Wiesbaden Die kräftige Anhebung des Mindestlohns hat den Niedriglohnsektor in Deutschland deutlich schrumpfen lassen. Durch die Erhöhung im vergangenen Oktober auf zwölf Euro je Stunde zählen 1,5 Millionen Jobs weniger dazu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.
Knapp jeder siebte abhängig Beschäftigte (15 Prozent) arbeitete im Oktober 2022 im Niedriglohnsektor. „Hierunter fallen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes entlohnt werden“, erklärten die Statistiker. Zwar liegt die Niedriglohnschwelle – unter die noch rund 6,1 Millionen Jobs fallen – mit 12,76 Euro brutto je Stunde über dem Mindestlohn. Durch dessen Erhöhung wurden von den Arbeitgebern jedoch oftmals auch die nächsthöheren Gehaltsstufen angehoben, wodurch die 1,5 Millionen Jobs nun mehr als den Schwellenwert verdienen.
Der Anteil der niedrig entlohnten Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen sank damit innerhalb eines halben Jahres von 19 auf 15 Prozent. Besonders stark war der Rückgang in den Branchen „Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen“ (von 40 auf 20 Prozent), im Gastgewerbe (von 63 auf 50 Prozent) sowie in der Land- und Forstwirtschaft und Fischerei (von 56 auf 45 Prozent). „Dennoch ist der Anteil an Jobs im Niedriglohnbereich in diesen Branchen weiterhin sehr hoch“, so die Statistiker.
Rund 5,8 Millionen Jobs profitierten von der Anhebung des Mindestlohns. Damit lagen 14,8 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse vor der Erhöhung im Oktober 2022 rechnerisch unterhalb des Stundenlohns von 12 Euro. Werden diese Jobs mit dem Mindestlohn vergütet, entspricht dies einer Steigerung der Verdienstsumme für die betroffenen Beschäftigten um 9,6 Prozent oder rund 480 Millionen Euro.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte für 2024 eine deutliche Mindestlohnerhöhung an. Er begründete das mit der hohen Inflation und ordentlichen Tariferhöhungen, die sich bei der Festlegung des Mindestlohns niederschlagen würden.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert plädierte für eine Anhebung des auf über 13 Euro. Der gesetzliche Mindestlohn wird von einer Kommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften festgelegt. Im vorigen Jahr hatte die Ampel-Koalition die Lohnuntergrenze ausnahmsweise per Gesetz auf zwölf Euro gehoben und damit Verärgerung der Kommission ausgelöst. Den nächsten Erhöhungsschritt soll die Kommission bis zum 30. Juni mit Wirkung ab 1. Januar 2024 vorschlagen. Sie orientiert sich dabei an der Inflation und an der Entwicklung der Tariflöhne.
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