. „Eigentlich lehnen Populisten solche Politiker radikal ab.“
Auch inhaltlich könnte Sheinbaum kaum weiter von López Obrador entfernt sein. Während der Präsident ein Linker alter Schule ist, dem die ökologische Wende, Frauenrechte und die Zivilgesellschaft suspekt sind, ist Sheinbaum genau das Gegenteil.
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Sie sieht sich selbst als Feministin und setzt sich für die kulturelle Vielfalt, die Umwelt, die Verteidigung der indigenen Völker und die reproduktiven Rechte der Frauen ein.
Herausforderin Gálvez geht für das ungewöhnliche Bündnis aus der konservativen PAN, der linksliberalen PRD und der alten Hegemonialpartei PRI ins Rennen. Die 60-Jährige muss drei Parteien unterschiedlichster Meinungen vertreten und eine ebenso uneinheitliche Wählerschaft für sich gewinnen, wenn sie im Juni 2024 die Präsidentschaft in der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas erobern will.
Gálvez, die immer fröhlich scheint, oft mit dem Fahrrad durch Mexiko-Stadt radelt, ist ungewöhnlich informell und auch für ihre lockere und schlagfertige Art bekannt. Sie bezeichnet ihre politische Ausrichtung selbst als „Mitte bis Mitte-links“.
Gálvez wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Ihr Vater sei Alkoholiker gewesen, sagte sie kürzlich. Gálvez ist wiederholt mit dem Präsidenten aneinandergeraten, vor allem wegen der hohen Gewaltrate und des organisierten Verbrechens in Mexiko. Man brauche Mumm, um die Kartelle kleinzukriegen, sagte sie. In seiner typischen Rhetorik warf López Obrador ihr vor, die Kandidatin der „Oligarchen“ und der „Konservativen“ zu sein.
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