Bangkok Es ist nicht die erste gefährliche Situation für die „BRP Sierra Madre“: Bevor das Schiff in die Kontrolle der philippinischen Marine überging, nutzten die USA es im Zweiten Weltkrieg und im Vietnamkrieg. Heute steht es erneut im Zentrum eines Großkonflikts. Dieses Mal kommt die Bedrohung aus China.
Schauplatz der Auseinandersetzung ist das Atoll Second Thomas Shoal, das sowohl China als auch die Philippinen für sich beanspruchen. Seit Ende der 90er-Jahre dient das Schiff als philippinischer Vorposten im Südchinesischen Meer – ununterbrochen besetzt mit Seeleuten, die gegen Chinas Vormachtstreben Stellung halten. Doch ihre Präsenz auf dem rostigen Schiff stößt auf wachsenden Widerstand aus Peking.
Immer wieder versucht Chinas Küstenwache, die Versorgung der Matrosen zu blockieren. Vor wenigen Tagen kam es in unmittelbarer Nähe der Sierra Madre zu einer gefährlichen Konfrontation: Ein Schiff der chinesischen Küstenwache versuchte, ein philippinisches Patrouillenboot abzudrängen. Eine Kollision konnte nach philippinischen Angaben nur knapp vermieden werden. Der Vorfall spitzt den Konflikt in der Region weiter zu. Die Regierung in Manila wirft China zunehmend aggressives Verhalten vor – und die USA sehen sich zu einer deutlichen Warnung Richtung Peking veranlasst.
Anlässlich eines Besuchs des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos jr. im Weißen Haus bekräftigte US-Präsident Joe Biden am Montag die „eisernen Bündnisverpflichtungen“ der USA gegenüber den Philippinen.
Jeder Angriff auf philippinische Streitkräfte oder Schiffe im Südchinesischen Meer würde die Verteidigungsverpflichtungen der USA auf den Plan rufen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Staatsoberhäupter.
Bereits am Wochenende hatte das US-Außenministerium China angesichts der Beinahekollision aufgefordert, sein „provokatives und unsicheres Verhalten“ in der Region einzustellen. China beansprucht fast das komplette Südchinesische Meer, durch das Waren im Wert von mehr als fünf Billionen Dollar im Jahr transportiert werden, und befindet sich darüber mit mehreren südostasiatischen Ländern im Konflikt. Mit zunehmender militärischer Präsenz, unter anderem auf künstlichen Inseln, versucht die Regierung in Peking die Region vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Dabei sind Chinas Gebietsansprüche wenig überzeugend: Second Thomas Shoal liegt beispielsweise 1300 Kilometer entfernt vom chinesischen Festland – und nur 200 Kilometer vor der philippinischen Küste. Der Ständige Schiedshof in Den Haag stellte sich in dem Streit bereits 2016 klar hinter die Position der Philippinen.
Philippinen nähern sich wieder an die USA an
Der damalige philippinische Präsident Rodrigo Duterte verfolgte jedoch einen Pro-China-Kurs und verzichtete darauf, mithilfe des Schiedsspruchs Druck auf die Regierung in Peking zu machen. Sein Nachfolger Marcos jr., Sohn des früheren philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, geht nun aber den gegenteiligen Weg: Er will Chinas Vorrücken in der Region klar zurückweisen und sucht dabei die Nähe der USA.
Die Region, in der sich die Philippinen befinden, stehe im Zeichen der wohl derzeit kompliziertesten geopolitischen Situation der Welt, sagte Marcos bei seinem Treffen mit Biden. Dieser versicherte, bei der Modernisierung des philippinischen Militärs helfen zu wollen – unter anderem sollen Patrouillenboote und militärische Transportflieger an die Philippinen geliefert werden, wie das Weiße Haus bekannt gab.
Die USA sehen in der außenpolitischen Neuausrichtung der Philippinen unter Marcos die Chance, sich einem alten Verbündeten wieder anzunähern, und erhoffen sich im Konflikt mit China dadurch wichtige strategische Vorteile. Einen bedeutenden Schritt gingen die beiden Länder bereits im Februar, als die Regierung in Manila den US-Truppen den Zugang zu vier weiteren Militärbasen genehmigte – trotz lautstarker Proteste Chinas.
USA setzen auf strategisch bedeutsame Lage der Philippinen
Bislang hatte das US-Militär Zugang zu fünf philippinischen Stützpunkten. Die USA können mit der Einigung nun auch Soldaten im Norden der Hauptinsel Luzon unterbringen – nur 400 Kilometer entfernt von der Südküste Taiwans. Die USA bekommen damit die Möglichkeit, bei einer Eskalation des Konflikts von den Philippinen aus schnell Truppen in das Gebiet zu entsenden.
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Ganz wohl fühlt sich die Regierung in Manila mit der Situation aber nicht. Auch der Amerika-freundliche Präsident Marcos will sein Land nicht zu Chinas Feind machen und fürchtet, in den Konflikt der Großmächte hineingezogen zu werden. Den Streit um Taiwan bezeichnete er kürzlich als „sehr, sehr besorgniserregend“ für sein Land. Er warnte: Sollte es zu einer Auseinandersetzung in dieser Frage kommen, könne er sich kaum ein Szenario vorstellen, „in dem die Philippinen nicht irgendwie involviert werden“.
US-Präsident Biden gibt sich unterdessen betont zuversichtlich mit Blick auf die Philippinen als Bündnispartner. „Wir stehen vor neuen Herausforderungen“, sagte im Weißen Haus zu Marcos und fügte hinzu: „Ich könnte mir keinen besseren Partner als Sie vorstellen.“
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