München, Berlin Der Stromnetzbetreiber Tennet treibt den Netzausbau in der Nordsee weiter voran. Am Donnerstag gab das niederländische Unternehmen den Bau von drei Konverter-Plattformen zur Netzanbindung von Offshore-Windparks in der Nordsee in Auftrag. Ende März hatte Tennet bereits elf Konverter-Plattform-Projekte vergeben. Das Auftragsvolumen für alle 14 Plattformen beläuft sich auf 30 Milliarden Euro.
Tim Meyerjürgens, COO von Tennet, sagte, man gehe mit dem Bau der Konverter-Plattformen „einen großen Schritt vorwärts bei der Entwicklung der Nordsee zum klimaneutralen Kraftwerk Europas“.
Mit dem Bau der Plattformen trägt Tennet der wachsenden Bedeutung der Offshore-Windkraft Rechnung. Deutschland, aber auch Staaten wie die Niederlande, Dänemark und Belgien haben sich ehrgeizige Ziele für den Ausbau der Windkraft auf See gesetzt. Die vier Länder haben sich mit der Mitte Mai vergangenen Jahres verabschiedeten Esbjerg-Erklärung dazu bekannt, bis 2030 zusammen mindestens 65 Gigawatt (GW) Offshore-Windenergie zu bauen.
In der deutschen Nord- und Ostsee sind derzeit insgesamt acht GW Offshore-Windkraft installiert. Aber das ist erst der Anfang. Laut Koalitionsvertrag sollen daraus bis 2030 mindestens 30 GW werden, bis 2035 mindestens 40 GW und bis 2045 mindestens 70 GW.
Tennet beschreitet mit den 14 Projekten, die bis Ende 2031 fertiggestellt sein sollen, auch technisch neue Wege und setzt gemeinsam mit seinen Partnern – darunter Siemens Energy, Hitachi Energy und GE – einen neuen Standard.
Tennet verfolgt neues Konzept bei den Konverter-Plattformen
Bislang funktioniert die Anbindung von Offshore-Windparks so: Die Windenergieanlagen produzieren Wechselstrom, der auf den windparkeigenen Umspannplattformen gesammelt und auf eine Spannung von 155 Kilovolt (kV) transformiert wird. Anschließend wird der Strom von der Umspannplattform an die Konverter-Plattform des Übertragungsnetzbetreibers weitergeleitet.
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Auf der Konverter-Plattform wird der Strom mehrerer Windparks gesammelt und von Wechsel- in Gleichstrom umgewandelt, um dann zum Netzverknüpfungspunkt an Land transportiert zu werden. Die Übertragung erfolgt mittels Gleichstrom im Spannungsbereich von 320 kV.
Tennet verfolgt nun ein neues Konzept: Die Umspannplattform im Windpark fällt weg und die Wechselstromkabel werden direkt in die Offshore-Konverter-Plattform geführt. Dort werden sie in Gleichstrom umgewandelt, der Strom wird auf der Spannungsebene 525 kV an Land transportiert. Auf dieser Spannungsebene lassen sich große Strommengen besonders effizient übertragen.
Der bisherige Standard hatte eine Anbindungskapazität von 0,9 GW, der neue Standard ermöglicht zwei GW. Das neue Konzept soll sich zur Blaupause für künftige Offshore-Netzanschluss-Systeme entwickeln. Es soll den Ausbau der Offshore-Windenergie erheblich beschleunigen, weil die Zahl der Plattformen sinkt und weniger Kabel verlegt werden müssen.
Größter Auftrag für Siemens Energy seit der Abspaltung vom Mutterkonzern
Siemens Energy ist bei der Entwicklung der Technik einer der maßgeblichen Partner. Der Tennet-Auftrag ist einer der größten seit der Abspaltung von Siemens im Jahr 2020. Der Energietechnikspezialist soll in einem Konsortium mit der spanischen Werft Dragados Offshore die Technologie für drei der geplanten Netzanbindungen in der Nordsee liefern. Der Auftragswert für die Partner liegt bei knapp sieben Milliarden Euro. In Industriekreisen wird geschätzt, dass etwa die Hälfte davon auf Siemens Energy entfällt.
Im Rahmen der Projekte BalWin3, LanWin2 und LanWin4 soll der Strom von Windparks zu den Anschlusspunkten in Wilhelmshaven und im Raum Heide gelangen. Siemens steuert die elektrotechnischen Hauptkomponenten wie Schaltanlagen, Transformatoren und Konverter-Technologie bei. Dragados verantwortet den Bau und die Installation der Plattformen.
In der Anfangsphase der Offshore-Windparks hatte Siemens mit den Plattformen viel Geld verloren. Doch inzwischen hat Siemens Energy die Fertigung der riesigen Anlagen stärker standardisiert. Derzeit wickelt der Konzern elf Netzanbindungsprojekte von Windkraftanlagen in Deutschland, Großbritannien und den USA ab. Fünf weitere sind bereits abgeschlossen.
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„Im weltweiten Wettlauf gegen den Klimawandel muss der Netzausbau mit den beschleunigten Ausbauzielen für erneuerbare Energien mitziehen können“, sagte Siemens-Energy-Vorstand Tim Holt. Damit die Industrie ihre Kapazitäten hochfahren könne, müssten „auch auf politischer Ebene alle Hebel umgelegt werden – von Rohstoff- und Fachkräftestrategien bis hin zu einer weiteren Verschlankung der Genehmigungsverfahren auf allen Ebenen“.
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