Berlin In der Ampelkoalition gibt es neuen Streit um eine Steuersenkung. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer ab 1. Januar 2024 deutlich erhöhen. Bis zu dieser Grenze bleibt das Einkommen steuerfrei, sie steigt in der Regel jährlich.
Bisher war vorgesehen, den Grundfreibetrag um 696 Euro auf 11.604 Euro anzuheben. Lindner möchte weitere 180 Euro drauflegen, also die Grenze auf 11.784 Euro erhöhen. Zugleich soll es auch für Familien eine Entlastung geben: Lindner schlägt eine Anhebung des Kinderfreibetrags um zusätzliche 228 Euro auf 6612 Euro vor.
Insgesamt geht es nach Angaben des Finanzministers um eine zusätzliche Steuersenkung im Umfang von 1,94 Milliarden Euro. Lindner verweist zur Begründung auf die deutliche Anhebung des Bürgergelds.
Wegen der stark gestiegenen Preise hatte die Bundesregierung beschlossen, die Sätze zu erhöhen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte das damit gerechtfertigt, dass das Bürgergeld auch in Zeiten hoher Inflation das Existenzminimum sichern müsse.
Lindner will dies nun auf die Steuerpolitik übertragen. „Was für die Bezieher sozialer Leistungen recht ist, das muss für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auch billig sein“, sagte der Finanzminister im Bundestag. „Deshalb werden wir im Zuge dieser Haushaltsberatungen auch darüber sprechen müssen, die Anpassung des Existenzminimums zu übertragen auf das Steuerrecht.“
Kritik an Lindners Steuerplänen
Bei seinen Koalitionspartnern stößt Lindner mit seinem Vorhaben allerdings auf Skepsis. „Diese Verbindung zwischen der Anpassung der Steuerfreibeträge und des Bürgergeldes ist bei näherer Betrachtung nicht überzeugend“, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi. Er verweist darauf, dass die Ampelkoalition bei der Einkommensteuer mit dem Inflationsausgleichsgesetz schon eine Anpassung vorgenommen hatte. Das Gesetz erhöhte den Grundfreibetrags auf die bekannten 11.604 Euro.
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Während Lindner und die FDP diesen Betrag nun noch mal erhöhen wollen, hält der SPD-Finanzexperte schon die beschlossenen Entlastungen bei der Einkommensteuer für zu hoch. Die tatsächliche Inflationsrate sei niedriger als während der Gesetzesberatungen angenommen, deshalb werde die Teuerung schon mit dem beschlossenen Gesetz überkompensiert. Ein weiterer Inflationsausgleich sei „deshalb nicht geboten“.
Vielmehr solle der Finanzminister „in Zeiten knapper Kassen und dringender Sparappelle“ lieber die Überkompensation abbauen, rät Schrodi. Sprich: Die Steuern weniger stark senken.
Die Liberalen beharren allerdings auf der stärkeren Entlastung. „Wir müssen Signale setzen, dass sich Leistung und Mehrarbeit lohnen“, sagte FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer. Wenn es eine Bürgergelderhöhung gibt, müssten Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag auch steigen.
Spätestens im kommenden Jahr, wenn die Bundesregierung einen neuen Existenzminimumbericht vorlege, müsse die Anhebung nachgeholt werden. „Die Erhöhung ist ohnehin verfassungsrechtlich geboten und muss jetzt vorgezogen werden“, argumentiert Meyer. Ähnlich sieht man es im Finanzministerium: Die Anpassung bei den steuerlichen Freibeträgen sei notwendig, „um eine verfassungswidrige Besteuerung zu vermeiden“, heißt es dort.
Lindners Ideen kosten 1,9 Milliarden Euro
Sollten sich Lindner und die FDP durchsetzen, würden allerdings im Bundeshaushalt rund 1,9 Milliarden Euro fehlen. Und das in einer ohnehin angespannten Lage. Schon die Erhöhung des Bürgergelds kostet laut Heil rund 4,3 Milliarden Euro.
Der Etat für das kommende Jahr wird derzeit im Bundestag beraten. Es wäre also durchaus möglich, die zusätzliche Steuersenkung noch zu berücksichtigen. Allerdings müsste es dann entsprechend Einsparungen an anderer Stelle geben.
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SPD-Finanzpolitiker Schrodi ist verärgert, dass Lindner bisher nicht mit den Koalitionsabgeordneten darüber gesprochen habe. „Über seinen Vorstoß hat uns der Finanzminister bis heute nicht informiert“, sagt Schrodi, erst recht gebe es keine Vorschläge, wie die Steuerausfälle kompensiert werden könnten.
Sein FDP-Kollege Meyer zeigt sich zuversichtlich, dass die Ampelkoalition die notwendigen 1,9 Milliarden Euro im Laufe des Haushaltsberatungen auftreiben kann. „Wenn wir finanzielle Spielräume für die Bürgergelderhöhung finden“, sagt er, „dann auch für 48 Millionen arbeitende Menschen und Steuerzahler“.
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