Berlin Leiharbeitnehmer dürfen bei der Bezahlung tariflich schlechtergestellt werden als die Stammbelegschaft im Entleihbetrieb. Diese Praxis hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Mittwoch bestätigt.
Geklagt hatte eine Leiharbeitnehmerin aus Bayern. Sie erhielt Anfang 2017 beim Entleihbetrieb, einem Einzelhändler, als Kommissioniererin im Auslieferungslager 9,23 brutto pro Stunde. Diese Vergütung entsprach dem Tarifvertrag, den der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) mit den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) geschlossen hatte.
Die Klägerin fühlte sich benachteiligt, weil Stammbeschäftigte für die gleiche Tätigkeit nach dem Tarifvertrag des bayerischen Einzelhandels im Streitzeitraum 13,64 Euro brutto pro Stunde verdient hätten. Sie sah darin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der EU-Leiharbeitsrichtlinie.
Allerdings sieht die Richtlinie die Möglichkeit vor, dass per Tarifvertrag vom Equal-Pay-Grundsatz abgewichen werden darf, wenn der „Gesamtschutz“ der Leiharbeitnehmer gewährleistet ist.
Das Bundesarbeitsgericht hatte im Dezember 2020 zunächst den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Auslegung der Richtlinie ersucht. Die Luxemburger Richter entschieden im Dezember vergangenen Jahres, dass Leiharbeitnehmer schlechter bezahlt werden dürfen, wenn diese Ungleichbehandlung im Tarifvertrag ausgeglichen wird – etwa durch zusätzliche Freizeit.
Dienstleister begrüßen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Auf Basis dieser Entscheidung wies das Bundesarbeitsgericht die Klage der bayerischen Leiharbeitnehmerin nun endgültig ab – so wie auch schon die Vorinstanzen. Die Klägerin erhalte einen Ausgleich für die niedrigere Bezahlung, weil sie auch für Zeiten, in denen sie nicht in einem Entleihbetrieb tätig sei, ihren Lohn vom Leiharbeitsunternehmen erhalte, argumentierten die Erfurter Richter.
Diese Vergütung einsatzfreier Zeiten sei in Deutschland staatlich geregelt und müsse deshalb auch nicht tariflich festgeschrieben werden.
Die Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ), in der sich der iGZ und der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) zusammengeschlossen haben, begrüßte das Urteil: „Wir setzen nach wie vor auf eine vertrauensvolle Sozialpartnerschaft mit den DGB-Gewerkschaften und stehen auch weiterhin für die Tarifautonomie“, sagte VGZ-Verhandlungsführer Sven Kramer.
Seit 20 Jahren habe man auf dieser Basis regelmäßig gemeinsam Tarifwerke vereinbart und weiterentwickelt, in denen stets die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt wurden. „Das soll auch so bleiben“, betonte Kramer.
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„Der befürchtete Donnerhall des BAG ist – trotz aller Unkenrufe – ausgeblieben“, kommentierte Alexander Bissels, Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Wirtschaftskanzlei CMS, das Urteil. Die Tarifverträge für die Zeitarbeit genügten den Anforderungen des EuGH und könnten folglich auch zukünftig als Rechtsgrundlage dienen, um zulässigerweise vom Gleichstellungsgrundsatz abzuweichen, sagte Bissels.
Dies gelte, wie im Fall der bayerischen Klägerin, auch für Beschäftigte, die nur befristet in der Leiharbeit tätig seien.
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