Apr 11, 2023
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Sicherheit: Gesprengte Geldautomaten: Innenminister drohen Banken mit verbindlichen Schutzvorschriften

Written by Dietmar Neuerer

Berlin, Frankfurt Angesichts der zuletzt stark steigenden Zahl an Geldautomaten-Sprengungen erwägen der Bund und die Länder, Banken und Sparkassen verstärkte Schutzmaßnahmen per Gesetz vorzuschreiben. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte dem Handelsblatt, Geldautomatenbetreiber und -hersteller müssten für mehr Sicherheit sorgen, etwa durch den Einsatz von Vernebelungstechnik oder Einfärbe- und Klebesystemen. „Sollte das auf freiwilliger Basis nicht geschehen, wird eine gesetzliche Pflicht der Hersteller und Betreiber der Geldautomaten zur Umsetzung geeigneter Schutzmaßnahmen notwendig.“

So sieht es auch das Bundesinnenministerium von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD). Für den Fall, dass die verabredeten Maßnahmen „nicht ausreichend“ umgesetzt würden und sich die Kriminalitätslage „nicht nachweislich und im erforderlichen Umfang verbessert“, seien gesetzliche Verpflichtungen der Geldautomatenbetreiber erforderlich. „Jetzt ist die Kreditwirtschaft in der Verantwortung, diese Maßnahmen schnell und konsequent umzusetzen“, sagte Faeser dem Handelsblatt.

Ähnlich äußerten sich die Innenminister von Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Dass die Politik nun den Druck auf die Finanzinstitute erhöht, kommt nicht von ungefähr. Die Zahl der Geldautomatensprengungen ist im Jahr 2022 erneut stark gestiegen. Mit 496 Fällen sei ein „neuer Höchststand“ zu verzeichnen, teilte das Bundesinnenministerium mit. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg von 27 Prozent.

Schwere Schäden an Gebäuden und Gefahr durch Trümmerteile

Zwar gelang Ermittlern aus sieben Bundesländern Mitte März ein Fahndungserfolg mit Dutzenden Festnahmen. Anfang Februar wurden bei einer Razzia in den Niederlanden ebenfalls mehrere Männer festgenommen. Doch die Sprengungen hören nicht auf.

>> Lesen Sie hier: Warum Banken jetzt auf Tausende Geldautomaten verzichten wollen

Die Polizei geht davon aus, dass die meisten Taten von einer mehrere Hundert Mann starken kriminellen Szene aus den Niederlanden verübt werden. Die Sprengattacken richten enormen Sachschaden an. Häufig werden die Gebäude, in denen sich Filialen und Geldautomaten-Standorte befinden, beschädigt. Dass bei den Attacken trotz umherfliegender Trümmerteile und Splitter bisher kein Unbeteiligter ernsthaft verletzt wurde, halten Experten für einen glücklichen Zufall.

Um den Tätern das Handwerk zu legen, setzen Polizei und Politik auch auf die Banken und Automatenhersteller. Viele Banken gewähren in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr keinen Zugang mehr zu Geldautomaten und schließen die Vorräume zu den Filialen oder Selbstbedienungsfoyers.

Gesprengter Geldautomat

Die Sprengattacken richten enormen Sachschaden an.

(Foto: IMAGO/3S PHOTOGRAPHY)

Sie nutzen zudem häufig bereits Videoübertragungssysteme, Abriss- und Erschütterungsmelder, spezielle Sicherungen von Fenstern und Zugangstüren sowie Vernebelungstechnik und Systeme, durch die Geldscheine bei einer Explosion verfärbt werden.

Banken lehnen gesetzliche Regelung ab

Die Banken lehnen Vorschriften per Gesetz ab und halten die Lastenverteilung für unangemessen. „Eine gesetzliche Regelung ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz und wird der grundsätzlichen Aufgabenverteilung in unserem staatlichen Gemeinwesen nicht gerecht“, teilte die Deutsche Kreditwirtschaft auf Anfrage mit.

„Es ist schwer nachzuvollziehen, dass die alleinige Verantwortung für die Verhinderung von Sprengungen bei Banken und Sparkassen liegen soll.“ Die Bargeldinfrastruktur zu sichern gelinge nur im Schulterschluss mit Politik und Strafverfolgungsbehörden. Darüber sei man nach dem „runden Tisch“ einig gewesen. Aus Sicht der Finanzbranche gibt es zudem keine pauschal effektiven Präventionsmaßnahmen.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ist sich durchaus bewusst, dass sich die Problematik nicht von heute auf morgen eindämmen lässt. „Wir haben es hier mit der modernen Form des Bankraubs zu tun“, sagte er. Um diesen zu bekämpfen, brauche es einen „langen Atem“. Mit den Betreibern von Geldautomaten gebe ein einen guten Austausch. Sie zu höheren Schutzmaßnahmen zu verpflichten, wäre für ihn daher „die Ultima Ratio“.

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) setzt bei den Banken zunächst auf freiwillige Maßnahmen, um es den Tätern so schwer wie möglich zu machen. Darüber hinaus orientiere man sich am Vorgehen des Bundesinnenministeriums, das derzeit die Empfehlungen für entsprechende Sicherungs- und Präventionsmaßnahmen durch Geldautomatenbetreiber überprüfe. „Inwieweit aus unserer Sicht weitere Schritte notwendig sind, machen wir auch vom Ergebnis dieser Evaluation abhängig.“

Bundesbank gibt grünes Licht für Verklebetechnik

Baden-Württembergs Innenminister Strobl verwies auf die Nachbarländer, die bereits erfolgreich Einfärbe- und Klebesysteme verwendeten, um im Fall einer Sprengung Bargeld unbrauchbar zu machen. Die deutschen Geldautomatenbetreiber und -hersteller „müssen hier nachziehen“.

Für den Einsatz der Verklebetechnik in Deutschland hat die Bundesbank nun grünes Licht gegeben. „Die Anforderungen der Deutschen Bundesbank bei Antrag auf Erstattung verklebter Banknoten sind von den Kreditinstituten als erfüllbar bestätigt worden“, teilte die Notenbank auf Anfrage mit. Hinsichtlich einer Erstattung stehe dem Einsatz eines solchen Raubstoppsystems nichts mehr im Wege.

Bei der Verklebetechnik werden die Geldscheine nach der Explosion zu einem Klumpen und lassen sich nicht mehr zählen. Die enthaltende Summe lässt sich aber elektronisch nachvollziehen. Die Deutsche Kreditwirtschaft betont allerdings, dass die Klebesysteme noch nicht marktfähig und zertifiziert seien.

Mehr: Kampf gegen Sprengung von Geldautomaten: Die ersten Sparkassen lassen Filialen bewachen



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