Berlin Die Bundesregierung verschiebt das geplante zentrale Digitalisierungsbudget. Daran üben die Innovationsberater der Bundesregierung nun massive Kritik.
„Damit rückt die von der Ampel versprochene Digitalpolitik aus einem Guss in weite Ferne“, schreibt die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) in einem noch unveröffentlichten Papier anlässlich der Verabschiedung des Bundeshaushalts. Dieses liegt dem Handelsblatt vor.
Ein eigener Geldtopf für die Digitalisierung war im Koalitionsvertrag versprochen worden. Damit sollte mehr Geld für Digitalprojekte zur Verfügung stehen als bisher. Doch jetzt ist klar, dass das Budget frühestens 2024 kommen wird.
Damit fehle für die dringenden Digitalisierungsvorhaben „der nötige Wumms“, kritisieren die Berater rund um den EFI-Vorsitzenden Uwe Cantner. Sie hatten im Vorfeld massiv auf ein zentrales Budget und damit ein koordiniertes Vorgehen der Ministerien gepocht.
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Entsprechend harsch fällt die Kritik aus: „Das schwächt die Innovation, weil diese heute untrennbar mit Digitalisierung verbunden sind“, schreibt die EFI. Die Folge sei, dass Deutschland weiter vor allem hinter die asiatische Konkurrenz zurückfallen werde. „Uns läuft bei der Digitalisierung die Zeit davon.“
Digital-Vergleich mit Südkorea, den USA oder Japan wäre „niederschmetternd“
Die Regierung habe selbst darauf hingewiesen, dass Deutschland nach dem europäischen Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) nur auf Platz 13 in der EU liegt. „Ein internationaler Vergleich mit Ländern wie Südkorea, USA oder Japan sähe wohl noch niederschmetternder aus.“
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Die Innovationsexperten sorgen sich um die Umsetzung der im August verabschiedeten Digitalstrategie der Bundesregierung. Darin hatte die Ampel ihre digitalpolitischen Ziele skizziert. Doch das Papier war von Experten als ambitionslos kritisiert worden.
Nach Ansicht der EFI ist derzeit fraglich, ob diese Ziele ohne zusätzliches Budget überhaupt umgesetzt werden können. Denn da die Digitalstrategie lediglich die Zeit bis zur Wahl 2025 abdecke und das Digitalbudget nicht vor 2024 komme, „wäre mindestens ein Wunder nötig, um der Digitalisierung in Deutschland in dieser Legislaturperiode noch zum Durchbruch zu verhelfen“. Für die Umsetzung der Digitalstrategie fehlten nun nicht nur die notwendigen Mittel, sondern auch „das dringend benötigte Signal zum Aufbruch“.
Nach Informationen des Handelsblatts waren die Ministerien angehalten, für ihre in der Digitalstrategie vorgestellten Projekte bereits eine hausinterne Finanzierung organisiert zu haben. So könnten bestehende und nicht abgerufene Gelder umgewidmet werden, hieß es aus Kreisen des Digitalministeriums unter Volker Wissing (FDP).
Kritik an unklaren Zuständigkeiten zwischen Ministerien
Die EFI kritisiert diesen Ansatz: Natürlich können die einzelnen Ministerien ihre digitalen Projekte unabhängig voneinander angehen. Damit werde aber „das zentrale Problem der deutschen Digitalpolitik, die fragmentierte Zuständigkeit zwischen den Ministerien, weiterhin nicht gelöst“.
Neben dem Wettbewerbsnachteil für den Standort Deutschland verhindere das auch massive Kostensenkungen, die eine stringente Digitalisierung bereits in den nächsten Jahren ermöglichen könne.
Die EFI hatte wiederholt gewarnt, dass Deutschlands Innovationskraft international schon jetzt vergleichsweise gering sei. So habe Deutschland bei der Robotik und bei der Künstlichen Intelligenz entscheidende Neuentwicklungen verschlafen.
Auch bei anderen digitalen Schlüsseltechnologien sei ein „klug gesteuerter Aufholprozess“ nötig, um nicht weiter zurückzufallen. „Die Exportnation Deutschland riskiert, nicht mehr nur die internationale Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen zu verlieren, sondern zunehmend auch ihre technologische Souveränität“, warnt die EFI.
Der Verzicht auf das Digitalbudget sei daher nicht nur „zukunftsgefährdend“, sondern sende zudem ein fatales Signal: Im Inland und im Ausland „verfestigt sich der Eindruck, dass Digitalisierung in Deutschland ein nachgeordnetes Projekt ist, das man getrost auf unbestimmte Zeit verschieben kann“.
Um die Digitalisierung doch noch voranzubringen, fordern die Innovationsexperten nicht nur eine bessere Finanzierung, sondern auch eine organisatorische Umstrukturierung der Zuständigkeiten und ein Digitalministerium, „das diesen Namen verdient“.
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<< Den vollständigen Artikel: Bundeshaushalt: „Uns läuft die Zeit davon“: Experten kritisieren Verschiebung des Digitalbudgets >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.