Berlin Eine große Mehrheit der Glasfasernetzbetreiber in Deutschland will potenziellen Kunden auch Mobilfunk nach dem neuesten Standard 5G anbieten. Doch derartige Bundle-Produkte zu schaffen, scheint alles andere als einfach zu sein.
Norbert Westfal, Präsident des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko) und Chef des Oldenburger Telekommunikationsunternehmens EWEtel, macht dafür die „Abschottungspraxis der Mobilfunknetzbetreiber“ Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica verantwortlich.
Dass diese ihre Netze den Glasfaseranbietern nicht zu denselben Konditionen vermieten wie ihren eigenen Vertriebssparten, schade nicht nur dem Angebot und der Qualität im Mobilfunk, sondern habe auch „erhebliche negative Auswirkungen für Unternehmen, die in Deutschland Glasfasernetze ausbauen“, sagte Westfal dem Handelsblatt.
Sein Verband stützt sich auf eine in Auftrag gegebene Studie. Darin wurden auch 132 Glasfasernetzbetreiber, allesamt Breko-Mitglieder, befragt. Die große Mehrheit hält Mobilfunkvorleistungen wie Telefon- und Internetangebote für ihre Kunden für zwingend, „um auf gleicher Augenhöhe im Wettbewerb bestehen und ihre eigenen Investitionen refinanzieren zu können“, heißt es in der Studie, die dem Handelsblatt vorliegt.
Schließlich würden die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Festnetz- wie auch Mobilfunkprodukte im Paket anbieten. Entsprechend solle die Bundesnetzagentur die Netzbetreiber verpflichten, ihre Netze für Dritte zu öffnen und zu den Konditionen zu vermieten wie für den eigenen Vertrieb. Nur so sei Wettbewerb möglich. Wichtig sei ebenso, dass ein vierter Anbieter dauerhaft auf dem Mobilfunkmarkt für mehr Wettbewerb sorge. Co-Auftraggeber der Studie war der neue Mobilfunknetzbetreiber 1&1, der derzeit versucht, ein Netz aufzubauen.
Unternehmen fordern strenge Auflagen bei der nächsten Frequenzauktion
Die Forderung kommt zu einer Zeit, da die Bundesnetzagentur mit der Branche und der Politik verhandelt, zu welchen Konditionen sie die 2025 auslaufenden Mobilfunkfrequenzen neu vergeben wird. Bei der letzten Auktion hatte die Agentur darauf verzichtet, den erfolgreichen Bietern aufzuerlegen, anderen Diensteanbietern das Netz zur Verfügung zu stellen. Zuvor war dies der Fall gewesen und hatte dazu geführt, dass vor allem 1&1 und Freenet sich als alternative Anbieter zu den Netzbetreibern etablieren konnten.
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Die Netzagentur verweist darauf, dass jedes Unternehmen mit den Netzbetreibern über den Netzzugang verhandeln könne und dass sie im Streitfall schlichte. Bisher seien aber keine Streitfälle bei der Agentur anhängig. Laut Breko-Gutachten hingegen hat mehr als die Hälfte der für das Gutachten befragten Glasfasernetzbetreiber Interesse daran, Mobilfunkvorleistungen zuzukaufen. Die bisherigen Verhandlungen seien von den Unternehmen aber „deutlich negativ bewertet“ worden.
So seien die etablierten Mobilfunknetzbetreiber „kaum bereit, adäquate Angebote zu machen“. Vielmehr bezögen sie sich meist nur auf die LTE-Technologie (4G). „Wettbewerber ohne eigenes Mobilfunknetz sind deshalb normalerweise nicht in der Lage, eigene 5G-basierte Endkundendienste anzubieten“, resümieren die Gutachter.
Eine große Mehrheit der Glasfasernetzbetreiber in Deutschland will potenziellen Kunden auch Mobilfunk nach dem neuesten Standard 5G anbieten.
„Die Angebote waren unterirdisch“, berichtete auch Ralph Dommermuth, Chef von United Internet mit der bekannten Tochter 1&1, Anfang der Woche in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Verhandlungen mit den Mobilfunknetzbetreibern. Das Unternehmen hatte 2019 Frequenzen ersteigert und müht sich seither, ein flächendeckendes Netz aufzubauen. Ab September darf es zudem das Netz von Telefónica mitnutzen (nationales Roaming) und kann trotz des eigenen rudimentären Netzes bundesweit anbieten. Allerdings darf 1&1 nur das LTE-Netz mitnutzen, nicht das 5G-Netz.
Dommermuth hat daher bei der Bundesnetzagentur nationales Roaming für die 5G-Netze aller drei Mobilfunkanbieter beantragt. „Seit der jüngsten Novelle des Telekommunikationsgesetzes kann sie Roaming zur Förderung des Wettbewerbs und der 5G-Versorgung in der Fläche anordnen“, hatte Dommermuth den Vorstoß im Handelsblatt begründet. Die Behörde solle „nun im Sinne der Kunden“ Gebrauch von dieser Möglichkeit machen, forderte Dommermuth. Die Netzagentur wollte keine Angaben zum laufenden Verfahren machen.
1&1 hat derzeit große Probleme, seinen Verpflichtungen als neuer Netzbetreiber nachzukommen. Das Unternehmen hätte bis Ende des Jahres 1000 Mobilfunkmasten aufstellen müssen. Zuletzt waren es 20. Dommermuth sieht die Mobilfunkmasttochter der Vodafone, Vantage Towers, in der Pflicht. Sie habe die Verträge nicht eingehalten.
Netzagentur will die Qualität des Wettbewerbs bewerten
Der United Internet-Chef hat das Bundeskartellamt eingeschaltet, das ein Verfahren eingeleitet hat. Zugleich klagt er, die anderen Netzbetreiber wollten ihn wieder aus dem Markt drängen mit dem Hinweis, dass er zu wenig Masten aufgebaut habe.
Die Netzagentur will die Qualität des Wettbewerbs auf dem Markt in den kommenden Monaten bewerten. Je nach Ergebnis werde entschieden, ob die Netzbetreiber Auflagen erhalten, etwa die Pflicht, ihre Netze für Dritte zu öffnen. Als „positiv zu verzeichnen“ sei, dass mit 1&1 ein vierter Netzbetreiber existiere. Auch gebe es „mehrere Dutzend Mobilfunkmarken“, die Mobilfunkdienstleistungen anböten.
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Die Breko-Studie indes verweist darauf, dass es nur den „Anschein“ von Wettbewerb gebe. So seien Discounter nur Vertriebspartner zwischen Endkunden und Netzbetreibern. Umso wichtiger sei ein vierter Netzbetreiber, der für Wettbewerb sorge, im Aufbau das 5G-Netz der Konkurrenz mitnutzen dürfe sowie eine Pflicht für alle Betreiber, ihre Netze für Dritte zu öffnen.
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<< Den vollständigen Artikel: Mobilfunk: Glasfaseranbieter gehen auf Konfrontation zu Mobilfunkern >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.