Man stelle sich folgendes Szenario vor: Der Notdienst im Krankenhaus der Kommune ist schlecht besetzt – wie fast immer. Das Kind weist undefinierbare gesundheitliche Probleme auf. Die Eltern wollen aber auf den Besuch des Notdienstes verzichten, weil sie sich eine eventuell drohende Strafzahlung nicht leisten können. Und das Kind? Hätte diesen Besuch womöglich dringend gebraucht und trägt nun gesundheitliche Schäden davon. Ein extremes Szenario wohl gemerkt. Aber ein mögliches, wenn man den Forderungen nachgäbe, Eltern eine Strafzahlung aufgeben zu können, wenn sie unnötigerweise am Wochenende den medizinischen Notdienst “belästigen”.
Natürlich gibt es auch das andere Extrem, und das ist nur schwer auszuhalten: Dass das seit Tagen erkältete Kind am Wochenende zur Klinik geschleppt wird, weil die Eltern ja jetzt mal richtig viel Zeit haben. Oder selbst die kleinste Kleinigkeit nicht in heimischer Obhut mit Mutters Hausmittelchen bekämpft wird, sondern der Arzt im Notdienst mal zur Sicherheit draufschauen soll. Hier hilft nur klare Kommunikation mit Anreizen durch Krankenkassen – und erbetene Eigenverantwortung. Können wir denn wirklich niemandem mehr ein bisschen gesunden Menschenverstand zutrauen?
Was aber nicht funktioniert: Die politische Reform-Verschleppung der Notfallmedizin und die teils klägliche Abdeckung durch Mediziner vor Ort auf dem Rücken der Kinder auszutragen, die weder für dieses System noch für ihre Eltern etwas können. Das ist nicht nur “unethisch”, wie das passend der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gerade erst gesagt hat, sondern im schlimmsten Fall eben auch gefährlich, wie das Beispiel zeigt. Viel besser ist es, wie Lauterbach es gerade im Rahmen eines seiner vielen neuen Gesetze zu regeln versucht: Dass nämlich die Notfallversorgung gleich mit der ebenfalls dringend notwendigen Krankenhausplanung reformiert wird. Demnächst vorgeschaltete digitale Notdienststellen an Bildschirmen oder Telefonen können das System gut entlasten. Man hätte früher drauf kommen können.
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