Berlin, Kiew Bereits zum vierten Mal seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ist die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Montag nach Kiew gereist. Wichtigstes Ziel der Reise: dem Land die deutsche Unterstützung zusichern.
„Die Ukraine verteidigt mit enormem Mut und Entschlossenheit auch unser aller Freiheit“, sagte Baerbock bei ihrer Ankunft in Kiew. „So wie sich die Ukraine vor uns stellt, kann auch sie sich auf uns verlassen.“
Der Besuch war im Vorfeld aus Sicherheitsgründen geheim gehalten worden. Am Morgen besuchte Baerbock zunächst gemeinsam mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten für den Wiederaufbau der Ukraine, Oleksandr Kubrakow, das Umspannwerk Makariw bei Kiew. Bei dem Besuch ging es vor allem um die Vorkehrungen für den bevorstehenden Winter.
Russland greift immer wieder gezielt die Energieinfrastruktur an und destabilisiert damit die Versorgung der Ukrainer. „Wir wollen unser Energienetz mit der Ukraine noch engmaschiger knüpfen“, versprach Baerbock.
Die moralische Unterstützung durch Baerbocks Besuch kommt für die Ukraine vor allem in militärischer Hinsicht zu einem wichtigen Zeitpunkt. Angesichts der ukrainischen Gegenoffensive, die langsamer voranschreitet als von vielen westlichen Partnerländern erhofft, wächst in der Ukraine die Sorge darüber, ob die Partnerländer ihre militärische und finanzielle Hilfe für das Land langfristig aufrechterhalten werden.
Europa unterstützt Ukraine stärker als alle anderen Teile der Welt
Dabei kommt nicht nur den USA, sondern vor allem Europa eine immer wichtigere Rolle zu, wie jüngste Daten zeigen. Laut dem „Ukraine Support Tracker“ des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hat Europa die USA bei den zugesagten Hilfen für die Ukraine inzwischen überholt.
Bedeutend ist das große Unterstützungspaket, das die EU im Sommer angekündigt hat. Demnach sollen zwischen 2023 und 2027 Leistungen in Höhe von 50 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Zusätzlich gab es weitere Zusagen einzelner EU-Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland.
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Ukrainische Politiker warnen vor einem Nachlassen der Unterstützung. Präsident Wolodimir Selenski sagte im Interview mit dem britischen „Economist“ am Wochenende, eine Kürzung der Hilfe für die Ukraine würde den Krieg nur verlängern. Nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Kriegsanstrengungen des Landes würde eine solche Entwicklung schaden, so Selenski. „Wenn Sie nicht für die Ukraine sind, sind Sie für Russland, und wenn Sie nicht für Russland sind, sind Sie für die Ukraine. Und wenn Partner uns nicht helfen, bedeutet das, dass sie Russland zum Sieg verhelfen werden“, sagte er.
Am Montag meldete die Ukraine neue Erfolge bei ihrer Gegenoffensive gegen die russischen Invasionstruppen. Sowohl an der Ost- als auch an der Südfront hätten die ukrainischen Streitkräfte weitere Gebiete zurückerobert, teilte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar mit.
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Die Offensive schreite laut dem US-Militär Mark Milley, dem Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, derzeit „in einem sehr gleichmäßigen Tempo“ voran. Milley hatte am Sonntag gesagt, die Ukraine habe noch etwa 30 bis 45 Tage mit guten Wetterkonditionen, bevor sich das Wetter verschlechtern dürfte. Der Chef des ukrainischen militärischen Geheimdienstes, Kyrylo Budanov, sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Wochenende allerdings, die Ukraine wolle die Gegenoffensive unabhängig von den Wetterbedingungen fortsetzen.
Baerbock will auch in EU-Beitrittsverhandlungen unterstützen
Baerbock sicherte Kiew bei ihrem Besuch in der Ukraine auch Unterstützung bei den EU-Beitrittsverhandlungen zu. Das Land könne sich darauf verlassen, dass Deutschland ihm „auf seinem Weg in die Europäische Union entschlossen unter die Arme greife“, so die Außenministerin. Das Land hat seit Sommer vergangenen Jahres den Status eines EU-Beitrittskandidaten – bis es sich jedoch tatsächlich der Staatengemeinschaft anschließen kann, muss es noch einige Reformen umsetzen.
Baerbock dämpfte daher indirekt die Hoffnung auf schnelle Fortschritte. Bei der Justizreform und der Mediengesetzgebung könne sich die Bilanz schon sehen lassen, lobte Baerbock. Bei der Umsetzung des Anti-Oligarchen-Gesetzes und dem Kampf gegen Korruption sei jedoch noch ein „Weg zu gehen“.
Um die Beitrittsverhandlungen aufzunehmen, muss Kiew Reformen in insgesamt sieben Bereichen umsetzen. Die stellvertretende Premierministerin für europäische Integration der Ukraine, Olha Stefanishyna, sagte in einem Interview Anfang des Monats, die Ukraine werde in zwei Jahren für die EU-Mitgliedschaft bereit sein.
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