Karuizawa Deutschland und seine internationalen Partner wollen die ökonomische Abhängigkeit von China verringern. Erstmals haben die G7-Außenminister zum Ende ihres Treffens am Dienstag im japanischen Ferienort Karuizawa ein Kapitel zu wirtschaftlicher Sicherheit in die gemeinsame Erklärung aufgenommen.
Darin heißt es: „Wir bringen unsere Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Bedrohungen für die wirtschaftliche Sicherheit zunehmen, und betonen die dringende Notwendigkeit, unsere Koordinierung und Zusammenarbeit innerhalb der G7 und darüber hinaus zu verbessern.“
Die G7-Staaten, denen außer Deutschland die USA, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Italien und Japan angehören, teilten die Auffassung, „dass widerstandsfähige Lieferketten auf transparente, diversifizierte, sichere, nachhaltige, vertrauenswürdige und zuverlässige Weise aufgebaut werden sollten“.
Zwar wird China an der Stelle des Dokuments nicht explizit erwähnt, es ist aber klar, dass diese Passage vor allem auf die Abhängigkeit von der Volksrepublik abzielt.
Die chinesische Staatsführung tritt gegenüber der eigenen Bevölkerung immer repressiver auf. Zugleich agiert sie auf internationaler Bühne immer offensiver, etwa in Bezug auf Taiwan. China hat wirtschaftliche Abhängigkeiten in der Vergangenheit ausgenutzt, um politische Ziele durchzusetzen.
G7 warnen Peking und Moskau
Weltweit bestehen zahlreiche Abhängigkeiten von der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. So stammt ein Großteil der Produktion sogenannter Seltener Erden aus China.
Japan fordert „widerstandsfähige Lieferkette“ – auch aus eigener Erfahrung
Dass die Passage in dem Abschlussdokument steht, war vor allem ein Wunsch der japanischen Regierung. Es herrschte aber laut mit den Gesprächen vertrauten Personen große Einigkeit darüber, das Kapitel einzufügen.
Japan hat in diesem Jahr die G7-Präsidentschaft inne. Das Land hat schon vor mehr als zehn Jahren gespürt, was es bedeutet, wenn China wirtschaftliche Abhängigkeiten nutzt, um andere Länder zu bestrafen.
Im Jahr 2010 hatte Peking den Export Seltener Erden aus China nach Japan blockiert. Grund war damals der Zusammenstoß zwischen einem chinesischen Schiff mit Patrouillenbooten der japanischen Küstenwache nahe einer der von beiden Ländern beanspruchten Inselgruppe.
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„Wir sollten eine widerstandsfähige Lieferkette aufbauen, die auf Zuverlässigkeit basiert“, forderte der japanische Außenminister Yoshimasa Hayashi in Karuizawa. Japan selbst versucht schon seit Jahren, sich unabhängiger von China zu machen, und hat dazu sogar ein Ministerium für „Wirtschaftssicherheit“ eingerichtet.
Insgesamt herrschte mit Blick auf China laut Angaben von mehreren über den Inhalt der Gespräche informierten Personen eine große Einigkeit bei den G7-Staaten. Erstmals in dem Statement enthalten ist die Forderung an China nach fairen Bedingungen für ausländische Unternehmen.
„Legitime Geschäftstätigkeiten und Interessen ausländischer Unternehmen müssen vor unlauteren, wettbewerbswidrigen und marktfremden Praktiken geschützt werden, auch vor unrechtmäßigem Technologietransfer oder Datenweitergabe im Austausch für den Marktzugang“, heißt es in dem Dokument.
Gleichzeitig betonten die G7-Außenminister jedoch auch, dass sie weiter mit China zusammenarbeiten wollen. „Wir sind uns der Notwendigkeit bewusst, mit China bei globalen Herausforderungen und in Bereichen von gemeinsamem Interesse zusammenzuarbeiten, unter anderem in den Bereichen Klimawandel, biologische Vielfalt, globale Gesundheitssicherheit und Gleichstellung der Geschlechter“, lautet dieser Teil der Abschlusserklärung.
Taiwan-Konflikt spielt große Rolle
In Bezug auf den Taiwan-Konflikt blieb es im Wesentlichen bei der klaren Formulierung, die die sieben Staaten schon bei ihrer letzten Erklärung unter der deutschen Präsidentschaft im vergangenen Jahr gewählt hatten. China wird zu einer „friedlichen Lösung“ der Taiwan-Frage aufgerufen.
Die G7 betonte jedoch auch, dass sie weiter an ihrer Version einer „Ein-China-Politik“ festhalte. Diese beinhaltet, vereinfacht gesagt, dass die Länder nur mit Peking offizielle diplomatische Beziehungen unterhalten, nicht aber mit Taipeh.
China beansprucht Taiwan als Teil seines Territoriums, obwohl das Land nie zu der 1949 gegründeten Volksrepublik gehört hat, über eine eigene, demokratisch gewählte Regierung verfügt und die Bürger Taiwans immer wieder in Umfragen sagen, dass sie keine vollständige Zusammenlegung mit China wollen. Peking hat nicht ausgeschlossen, dass es sich die Insel eines Tages gewaltsam aneignen wird, und absolviert regelmäßig Militärmanöver in der Gegend.
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Neu in dem G7-Dokument ist, dass die Staaten die Beteiligung von Taiwan in internationalen Organisationen, etwa der Weltgesundheitsorganisation WHO, fordern. Für die chinesische Staatsführung dürfte dieser Punkt ein rotes Tuch sein: Alles, was Taiwan in irgendeiner Form weiter in Richtung staatliche Anerkennung bringt, könnte in Peking als Abkehr vom Status quo angesehen werden.
G7 will dem globalen Süden helfen
Eine unterstützende Botschaft sendeten die G7-Staaten an den sogenannten globalen Süden, der im Wesentlichen aus Entwicklungs- und Schwellenländern besteht. Die G7 nimmt den wachsenden Einfluss Chinas auf diese Länder ernst. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Dienstag, dass sich „wahrscheinlich zwei Drittel der Diskussionen“ beim Treffen der G7-Außenminister um Fragen der Entwicklung gedreht hätten.
Die Außenminister hätten vielfältige Aktionspläne diskutiert, darunter zur Ernährungssicherheit, Energieversorgung, Hilfen zur Bewältigung des Klimawandels und „zum Aufbau von Infrastrukturen, die den Bedürfnissen der Länder auf der ganzen Welt entsprechen“.
Neben China war auch die Ukraine ganz weit oben auf der Tagesordnung. Die G7-Außenminister erneuerten ihre Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. „Wir haben uns heute erneut verpflichtet, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen und nachhaltige sicherheitspolitische, wirtschaftliche und institutionelle Unterstützung zu leisten“, heißt es in dem gemeinsamen Abschluss-Statement. Man wolle der Ukraine helfen, sich zu verteidigen, ihre freie und demokratische Zukunft zu sichern und „künftige russische Aggressionen abzuwehren“.
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