Kapstadt, Berlin Deutschland wird seine militärische Präsenz in Afrika deutlich zurückfahren – auch weil der Nutzen zunehmend infrage steht. Spätestens im Mai nächsten Jahres soll der letzte Bundeswehrsoldat Mali verlassen haben. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat aber bereits einen früheren Abzug ins Spiel gebracht. Geplant ist stattdessen eine Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Ausbildungsmission EUMPM in Niger, allerdings mit höchstens 60 Soldatinnen und Soldaten.
Seit 2013 beteiligt sich Deutschland an der Uno-Mission Minusma in Mali, die die Lage stabilisieren soll, nachdem französische Kampftruppen islamistische Extremisten aus dem Norden des Landes verdrängt haben. Aktuell sind dort noch rund 1100 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert.
Doch auch der Blauhelmeinsatz konnte nichts daran ändern, dass sich die Sicherheitslage in der Sahelregion weiter verschlechtert hat, wie es im Mandat für die EUMPM-Mission heiß, dem der Bundestag noch zustimmen muss. „Terroristische Gruppen konnten ihre Operationsräume auf weite Teile von Mali, Burkina Faso und teilweise auch Niger ausweiten.“
Frankreich hat erkannt, dass die bisherige Strategie nicht zum Erfolg führt, und seine Truppen im vergangenen Jahr abgezogen – auch auf Druck der Regierung in Malis Hauptstadt Bamako. Die durch einen Putsch an die Macht gekommene malische Regierung erschwert auch der Bundeswehr seit Monaten ihre Aufgabe, beispielsweise durch verweigerte Fluggenehmigungen für Heron-Aufklärungsdrohnen.
Das Verteidigungs-, das Außen- und das Entwicklungsministerium einigten sich deshalb im vergangenen November, den deutschen Mali-Einsatz spätestens im Mai 2024 auslaufen zu lassen, wenn die Sicherheitslage nicht einen früheren Abzug gebietet.
Logistische Probleme
Bundesverteidigungsminister Pistorius hatte Ende Januar erklärt, unter den aktuellen Bedingungen ergebe es überhaupt keinen Sinn, noch bis Mai nächsten Jahres in Mali zu bleiben. Ursprünglich hatte vor allem Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf eine Fortsetzung der Mission gedrängt, damit die Bundeswehr noch logistische Unterstützung bei den für das kommende Jahr geplanten Wahlen in Mali leisten kann.
Auch Denis Tull, Afrikaexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), spricht sich dafür aus, dass der Bundestag das aktuell bis Ende Juni 2023 befristete Minusma-Mandat noch einmal verlängert. Dies könne in der „derzeitigen Hochrisikophase“ für Mali stabilisierend wirken und den Übergang in eine neue Ordnung womöglich positiv begleiten, schreibt er in einer aktuellen Analyse.
Doch gibt es auch ganz praktische logistische Erwägungen, die gegen einen früheren Abzug sprechen, wie es aus Sicherheitskreisen heißt. Militärmaterial, das 1600 Container füllen würde, muss zurück nach Deutschland gebracht werden, vom Maschinengewehr über ein modernes Feldlazarett bis zu schweren Transporthubschraubern des Typs CH-53, die die Bundeswehr aktuell noch für den Transport Verwundeter zugesagt hat.
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Bei einem überhasteten Abzug bestünde die Gefahr, dass Gerät zurückgelassen werden muss und in die Hände von Islamisten fällt – oder von russischen Söldnern der Wagner-Truppe, die das von den Franzosen hinterlassene Machtvakuum gefüllt haben.
„Kleinerer Fußabdruck“ in Afrika
Nach Einschätzung vieler Experten ergebe eine neue Strategie Sinn, weil sich der Westen in Westafrika einfach zu viel aufgebürdet habe. Schon in Afghanistan sei das Nation-Building gescheitert, also der Aufbau eines funktionierenden Staatsgebildes. Warum sollte es im Sahel mit gleich mehreren Krisenstaaten einfacher sein?
Ziel der Bundesregierung ist deshalb, in Afrika künftig einen „kleineren Fußabdruck“ zu hinterlassen, also mit weniger Soldatinnen und Soldaten eine womöglich bessere Wirkung zu entfalten.
Deshalb soll sich die Bundeswehr künftig darauf konzentrieren, die Regierung in Niger beim Aufbau ihrer Streitkräfte zu unterstützen. Angesichts seiner zwar fragilen, aber im regionalen Vergleich relativ großen politischen Stabilität komme dem Land eine zunehmend wichtigere Rolle zu, heißt es im EUMPM-Mandat.
So habe Niger im April 2021 zum ersten Mal in seiner Geschichte einen verfassungsmäßigen Wechsel des Staatschefs vollzogen. Präsident Mohamed Bazoum habe den Ausbau der Schul- und Mädchenbildung, die Verbesserung der Sicherheitslage, eine Verwaltungsreform und die Korruptionsbekämpfung zu den Schwerpunkten seiner Regierungsführung erklärt.
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Bis Ende vergangenen Jahres hatte sich die Bundeswehr in Niger im Rahmen der Operation Gazelle bereits an der Ausbildung von Spezialkräften engagiert.
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