Stockholm Die EU-Kommission hat den umstrittenen Plan für ein Provisionsverbot für Finanzberater fallen gelassen. Finanzkommissarin Mairead McGuinness verkündete am späten Donnerstagnachmittag in einer Rede, dass sie auf ein vollständiges Provisionsverbot vorerst verzichten werde.
„Wir haben denen zugehört, die uns sagen, dass ein vollständiges Provisionsverbot zu diesem Zeitpunkt zu disruptiv sein könnte“, sagte McGuinness auf einer Finanzkonferenz in Stockholm. Man erwäge nun andere Maßnahmen wie mehr Transparenzpflichten.
Die Irin beugt sich damit dem Lobbydruck aus der Finanzbranche und etlichen EU-Regierungen. Die deutschen Branchenverbände etwa hatten gewarnt, dass ein Provisionsverbot allein in Deutschland zehntausende Arbeitsplätze kosten würde und Kleinanlegern eine „Beratungswüste“ drohe. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte mehrfach in Brüssel interveniert und sich für den Status Quo eingesetzt.
McGuinness hat weiter Sympathien für Provisionsverbot
In Deutschland gibt es mehrere hunderttausend Anlageberater. Sie verdienen ihr Geld, indem sie auf jeden verkauften Fonds und jede Versicherungspolice einige Prozent an Vermittlungsgebühr aufschlagen. Diese Provisionen sind im Gesamtpreis enthalten und werden über die gesamte Vertragslaufzeit gestreckt.
Verbraucherschützer fordern seit langem, diese Praxis zu verbieten und durch eine unabhängige Honorarberatung zu ersetzen. Aus ihrer Sicht sind die Provisionen zu intransparent und zu hoch. Das Vorbild sind die Niederlande, die bereits 2014 ein Provisionsverbot eingeführt hatten.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bürgerbewegung Finanzwende hatten große Hoffnungen auf McGuinness gesetzt, weil die Kommissarin stets als Anwältin der Verbraucher aufgetreten war. Nun ist die Enttäuschung umso größer.
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In ihrer Rede ließ McGuinness allerdings keinen Zweifel daran, wo ihre Sympathien liegen. Sie nannte das wichtigste Argument für ein Provisionsverbot, nämlich, dass ein Berater, der auf Provision arbeitet, eigentlich ein Verkäufer ist. Er hat ein eigenes finanzielles Interesse daran, dem Kunden ein möglichst teures Produkt zu verkaufen.
„Kleinanlegern werden selten die günstigsten Produkte angeboten, obwohl diese häufig genauso gut sind wie die teureren“, sagte McGuinness. Auch wüssten die Kunden häufig nicht, wie viel sie für Finanzprodukte bezahlen oder wie man die erhältlichen Produkte vergleiche. Deshalb sei es in diesem Bereich mehr als in jedem anderen nötig, die Interessenskonflikte zu adressieren.
McGuinness: „Kein Freifahrtschein für den Finanzsektor“
Die Kommissarin betonte, dass sie handeln werde. „Auch wenn wir jetzt kein Provisionsverbot vorschlagen, bedeutet das keinen Freifahrtschein für den Finanzsektor“, sagte sie. Manche in der Branche müssten ihr Geschäftsmodell überdenken, damit Verbraucher einen „faireren Deal“ bekämen.
Sie kündigte an, die Vorschriften rund um Provisionen zu verschärfen. „Es sollte eine bessere Auflistung der Kosten geben, damit Verbraucher leichter verschiedene Optionen vergleichen können“, sagte sie. Es müsse mehr Kontrolle durch die Finanzaufsicht geben.
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Auch will sie Provisionen bei „execution only“-Geschäften verbieten, also dann, wenn eine Finanzfirma nur eine Order ausführt, ohne jegliche Beratungsleistung. „Es sollte verschärfte Bestimmungen geben, wann Provisionen gezahlt werden – und wann nicht“, sagte sie.
Die Details will sie in ihrer Kleinanlegerstrategie vorlegen, die bereits mehrfach verschoben wurde. Aktuell ist der 24. Mai für die Vorstellung geplant.
Um die gewünschten Verhaltensänderungen in der Branche zu erreichen, behält McGuinness das vollständige Provisionsverbot in der Hinterhand. Der Gesetzesentwurf werde eine Revisionsklausel enthalten, die ein vollständiges Provisionsverbot zu einem späteren Zeitpunkt erlaubt, sagte sie. Und fügte hinzu: „Falls es nötig sein sollte.“
Mehr: Provisionsverbot – das 14-Milliarden-Euro-Risiko für die Branche.
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