Berlin Außenministerin Annalena Baerbock strebt ein Ziel für den weltweiten Ausbau von Windkraft und Solarenergie an. Das kündigte die Grünen-Politikerin zum Auftakt des „Petersberger Klimadialogs“ am Dienstag in Berlin an.
Die G7-Staaten hätten sich auf solche Ziele bereits verständigt. „Ich setze mich dafür ein, dass wir uns auch auf ein globales Ziel für erneuerbare Energien und Energieeffizienz einigen“, sagte Baerbock weiter.
Der zweitägige Petersberger Klimadialog, den Deutschland seit 13 Jahren jährlich im Frühjahr veranstaltet, gilt als Arbeitskonferenz und wichtige Vorbereitung für die zweiwöchige Klimakonferenz der Vereinten Nationen Ende des Jahres, kurz „COP“ genannt. Anders als bei der COP nehmen am Petersberger Klimadialog aber nur Vertreter aus rund 40 Ländern teil, darunter Industrienationen, Inselstaaten und Schwellenländer. Baerbock bezeichnete sie als diejenigen Staaten, „die wirklich Lösungen finden wollen, die Klimakrise einzudämmen“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird am Mittwoch ebenfalls auf der Konferenz sprechen.
Es gehe bei dem Treffen nicht um den „kleinsten gemeinsamen Nenner“, sondern um Lösungen, die auf den 1,5-Grad-Pfad führten, so die Außenministerin.
Eine Erderwärmung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit gilt als Grenzwert dafür, die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch erträgliches Ausmaß einzudämmen. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich auf diesen Wert geeinigt.
Weltklimarat sieht bisher 1,1 Grad Erderwärmung
Die bisherige Erderwärmung bezifferte der Weltklimarat zuletzt im März auf 1,1 Grad Celsius im Vergleich zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schon das habe zu häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen geführt, so die Wissenschaftler.
>> Lesen Sie hier: Bericht des Weltklimarats – Bis 2040 könnte das 1,5-Grad-Ziel überschritten werden
Beim ersten Petersberger Klimadialog 2010 habe man noch über Szenarien und Prognosen der Klimakrise geredet, so Baerbock. „Heute aber sprechen wir über eine Krise, die da ist, in der Realität, im Hier und Heute, im Jetzt.“ Die Klimakrise sei „die größte Sicherheitsherausforderung unseres Jahrhunderts“. Denn wo die Klimakrise den Menschen die Lebensgrundlage entziehe, verschärfe sie Konflikte und Krisen, die Regionen destabilisieren könnten.
Mehrere Billionen Euro für ärmere Länder notwendig
Nach Baerbocks Einschätzung werden die reichen Länder der Welt ihr langjähriges Versprechen zur finanziellen Unterstützung ärmerer Staaten beim Klimaschutz in diesem Jahr einhalten. „Die gute Nachricht ist: So, wie es jetzt aussieht, sind wir auf einem Weg, dass wir dieses Jahr endlich die Summe von 100 Milliarden US-Dollar erreichen können“, sagte sie. Diese Summe soll künftig jährlich bereitstehen.
Kanzler Scholz hatte beim Petersberger Klimadialog im vergangenen Jahr zugesagt, bis spätestens 2025 Deutschlands Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung auf mindestens sechs Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Laut der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch fehlt in der Haushaltsplanung jedoch ein Wachstumspfad, der sicherstellt, dass dieses Ziel auch erreicht wird.
Auch Jan Kowalzig vom Wohlfahrtsverband Oxfam sagte, um die Zusage der Bundesregierung zu erfüllen, hätten schon seit 2021 die jährlichen Zahlungen schrittweise angehoben werden müssen. Das sei aber nicht passiert.
Baerbock erklärte, für Klimaschutz und die Anpassung an die zunehmende Erderwärmung seien „mehrere Billionen“ nötig. „Öffentliche Mittel allein werden diesen Bedarf nicht abdecken können. Deswegen geht es darum, auch massiv private Mittel zu mobilisieren.“ Deutschland setze sich gemeinsam mit den USA für Reformen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank ein. So müsse Klimafinanzierung zum festen Bestandteil des Geschäftsmodells der Weltbank werden.
Skepsis gegenüber Glaubwürdigkeit der Vereinigten Arabischen Emirate
Die diesjährige Weltklimakonferenz COP28 beginnt Ende November in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Präsident der Konferenz ist Sultan Ahmed al-Dschaber, Industrieminister der VAE und zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, der in Berlin einen entschlossenen Kampf gegen den Klimawandel versprach.
Doch Umweltschützer sind skeptisch, was seine Glaubwürdigkeit angeht. Greenpeace sei „zutiefst beunruhigt“ über die Personalie, sagte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, der Nachrichtenagentur dpa. Kaiser sprach von einem gefährlichen Präzedenzfall und einem beispiellosen Interessenkonflikt. „Das ist so, als ob das Umweltbundesamt vom Chef von VW geleitet würde.“ Die Vereinten Nationen müssten dem einen Riegel vorschieben.
Germanwatch wies darauf hin, dass nicht nur der Ausbau der Erneuerbaren vorangetrieben werden müsse. Es müsse auch weniger Kohle, Öl und Gas verbrannt werden. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollten es den Öl- und Gasländern hingegen erlauben, die Förderung fossiler Energien weiter deutlich auszubauen, wenn das CO2 abgeschieden und unterirdisch gelagert werde, hieß es kritisch. Dies koste sehr viel Energie, und Treibhausgase entstünden dabei trotzdem.
Mehr: Extreme Dürre – Gardasee nur noch zu 43 Prozent gefüllt
<< Den vollständigen Artikel: Petersberger Klimadialog: Baerbock fordert weltweites Ziel für Erneuerbaren-Ausbau >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.