Berlin Am Mittwoch schaffte es die von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) geplante Kindergrundsicherung nicht ins Kabinett. Nun hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärt, welche Punkte für ihn noch strittig sind.
Lindner lehnt die dauerhaft höheren Leistungen für Kinder von Asylsuchenden im Zuge der Einführung der Kindergrundsicherung ab. „SPD und Grüne wollen bei Asylbewerbern dauerhaft 20 Euro mehr pro Kind und Monat zahlen – das unterstütze ich nicht“, sagte der FDP-Chef der „Rheinischen Post“.
Die geltenden Regelsätze seien angemessen, „und wir sollten gerade beim Asylbewerberleistungsgesetz keine falschen Signale senden“, sagte Lindner.
Bei der Kindergrundsicherung, der großen sozialpolitischen Reform der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, sollen das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bürgergeld und die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zusammengeführt werden. Ziel ist auch, den Antrag und die Auszahlung zu vereinfachen.
Doch über das Vorhaben wird in der Ampel seit Monaten gestritten. Zunächst ging es um die Finanzierung. Paus forderte zwölf Milliarden Euro, Lindner plante nur zwei Milliarden Euro in der mittelfristigen Finanzplanung ein. Der Streit eskalierte, als Paus Mitte August Lindners Wachstumschancengesetz zunächst im Kabinett blockierte, das Steuererleichterungen für die Wirtschaft vorsah.
Nun stehen bei der Kindergrundsicherung offenbar auch inhaltliche Kontroversen an. „Es war mir wichtig, dass es bei der Kindergrundsicherung keine Leistungsausweitungen gibt“, sagte Lindner der „Rheinischen Post“.
Zank zwischen Ministerien
Im Familienministerium hieß es, die betreffende Regelung, die eine dauerhafte Leistungsverbesserung für Kinder von Asylbewerbern ab 2025 vorsah, sei wieder aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Zuvor habe das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) darauf gedrungen, dass der Passus aufgenommen werde. Das Finanzministerium habe daraufhin den für Mittwoch geplanten Kabinettsbeschluss am Dienstag angehalten.
Die Bundesfamilienministerin wünscht sich weitereichende Leistungen für Familien als Lindner.
Nun müssten sich Arbeits- und Finanzressort einigen, hieß es im Familienministerium. Ministerin Paus sehe keinen Grund, die Thematik des Asylbewerberleistungsgesetzes in die Kindergrundsicherung aufzunehmen. In den Fraktionen hieß es jedoch, für die Grünen seien die Zahlungen für die Kinder von Asylbewerbern ein wichtiges Anliegen.
Auch mit Blick auf das Bürgergeld äußerte Lindner Bedenken. Hier ist noch strittig, wie der Kindergeldübertrag geregelt werden soll. Bürgergeld für Eltern würde demnach erst dann ausgezahlt, wenn die Kindergrundsicherung für die Kinder bewilligt ist. Grund seien Verrechnungen zwischen beiden Unterstützungsleistungen, die zu Kürzungen beim Bürgergeld führen können.
Lindner sieht kein „Elend“
In Paus‘ Ministerium wird darauf verwiesen, dass es jährlich nur etwa 20.000 Fälle gebe. Würde der Kindergeldübertrag gestrichen, ließen sich 150 Millionen Euro an Bürokratiekosten sparen – auch wenn es dann zu erhöhten Auszahlungen beim Bürgergeld kommen würde.
„Am Abstand zwischen einem Lohneinkommen und der Sozialleistung soll sich nichts Wesentliches ändern“, sagte der FDP-Chef nun der „Rheinischen Post“.
Eine fünfköpfige Familie mit Bürgergeld-Bezug bekomme bereits gut 37.000 Euro im Jahr vom Steuerzahler. „Das ist nicht viel für fünf Menschen, aber es ist kein Elend“, betonte der FDP-Chef.
„Höhere Geldleistungen würden bei Familien, die für geringe Einkommen arbeiten, nicht als fair empfunden“, fügte Lindner hinzu. „Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir Armut nur durch Bildung und Arbeit beenden.“ Es gebe nach wie vor „zu viele Menschen, die arbeiten könnten, jedoch nicht arbeiten“.
Aus dem Familienministerium war zu hören, dass es seltsam sei, dass sich die FDP gegen die Senkung von Bürokratiekosten ausspreche. Nach den derzeitigen Plänen soll das Kabinett nun am 27. September den nochmals geänderten Gesetzentwurf beschließen.
Mehr: Kindergrundsicherung: Der Staat zeigt sich handlungsunfähig
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