Sep 11, 2023
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Nach dem Erdbeben: Marokko schlägt mehrere Hilfsangebote aus

Written by Sandra Louven

Madrid Nach dem Erdbeben in Marokko hat König Mohammed VI. bisher nur die Hilfe einiger weniger befreundeter Staaten angenommen. Kurz nach der Katastrophe mit bislang mehr als 2600 Toten hatten zahlreiche Länder, darunter auch Deutschland und Frankreich, noch am Freitagabend schnelle Hilfe angeboten.

Bis Sonntag forderte der König aber nur Einsatzkräfte aus vier Ländern an: aus Spanien, Großbritannien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das marokkanische Innenministerium erklärte, die Behörden hätten die Bedürfnisse vor Ort genau bewertet und wollten einen Mangel an Koordinierung vermeiden.

„Marokko hat das Gefühl, dass es die Lage selbst meistern kann. Es will der Welt zeigen, dass es kein Dritte-Welt-Land ist, das massiv ausländische Hilfe benötigt“, sagt Riccardo Fabiani, Projektleiter für Nordafrika beim Thinktank „Crisis Group“ dem Handelsblatt. „So wie es aussieht, funktioniert das auch ganz gut – zumindest gibt es anders als beim Erdbeben in der Türkei vor einigen Monaten keine größere Kritik am Krisenmanagement.“

Allerdings, fügt der Experte hinzu, sei Marokko auch kein Land, in dem Kritik an der Regierung frei geäußert werden könne. Reporter der spanischen Zeitung „El Mundo“ zitieren einen frustrierten Bewohner des Bergdorfs Moulay Brahim, der die Nächte wie andere in Decken gehüllt im Freien verbringt: Die Hilfe hätten Nachbarn organisiert, sagt er, vom Staat sei noch nichts gekommen: „Alle Verantwortlichen schlafen. Das haben sie vorher schon getan, aber jetzt noch mehr. Das ist ihnen alles egal.“

Mehrere Bergdörfer waren am Montag noch nicht erreichbar, weil die Zufahrtswege von Trümmern verschüttet waren. Mit Bulldozern müssen in dem zerklüfteten Gelände Straßen von Erdrutschen befreit werden. Für die Einsatzkräfte ist es ein Wettlauf gegen die Zeit: Experten geben einen Richtwert von 72 Stunden an, in denen ein Mensch höchstens ohne Wasser auskommen kann.

THW bisher nicht in Marokko

Deutschland hat Marokko am Montag erneut Unterstützung angeboten, das Technische Hilfswerk (THW) könne beispielsweise eine Trinkwasseraufbereitungsanlage schicken. Am Samstag hatte die Bundesregierung angeboten, das THW könne bei der Bergung von Verletzten und Toten helfen. „Bislang sind diese Hilfsangebote nicht abgerufen worden“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Das habe aber keine politischen Gründe, denn die Beziehungen zu Marokko seien gut.

>> Lesen Sie hier: Deutschland und Marokko wollen Zusammenarbeit bei Konfliktlösung verstärken

Das Beben der Stärke 6,8 am Freitagabend war das schlimmste seit 120 Jahren in Marokko. Das Epizentrum lag südwestlich von Marrakesch und hat zahlreiche Bergdörfer im Atlasgebirge getroffen, die teilweise ohnehin nur schlecht an fließendes Wasser und Strom angeschlossen sind.

Häuser sind auch in Marrakesch oft aus Lehmziegeln, die in dem Beben Tausende Menschen unter sich begraben haben. Nach Angaben des marokkanischen Innenministeriums sind weitere 2476 Menschen verletzt, Hunderte werden noch vermisst. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass 300.000 Menschen in der Region rund um Marrakesch betroffen sind.

Die Regierung in Marokko kündigte einen Sonderfonds für die Bevölkerung an. Zur medizinischen Versorgung seien zusätzlich mehr als 1000 Ärzte sowie 1500 Krankenschwestern und Pfleger mobilisiert worden. Die Europäische Union stellt eine Million Euro für humanitäre Hilfe im vom Erdbeben erschütterten Marokko bereit.

Marokkos König Mohammed VI.

Marokkos Staatsoberhaupt hat die Krisenregion bislang nicht besucht.

(Foto: via REUTERS)

„Anders als die meisten afrikanischen Länder ist Marokko gut und entlang klarer Hierarchien organisiert“, sagt Crisis-Group-Experte Fabiani. Er hält es deshalb nicht für entscheidend, dass König Mohammed VI. zum Zeitpunkt des Bebens nicht im Land, sondern wie sonst häufig in Paris war und erst am Samstagabend nach Marokko zurückgekehrt ist. „Die Bevölkerung wird ihn nicht daran messen, wo er war, sondern wie gut die Rettung und die anschließende Hilfe funktioniert“, so Fabiani. Bis Montagnachmittag hatte der König das Krisengebiet noch nicht besucht.

Der Schaden in Marrakesch selbst, der wichtigsten Touristenattraktion des Landes, hält sich offenbar in Grenzen. Anfang Oktober soll die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Marrakesch stattfinden. „Solche Treffen haben nach Katastrophen wie einem Erdbeben großen Symbolcharakter“, sagt Fabiani. „Sie können zeigen, dass die Region zur Normalität zurückkehrt – Marokko wird deshalb alles tun, um sie zu ermöglichen.“

Mehr: Hilfskräfte suchen nach Erdbeben weiter nach Hunderten Menschen



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