Apr 21, 2023
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FDP-Parteitag: „Manches ist gegenwärtig nicht finanzierbar“ – Lindner ruft Ampel zum Sparen auf

Written by Jan Hildebrand

Berlin Am Ende wurde es persönlich. In den letzten drei Minuten seiner anderthalbstündigen Rede auf dem FDP-Parteitag sprach Christian Lindner über sich. Seit zehn Jahren sei er nun Parteivorsitzender, müsse manch persönliche Angriffe aushalten, aber das sei es ihm wert.

Lindner hat die Liberalen aus der außerparlamentarischen Opposition in Regierungsverantwortung geführt, sich das Amt des Bundesfinanzministers gesichert. Aber er hat noch mehr vor mit der FDP. „Der Auftrag ist noch nicht erfüllt“, sagte Lindner. „Wir stehen gemeinsam noch am Anfang.“

Der persönliche Schluss der Rede war eine Bitte um Zustimmung für ihn als Parteivorsitzenden – trotz all des Ärgers über die Ampelkoalition und der schmerzhaften Niederlagen bei den Landtagswahlen in den vergangenen Monaten. Die Delegierten entsprachen der Bitte. Lindner wurde mit 88 Prozent für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt.

Bei der letzten Wahl hatte er 93 Prozent erhalten. Ein kleines Minus, aber kein Denkzettel der Delegierten. Die Stimmung hat sich bei den Liberalen gebessert, seitdem die FDP im Koalitionsausschuss Ende März nach eigener Wahrnehmung viel durchsetzen konnte und zudem die Umfragewerte wieder auf sieben bis acht Prozent gestiegen sind.

Lindner hatte auf dem Parteitag eine eher zahme Rede gehalten. Den größten Applaus gab es, als er die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann lobte, die FDP-Spitzenkandidatin bei der Europawahl werden soll.

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Ansonsten klopfte er die Positionen der Liberalen fest. Er rief die Ampelkoalition zur Sparsamkeit auf. Dies sei notwendig, um die Schuldenbremse einzuhalten und die hohe Inflation zu bekämpfen, sagte der Bundesfinanzminister. „Manches ist vielleicht wünschenswert, aber mindestens gegenwärtig nicht finanzierbar.“

Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Die Verteidigungspolitikerin soll Spitzenkandidatin der FDP bei den Europawahlen werden.

(Foto: IMAGO/Future Image)

Die Etatberatungen in der Bundesregierung seien weiterhin intensiv, umschrieb Lindner den ungewöhnlich langen Haushaltsstreit in der Koalition. Da es seit Wochen keine Einigung gibt, verzichtet der Finanzminister auf die Vorlage von Eckwerten für den Etat 2024. Stattdessen soll nun bis Juni der Haushaltsentwurf ausgehandelt werden.

Insgesamt hatten die Ministerien 70 Milliarden Euro zusätzlich gefordert. Während Lindner für das Verteidigungsministerium mehr Geld geben will, bremst er die Wünsche anderer Ressorts wie des Familienministeriums oder des Auswärtigen Amts. Man müsse auch über Einsparungen sprechen, sagte Lindner. Er hält das auch für notwendig, um die Inflation – „ein zähes Biest“ – in den Griff zu bekommen.

„Jetzt kommt der Bumerang der unsoliden CDU-Finanzpolitik zurück“

Trotz der Sparappelle verzichtete Lindner auf deutliche Kritik an Sozialdemokraten und Grünen. Stattdessen machte er die Union für die schwierige Haushaltslage verantwortlich, weil sie in der Zeit der Niedrigzinsen immer neue Ausgabenprogramme beschlossen habe. „Jetzt kommt der Bumerang der unsoliden CDU-Finanzpolitik zurück“, sagte Lindner.

Steuererhöhungen schloss Lindner aus. Die Staatseinnahmen stiegen im kommenden Jahr voraussichtlich erstmals auf mehr als eine Billion Euro, sagte der Finanzminister. Dennoch reiche das Geld nicht, um bestehende gesetzliche Verpflichtungen zu finanzieren. „Die Politik muss neu lernen, mit dem Geld auszukommen, das die Bürgerinnen und Bürger ihr zur Verfügung stellen.“

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Auch das eine Mahnung an die Koalitionspartner, die Lindner aber ebenfalls mit Kritik an der Union verknüpfte. Der FDP-Vorsitzende kritisierte Überlegungen in der CDU, zur Finanzierung von Entlastungen der Mittelschicht den Steuersatz für Spitzenverdiener zu erhöhen. „Ich wünsche der Union Ideenreichtum, wir werden aber nicht jeder falschen Idee folgen.“

CDU-Steuerplan ist „schwarz-grüne Lockerungsübung“

Auch den Vorschlag einer Erbschaftsteuerreform lehnte Lindner ab. Mehrbelastungen würden die Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen beschädigen. Lindner sieht in den CDU-Plänen „schwarz-grüne Lockerungsübungen“.

Der FDP-Chef ging in seiner Rede die vielen Streitpunkte der Ampelkoalition durch. Das Gebäudeenergiegesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit den Regeln zum Heizungsaustausch sei „noch nicht das, was am Ende vom Bundestag beschlossen werden sollte“.

Wegen des Konflikts um die Kindergrundsicherung verwies Lindner auf die bereits erhöhten Leistungen. Die von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) geforderten zwölf Milliarden Euro zusätzlich will der Finanzminister nicht geben.

Doch trotz der vielen Streitthemen verteidigte Lindner die Ampelkoalition. Schließlich konnten die Liberalen beim letzten Koalitionsausschuss einiges durchsetzen. Trotz des Widerstands der Grünen sollen 144 Autobahnprojekte beschleunigt gebaut werden, „1000 Kilometer“ wie Lindner in seiner Rede vorrechnete.

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Und die strengen Klimaziele für die einzelnen Sektoren wie den Verkehrsbereich will die Ampel entschärfen. Aus Sicht von Lindner vernünftig. Wenn etwa im Industriesektor leichter eine Tonne CO2 eingespart werden könne, dann solle es dort erfolgen. Ansonsten drohten in einigen Jahren „drakonische Eingriffe“. Dann gehe es nicht um ein Tempolimit, sondern um Fahrverbote, sagte Lindner.

Lindner sieht Autobahnblockaden als „physische Gewalt“

Dass die Ampelkoalition für diese Beschlüsse drei Tage lang verhandeln musste, relativierte Lindner mit einem Vergleich zur Großen Koalition. Union und SPD hätten Nächte verhandelt und dann sei die Osterruhe – ein Kurz-Lockdown in der Coronapandemie – vorgeschlagen worden, die sich aber als nicht umsetzbar erwies. „Bei uns lohnt sich das Warten wenigstens“, sagte Lindner.

Statt sich allzu sehr an Grünen und SPD abzuarbeiten, zogen neben der Union auch Klimaaktivisten den Ärger des FDP-Chefs auf sich. Kein noch so edles Motiv könne darüber hinwegtäuschen, dass Autobahnblockaden „physische Gewalt“ seien, sagte er.

Die Forderungen der Gruppe „Letzte Generation“ nach einem Tempolimit und der Fortführung des Neun-Euro-Tickets seien „bescheiden“, da habe Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sehr viel mehr für das Klima getan. Für die „Letzte Generation“ gilt aus Sicht Lindners: „Kleine Ideen, großer Ärger – umgekehrt wäre besser.“

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