Der CDU-Politiker sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Finanzierung der Kosten für Geflüchtete.
(Foto: IMAGO/Political-Moments)
Berlin Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, die Finanzierung der Flüchtlingskosten durch den Bund künftig an der Zahl der Neuankömmlinge auszurichten. „Der Bund muss zu einer sogenannten Spitzabrechnung zurückkehren, das heißt: Statt mit einer Pauschalsumme für die Länder wird wieder pro Kopf abgerechnet“, sagte Rhein dem Handelsblatt.
Je mehr Flüchtlinge kämen, desto mehr Geld gebe es. „Ein solch atmendes System ist nötig, um auf stark steigende Flüchtlingszahlen entsprechend reagieren zu können“, betonte Rhein. Der CDU-Politiker sieht dringenden Handlungsbedarf. „Die Kommunen brauchen dringend mehr Geld vom Bund für die Unterbringung, aber auch ein klares Bekenntnis, dass die Grenzen ihrer Belastbarkeit erkannt und anerkannt werden“, sagte er.
Die Bundesregierung hat weitere finanzielle Unterstützung bisher mit Hinweis auf die Verantwortung der Bundesländer abgelehnt. Am Mittwoch trifft Kanzler Olaf Scholz (SPD) die 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten im Kanzleramt. Hintergrund sind die deutlich gestiegenen Zahlen ankommender Migranten und Flüchtlinge in den vergangenen Monaten.
In einem internen Papier verweist die Bundesregierung darauf, dass der Bund bereits im vergangenen Jahr den Großteil der Kosten für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, Flüchtlinge und Migranten übernommen habe und dies auch 2023 ohnehin wieder tun werde – obwohl die Versorgung eigentlich zum erheblichen Teil Angelegenheit der Länder sei.
Die Gesamtkosten für den Bund lägen im Jahr 2023 bei rund 15,6 Milliarden Euro. Zusätzlich entlaste der Bund die Kommunen dauerhaft mit vier Milliarden Euro bei den Kosten für Unterkunft. Die Bundesregierung wirft den Ländern vor, teilweise Geld nicht an Kommunen weiterzuleiten und nicht dafür zu sorgen, dass alle Ausländerämter digitalisiert sind, weshalb sich die Bearbeitungszeiten von Asylanträgen deutlich verzögerten.
Brandenburgs Ministerpräsident Woidke will Liste sicherer Herkunftsländer ausweiten
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert einen „Neustart in der Migrationspolitik“. Viele Kommunen seien bei Unterbringung, Integration oder Schaffung von Kita- und Schulplätzen „längst an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Handelsblatt. Daher müsse man zu einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen kommen.
In einem internen Papier verweist die Bundesregierung darauf, dass der Bund bereits im vergangenen Jahr den Großteil der Kosten für Geflüchtete aus der Ukraine übernommen habe.
Zu den notwendigen Maßnahmen gehören aus Landsbergs Sicht eine gerechte Flüchtlingsverteilung in Deutschland und Europa, ein besserer Schutz der Außengrenzen der EU sowie die konsequente Rückführung ausreisepflichtiger Personen. „Außerdem muss der Druck auf die Herkunftsländer, die ihre ausreisepflichtigen Staatsbürger nicht zurücknehmen wollen, erhöht werden“, mahnte der Städtebundchef.
Landsberg verlangte außerdem eine „deutliche Ausweitung“ des Katalogs der „sicheren Herkunftsländer“. Bei solchen Ländern wird angenommen, dass es in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ermöglichen.
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, forderte vom Bund, Georgien, Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer einzustufen. „An dieser Stelle muss es endlich konsequent vorangehen“, sagte Sager dem Handelsblatt. „Zugleich müssen Bund und Länder bei Rückführungen ausreisepflichtiger Ausländer effektiver vorgehen und dürfen das Thema nicht auf die lange Bank schieben oder kleinreden.“ Der Bund könne mehr leisten, etwa bei der Beschaffung von Pässen.
Auch die Länderchefs mahnten Bewegung in der Frage der sicheren Herkunftsstaaten an. Es müsse nun über „veraltete und nicht mehr in die Zeit passende Positionen“ neu diskutiert werden, sagte Hessens Regierungschef Rhein.
Die Länder und die Kommunen in dieser Frage allein zu lassen in der aktuellen Situation, halte er für gefährlich. „Das kann dazu führen, dass sich die radikalen Kräfte dieses Themas bemächtigen werden“, warnte der CDU-Politiker. Daher sei es unumgänglich, die Migration zu steuern und zu begrenzen.
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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke fordert hier ebenfalls ein Umdenken. Er werde seinen Koalitionspartnern CDU und Grünen erneut vorschlagen, die Liste sicherer Herkunftsländer auszuweiten. „Irgendwann müssen Debatten auch beendet werden“, sagte Woidke dem Handelsblatt.
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