Apr 24, 2023
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Öffentlicher Dienst: Nach dem Tarifabschluss: Ruf nach Entlastung für die Kommunen

Written by Jan Hildebrand


Aufforderung von Beschäftigten an Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Auf Bund und Kommunen kommen durch den Tarifabschloss zusätzliche Personalkosten in zweistelliger Milliardenhöhe zu.


(Foto: Reuters)

Berlin Nach dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hat in den Kommunen und beim Bund das Rechnen begonnen. „Der Tarifabschuss für die Bediensteten im Öffentlichen Dienst ist für uns ein großer Kraftakt,“ stellten Mülheims Personaldezernentin Anja Franke und Stadtkämmerer Frank Mendack fest. Es komme zu einer Belastung für den Mülheimer Haushalt in den Jahren 2023 und 2024 in Höhe von rund 20 Millionen Euro.

Mit Blick auf die Kosten sei der Kompromiss sicherlich kritisch, heißt es auch von der Stadt Osnabrück. Man sehe ihn aber „auch als Chance, die Wertschätzung gegenüber unseren Beschäftigten zum Ausdruck zu bringen“.

Der mit rund 17 Milliarden Euro „teuerste Tarifabschluss aller Zeiten“ treffe gerade die Kommunen, die ohnehin unter einer schwierigen Finanzlage litten, hart, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg. „Hier müssen die Kommunen prüfen, inwieweit gegebenenfalls Gebühren zu erhöhen sind, um die steigenden Personalkosten in einzelnen Bereichen aufzufangen.“

Die Gewerkschaften Verdi und Beamtenbund sowie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatten sich in der Nacht zum Sonntag auf einen Tarifkompromiss verständigt.

Demnach erhalten die 2,5 Millionen Beschäftigten bis Februar 2024 schrittweise eine Einmalzahlung von insgesamt 3000 Euro. Ab März werden die Löhne und Gehälter dann pauschal um 200 Euro angehoben und anschließend um 5,5 Prozent erhöht.

Die VKA hatte die Kosten für die Kommunen über die zweijährige Laufzeit auf 17 Milliarden Euro beziffert, wovon etwa vier Milliarden für die Inflationsausgleichsprämie nur einmalig anfallen.

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Wenn jetzt nicht an dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen vor Ort gespart werden solle, seien Bund und Länder in der Pflicht, für eine dauerhaft bessere Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen, sagte Landsberg. „Schließlich kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden.“ Gerade die besonders finanzschwachen Kommunen müssten wohl zudem über eine Erhöhung der kommunalen Steuern diskutieren.

Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, erklärte, Städte und Gemeinden in einer Haushaltsnotlage sähen sich mit höheren Personalausgaben, deutlich gestiegenen Zinsausgaben und zusätzlich höheren Kosten bei den Investitionen konfrontiert. Gelder für „freiwillige“ Aufgaben im Bereich Jugend, Freizeit, Kultur und Sport zu streichen oder zu kürzen könne hier allerdings nicht die Lösung sein.

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Vielmehr müssten die Länder ihre Kommunen finanziell angemessen ausstatten, und der Bund sollte durch eine Regelung der kommunalen Altschulden, also einen Schuldenschnitt, helfen. Dies gehe aber nur mit einer Reform der Verfassung. „Dafür muss sich die Unionsfraktion nach Jahren der Debatte im Bundestag ihrer Verantwortung stellen und die Grundgesetzänderung mitmachen“, forderte Daldrup.

Auch in Mülheim wünscht man sich Entlastung. Zusammen mit den allgemeinen Preissteigerungen, insbesondere im Schulbau, wirke sich der Tarifabschluss deutlich negativ auf die Haushaltsplanung aus, sagt Stadtkämmerer Mendack.

Dazu komme noch der erhebliche Zinsschaden, der dadurch entstanden sei, dass nach wie vor eine Altschuldenlösung von Bund und Land fehlt. „Daher ist es nun eine besondere Herausforderung, eine Haushaltssperre zu vermeiden.“

Allerdings kommen auch auf den Bund selbst hohe Mehrausgaben zu. Innenministerin Faeser bezifferte die Kosten über die 24-monatige Laufzeit auf rund 1,4 Milliarden Euro. Wie es aus Regierungskreisen hieß, soll der Abschluss aber auch auf die Beamtinnen und Beamten des Bundes übertragen werden. Laut Faeser lägen die Kosten so bei knapp fünf Milliarden Euro. Ab 2025 kommen auf den Bund dann jährliche Mehrbelastungen von knapp 3,8 Milliarden Euro zu.

Für Personalmehrausgaben im Zusammenhang mit dem Tarifabschluss sei im Bundeshaushalt 2023 eine Vorsorge in Höhe von knapp 1,7 Milliarden Euro getroffen worden, sagte eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). „Ab dem kommenden Haushaltsjahr 2024 sind die Mehrausgaben in den jeweiligen Einzelplänen der Ressorts zu veranschlagen.“

Über den Haushaltsentwurf 2024 wird derzeit innerhalb der Bundesregierung verhandelt. Die Minister müssen also jeweils zusehen, dass sie die Belastungen durch das Tarifergebnis in ihren Etats berücksichtigen und entsprechend beim Finanzminister geltend machen. Dies betrifft vor allem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wegen der rund 173.000 Soldatinnen und Soldaten und Innenministerin Faeser wegen der 54.000 Frauen und Männer der Bundespolizei.

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