Berlin Die Transformation der Industrie zur klimaneutralen Produktion droht an übermäßiger Regulierung und fehlender Strategie zu scheitern, warnt der Thinktank Epico. So hätten sich die EU und auch Deutschland in den vergangenen Monaten in erster Linie auf die Krisenbewältigung fokussiert. Nun müsse eine von marktwirtschaftlichen Prinzipien geleitete industriepolitische Strategie verfolgt werden.
Die nächsten Jahre seien entscheidend, „um mit Innovationen und zielführenden Rahmenbedingungen die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum für die Jahrzehnte nach der Krise zu schaffen“, fordert Epico in seiner Analyse „Industrieagenda für die Zeitenwende“, die dem Handelsblatt vorliegt. Die EU und insbesondere Deutschland seien daher gefordert, ihre Industriestrategie zu überdenken.
Epico ist ein junger Thinktank, der von Institutionen wie der Konrad-Adenauer-Stiftung oder der European Climate Foundation unterstützt wird. Ein breiter Unterstützerkreis aus Politik und Wissenschaft begrüßt die Epico-Industrieagenda.
Dazu zählen Andreas Jung, stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender und Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie, sowie der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), Michael Vassiliadis, und der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI, Christoph M. Schmidt. Jung ist Vorsitzender des Epico-Beirats, Schmidt dessen Stellvertreter.
CDU-Politiker Jung sagte, Europa müsse „auf Pragmatismus und Marktkräfte setzen statt auf Überregulierung und Planwirtschaft“. Nur so könnten bei den Erneuerbaren und bei der Energieeffizienz, bei Wasserstoff und CO2-Abscheidung innovative Technologien vorangebracht werden.
Vorbild USA mit Transformationsprogramm IRA
Nach der Überzeugung von Gewerkschaftschef Vassiliadis muss es „einen Ruck geben“ in Sachen Transformation. „Die Beschäftigten in unseren Branchen fordern einen großen Wurf, der klimagerechte Modernisierung mit Zukunftssicherung ihrer Arbeitsplätze verbindet“, sagte er.
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Ökonom Schmidt rät den Europäern, sich den Inflation Reduction Act (IRA) der USA zum Vorbild zu nehmen: Sie sollten den IRA „als Inspiration begreifen, beim Klimaschutz mehr auf marktwirtschaftliche Kräfte zu setzen, statt ihre Förderstrukturen und Regulierungen immer komplexer und undurchsichtiger zu machen“, sagte er.
Epico warnt, eine „überzogene Importsubstitution“ von wichtigen Produkten für die Energiewende bei ausreichend vielfältigem Angebot sei kontraproduktiv. Entsprechende Überlegungen werden im Bundeswirtschaftsministerium angestellt.
Dort diskutiert man beispielsweise Pläne, mit Abnahmegarantien des Staates den Aufbau von Produktionskapazitäten für die Energiewende zu ermöglichen. So soll die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten reduziert werden. In der Epico-Industrieagenda heißt es jedoch, durch solche Maßnahmen würden die Kosten der Transformation weiter steigen.
Dringend wird in der Analyse dazu geraten, die europäische Rohstoffgewinnung und die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Dies biete die Möglichkeit für die Industrie, Materialkosten und Energiebedarf zu senken und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Mit Blick auf das Thema Wasserstoff warnen die Autoren, Europa könne sich im globalen Wettbewerb um Wasserstoff keine Sonderwege erlauben. Epico spielt damit auf die europäische Debatte darüber an, dass Strom aus erneuerbaren Quellen nur unter bestimmten Bedingungen für die Wasserstoffelektrolyse eingesetzt werden soll.
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