Berlin Deutschland muss sich auch aufgrund der wachsenden Bedrohung seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf eine starke Zunahme von Cyberattacken vorbereiten. Zu dieser Einschätzung kommt der deutsche Auslandsgeheimdienst BND unter Hinweis auf die derzeitige Lage im Kriegsgebiet.
Man müsse davon ausgehen, dass der Konflikt nicht schnell zu Ende gehen werde – „selbst wenn wir eine wie auch immer geartete Friedensverhandlung hätten oder einen Waffenstillstand“, sagte der Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Wolfgang Wien, am Mittwoch bei einer Konferenz zur Cybersicherheit am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. „Die systematische Auseinandersetzung ist so gravierend, dass wir wahrscheinlich auch mit einer Zunahme von Angriffen gegen uns rechnen.“
Auch andere deutsche Sicherheitsbehörden halten die Bedrohungslage im Cyberraum aufgrund des russischen Angriffskriegs für sehr angespannt. „Die Lage ist immer noch im roten Bereich“, sagte der Vizepräsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Gerhard Schabhüser.
Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen, ergänzte: „Was die staatlichen Akteure angeht, sehen wir sehr starke Aktivitäten in Richtung von Politik und Wirtschaft, aber auch sehr breit angelegte Aktivitäten. ,Rot’ trifft die Sache sehr gut.“
Laut Schabhüser hat Deutschland im vergangenen Jahr mehrmals Glück gehabt, dass es nicht zur Krise gekommen sei. Zum einen habe ein russischer Angriff auf ein Satellitensystem auch die Fernwartung vieler Windkrafträder in Deutschland lahmgelegt, erklärte der BSI-Vize.
Große Cyberrisiken für die Wirtschaft und die Kommunen
Zum anderen sei die Versorgung mit Benzin und Mineralöl im Nordosten Deutschlands durch einen vermutlich pro-westlichen Hackerangriff auf die Deutschland-Tochter des russischen Energiekonzerns Rosneft gefährdet worden. „Es war ein relativ kleiner Angriff, aber mit großer Wirkung.“
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Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, sprach von einer insgesamt angespannten Situation. Im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg seien vermehrt sogenannte DDOS-Attacken („Distributed Denial of Service“) registriert worden, bei denen die Angreifer versuchen, Server mit einer Flut von Anfragen lahmzulegen.
Eine „starke Bedrohung“ sieht Münch in sogenannten Ransomware-Angriffen. Solche Attacken auf Computersysteme mit Verschlüsselungstrojanern gelten seit Jahren als gravierendes Risiko. Dabei blockiert die eingeschleuste Schadsoftware die Unternehmen oder legt ihre Infrastruktur lahm. Geschädigte können nicht mehr auf ihre Daten zugreifen. Die Täter verlangen Lösegeld für die Entschlüsselung. Die Kriminellen sympathisierten „mit der einen oder anderen Kriegspartei“ und würden für diese dann tätig, so Münch.
Nach Einschätzung von BSI-Vize Schabhüser bestehen hierbei große Risiken für die Wirtschaft und die Kommunen in Deutschland. Er verwies auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld, in dem wegen einer Attacke im vergangenen Jahr 207 Tage lang wichtige Bürgerdienstleistungen nicht funktionierten.
Er rief vor allem die kleineren Kommunen dazu auf, IT-Dienstleistungen an geeignete Profis auszulagern: „Macht Eure IT nicht selbst, sondern nutzt Dienstleister.“
Der Verfassungsschützer Selen sieht es ähnlich. Viele Unternehmen arbeiteten mit veralteten Systemen, „die Schwachstellen aufweisen, die vermeidbar gewesen wären“, sagte er.
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