Sep 17, 2023
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50 Jahre UN-Mitgliedschaft: So groß sind die deutschen Chancen auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat

Written by Jan Dirk Herbermann


Olaf Scholz bei seiner letzten Rede vor der UN-Vollversammlung

Ein ständiger Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat dürfte bei Russland und China auf Widerstand stoßen.


(Foto: dpa)

Genf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte sein Anliegen schon im September vergangenen Jahres klar: „Deutschland ist bereit, größere Verantwortung zu übernehmen“, sagte er – und zwar als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen.

In der kommenden Woche wird Scholz erneut bei der Vollversammlung in New York vorstellig und seinen Wunsch wahrscheinlich wiederholen. Inzwischen formuliert die Bundesregierung ihren Anspruch, vom einfachen UN-Mitglied in die kleine Gruppe der ständigen Ratsmitglieder aufzusteigen, in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie.

Scholz dürfte auch auf ein Jubiläum zu sprechen kommen: Vor 50 Jahren, am 18. September 1973, traten die Bundesrepublik Deutschland und die damalige DDR den Vereinten Nationen bei.

In den fünf Jahrzehnten danach taten die Bundesrepublik und später das vereinigte Deutschland viel dafür, sich als ideales Mitglied zu etablieren: kooperativ, verlässlich, generös. Deutschland ist nach einer Aufstellung des Auswärtigen Amts „zweitgrößter Beitragszahler zum gesamten UN-System“ (2021: 6,7 Milliarden US-Dollar) und zweitgrößter bilateraler Geber humanitärer Hilfe.

Die Deutschen stellen Blauhelme ab und stärken die Friedenssicherung, sie gewähren großzügig Entwicklungsgelder, engagieren sich für Minderheiten und Gleichberechtigung. Diese Leistungsbilanz könnte, so das Kalkül in Berlin, den Anspruch auf einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat sichern.

Russland und China dürften ihr Veto gegen einen ständigen Sitz Deutschlands einlegen

Doch Experten schätzen das deutsche Bemühen als kaum Erfolg versprechend ein. „Die Chancen stehen heute sehr schlecht“, urteilt der frühere deutsche Staatssekretär im Auswärtigen Amt und Ex-Botschafter bei den UN in New York, Gunter Pleuger.

Die schwerwiegenden Spannungen zwischen dem Westen und seiner Führungsmacht USA mit Russland und China lassen keinen Spielraum für eine strukturelle Reform des Sicherheitsrats: Dort genießen die fünf ständigen Mitglieder und Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien eine privilegierte Stellung.

Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Weg zur UN-Vollversammlung im vergangenen Herbst

Die Bundesregierung hat in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie ihre Ambitionen auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat festgehalten.


(Foto: dpa)

Jeder Einzelne der fünf kann Pläne für eine Ratsreform blockieren. Nur wenn alle fünf übereinstimmen, haben Initiativen eine Aussicht durchzukommen. „Die USA haben im letzten Jahr einen Vorstoß für eine Reform des Sicherheitsrats angekündigt, aber ich glaube nicht, dass die Amerikaner in der Lage waren, einen Weg zu finden“, sagt Richard Gowan, UN-Direktor der International Crisis Group. „Ich befürchte, dass Deutschland noch lange auf seinen ständigen Sitz warten muss. Vielleicht für die Ewigkeit.“

Dass Russland und China den deutschen Wunsch wohl nicht erfüllen wollen, verwundert kaum. Moskau verübelt Berlin die umfangreiche Unterstützung für die Ukraine. Deutschland gehört inzwischen zu den wichtigsten Waffenlieferanten an die Ukraine und hilft dem Land, sich gegen den Aggressor Russland zu behaupten.

>> Lesen Sie hier: China setzt deutsche Wirtschaft in Europa unter Druck

In Peking wiederum kommen die deutschen Ermahnungen, die Menschenrechte zu achten, und die zunehmende Chinakritik in der deutschen Politik nicht gut an. Gegen Deutschland als Mitglied spricht auch seine Zugehörigkeit zu Europa. Noch einen vierten europäischen Staat mit ständigem Sitz im Sicherheitsrat zu haben klinge „nahezu absurd“, schreibt der Politikwissenschaftler Gunther Hellmann.

Konkrete Pläne für eine permanenten Sitz im Rat in den 90ern

Dabei hatten die Deutschen in den 90er-Jahren eine Chance, als ständiges Mitglied in das UN-Gremium einzuziehen. Diese Chance sei aber nicht genutzt worden, erinnert sich Diplomat Pleuger.

Damals habe der frühere US-Präsident George H.W. Bush den Anstoß für einen ständigen deutschen Sitz im Sicherheitsrat gegeben. Nach der Wiedervereinigung verhandelten die Deutschen mit den USA, Frankreich und später Großbritannien über einen permanenten Sitz.

Auch Japan sollte in die erste Reihe des UN-Rats aufrücken. Die Gespräche zogen sich über Jahre hin. Pleuger führte auf deutscher Seite die Verhandlungen. 1997 habe es in Berlin eine Einigung mit Amerikanern und Franzosen auf einen Text gegeben, „den wir Russland und China vorlegen wollten“.

Doch der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl habe plötzlich Bedenken bekommen und das Interesse an einer Aufwertung Deutschlands in den UN verloren. Der Kanzler haben den nationalen Sicherheitsberater der USA wissen lassen, dass die Bundesrepublik doch keinen ständigen Sitz anstrebe. „Kohl hat gewissermaßen den Zug zum Entgleisen gebracht.“

Mehr: Was China, Russland, Indien und die neuen BRICS-Mitglieder vorhaben



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