Istanbul Die USA kommen der Türkei mit ihrem Wunsch nach einer Modernisierung der Luftwaffe entgegen. Die Vorsitzenden der US-Kongressausschüsse hätten grünes Licht für eine Erneuerung der bestehenden türkischen F-16-Jets gegeben, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Kongresskreisen. Über den Preis gibt es zum derzeitigen Stand keine Informationen.
Präsident Joe Biden werde die Modernisierung der türkischen F-16 billigen, heißt es. Dagegen bleibt der Kongress bei der Ablehnung des Antrags der Türkei, darüber hinaus neue F-16-Kampfjets im Wert von rund 20 Milliarden Dollar zu kaufen. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums lehnte ebenso wie offizielle Vertreter des Kongresses eine Stellungnahme ab. Auch von der Regierung in Ankara gab es bisher keine offizielle Stellungnahme.
Die Zustimmung aus Washington kommt gerade einmal vier Wochen vor den wichtigen Wahlen in der Türkei. Präsident Erdogan muss Umfragen zufolge um eine Mehrheit fürchten, sowohl im Parlament als auch für sein eigenes Amt des Staatschefs. Das plötzliche Okay aus Washington erscheint daher wie Wahlkampfhilfe – und nährt Spekulationen, dass den Amerikanern eine weitere Amtszeit Erdogans durchaus gelegen kommen könnte.
Die Türkei beantragte im Oktober 2021 den Kauf von 40 Lockheed-Martin-F-16-Jägern und fast 80 Modernisierungskits für ihre bestehenden Kampfflugzeuge. US-Präsident Biden war stets dagegen. Er galt nie als Fan des türkischen Präsidenten, im Gegenteil. Während seines Wahlkampfs im August 2020 hatte Biden in einem Interview bedauert, dass Erdogan einen Putschversuch des türkischen Militärs im Juli 2016 abwenden konnte. Bis heute hat der US-Präsident seinen türkischen Amtskollegen nicht ins Weiße Haus eingeladen.
Die beiden Länder sind Nato-Verbündete, die Türkei hat nach den USA die zweitgrößte Bündnisarmee und ist an vielen Einsätzen beteiligt. Trotzdem trennen die Demokraten in Washington und die AKP in Ankara Welten. Die USA unterstützt Gruppen in Syrien, die in der Türkei als Terrororganisationen gelten.
Dass die Türkei sich lange nicht an den westlichen Sanktionen gegen Russland beteiligt hatte, sorgte für weiteren Unmut. Als sich Ankara dann auch noch gegen den Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens stellte, schien die politische Blockade unaufhebbar.
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Nach den Misstönen dies- und jenseits des Atlantiks setzte in den vergangenen Monaten dennoch ein diplomatisches Tauwetter ein. Biden kondolierte nach einem Terroranschlag in Istanbul im November sowie nach einer verheerenden Erdbebenserie im Südosten der Türkei und Nordwestsyrien Anfang Februar mit über 50.000 Toten.
Bei einem Besuch in Washington im Januar forderte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, den Kongress davon zu überzeugen, seinen Einspruch fallen zu lassen. Der US-Kongress erklärte anschließend, er könne dem Deal nicht zustimmen, bis Ankara die Nato-Mitgliedschaften Schwedens und Finnlands ratifiziert habe. Es war das erste Mal, dass der Kongress den F-16-Verkauf an die Türkei explizit und direkt mit den Nato-Beitrittsgesuchen der beiden skandinavischen Länder verband.
Nun folgt die Zustimmung zur Modernisierung auf das O. K. der Türkei zum Beitritt Finnlands zum Nato-Militärbündnis, während Schweden immer noch hoffen muss. Der türkische Staatschef kann dies kurz vor den Wahlen als wichtigen außenpolitischen Erfolg verkaufen.
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Dieser Umstand nährt den Verdacht, dass der US-Administration durchaus an einer weiteren Amtszeit Erdogans gelegen sein könnte. Zwar reichen die Modernisierungs-Kits voraussichtlich nicht aus, um Erdogan trotz seiner schwachen Umfragewerte in eine neue Amtszeit zu hieven. Trotzdem: Auch wenn Biden und Erdogan wohl niemals beste Freunde werden, wäre ihm ein Sieg Erdogans möglicherweise recht.
Erdogan ist der wichtigste US-Partner im Nahen Osten
Erdogan hat sich zwar lange nicht an Sanktionen gegen Russland beteiligt. Gleichzeitig ist der türkische Staatschef der Einzige im Nato-Bündnis, der noch mit Kremlchef Putin auf Augenhöhe verhandeln kann. Putin wiederum nutzt Erdogan, um über ihn Botschaften an die Nato zu senden.
Außerdem steht die türkische Regierungspartei AKP trotz aller Reibereien der Nato näher als ein Teil des Oppositionsbündnisses, das Erdogan ablösen will. Der aktuelle Verteidigungsminister Hulusi Akar ist ein ehemaliger General und hat den Großteil seiner militärischen Karriere in Nato-Verbänden verbracht, unter anderem in Italien und auch in den USA.
Zudem erleben die USA im Nahen Osten derzeit einen massiven Machtverlust. Saudi-Arabien und der Iran haben sich zuletzt verbündet – unter Vermittlung Chinas, Washington blieb außen vor. Der syrische Machthaber Assad, den die USA am liebsten absetzen würden, findet ebenso wieder Verbündete in der Region. Erdogan hat mit seiner offensiven Außenpolitik Zugänge in die gesamte Region geöffnet und könnte der US-Administration dabei dienen, den Einfluss des Westens im Nahen Osten aufrechtzuerhalten.
Auch soll Insidern zufolge die Wiederannäherung der Türkei und Griechenlands eine Rolle beim Beschluss des US-Kongresses eine Rolle gespielt haben. Auch dies wäre ein Beleg dafür, dass Erdogan für die Amerikaner die bessere Option sein könnte. Die türkische Opposition ließ nämlich durchsickern, dass sie beim Streit um Seegrenzen mit dem Nachbarland und Nato-Mitglied keinen Zentimeter nachgeben wolle.
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