Jun 21, 2023
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Diplomatie: Ärger um deutsch-chinesische Regierungskonsultationen

Written by pinmin

Berlin Gleich auf der Titelseite der „Renmin Ribao“, dem Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, prangte am Mittwoch das Foto, auf das die chinesische Führung in den vergangenen Monaten hingearbeitet hatte: 26 chinesische und deutsche Ministerinnen und Minister vereint auf einer Treppe im Kanzleramt – im Hintergrund 19 deutsche, europäische und chinesische Flaggen.

Die siebten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin seien „effizient und pragmatisch gewesen und haben zu fruchtbaren Ergebnissen geführt“, wird Chinas Premierminister Li Qiang zitiert. Und auch mehrere der vielen positiven Sätze, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag öffentlich sagte, gab das Propagandablatt wieder, etwa, dass der Mechanismus der Regierungskonsultationen die „besondere Bedeutung der deutsch-chinesischen Beziehungen“ widerspiegele. Für China waren die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin demnach ein voller Erfolg.

Das Fazit in Deutschland, wo die Beratungen ebenfalls genau beobachtet wurden, fällt jedoch deutlich nüchterner aus als auf chinesischer Seite. „Die wirtschaftliche Ebene hat nach wie vor eine starke Betonung gefunden, andere Botschaften gehen darin unter“, sagt Janka Oertel, Direktorin des Asienprogramms beim Thinktank European Council on Foreign Relations. Berlin mache sich zumindest in der Außenwirkung unnötig klein, so Oertel.

Auch innerhalb der deutschen Ministerien gab es unzufriedene Stimmen. Das lag aber weniger an den Gesprächen selbst. Diese, so hieß es übereinstimmend von teilnehmenden Personen, seien durchaus kritisch gewesen. Doch durch die Art, wie die Konsultationen in der Öffentlichkeit durch das Kanzleramt dargestellt wurden, ging die kritische Haltung Berlins vielen zu sehr unter.

Dabei hatte es zumindest einen greifbaren Erfolg gegeben: Die Vertreter der Bundesregierung rangen den Chinesen beim Klimadialog Zugeständnisse ab, die es so vorher nicht gegeben hatte. Neben dem Wirtschaftsministerium vereinbarte das Umweltministerium mit seinem chinesischen Pendant eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Umwelt, Klimawandel und nachhaltige Entwicklung.

Erfolge kaum öffentlich kommuniziert

Auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze nutzte laut dem Ministerium die Gelegenheit, Chinas Rolle als größter bilateraler staatlicher Kreditgeber vieler Entwicklungsländer kritisch anzusprechen. Eine engagierte Umsetzung von Schuldenrestrukturierungen im Rahmen des hierfür eingerichteten gemeinsamen Rahmenwerks der G20 sei notwendig, hieß es. Das Forschungsministerium betonte seinerseits laut eigenen Angaben „die schwieriger werdenden Rahmenbedingungen für Wissenschaftskooperation“

Li Qiang und Olaf Scholz

China verlangte, dass bei der Pressebegegnung keine Fragen zugelassen werden.

(Foto: IMAGO/Future Image)

Doch zu diesen kleinen Erfolgen wurde zum Unmut der Ministerien öffentlich kaum kommuniziert – sie selbst mussten die Federführung dabei auf Wunsch des Kanzleramtes weitgehend Scholz überlassen.

Für besonderes Unverständnis beim Koalitionspartner sorgte, dass bei der Pressebegegnung von Li Qiang und dem Bundeskanzler auf Druck der chinesischen Führung Journalisten keine Fragen stellen durften. „Dass bei einer solchen wichtigen Pressekonferenz keine Fragen zugelassen werden sollen, ist ein No-Go“, kritisierte Gyde Jensen, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion. Scholz habe sich für einen „einseitigen Schmusekurs gegenüber China entschieden“, sagte der Grüne-Außenpolitiker im EU-Parlament Reinhard Bütikofer.

Auch aus der Opposition kam Kritik. „Wenn zur neuen Chinastrategie Deutschlands gehört, dass wir jetzt vor chinesischen Forderungen einknicken und die Pressefreiheit im eigenen Land einschränken, dann gute Nacht“, schrieb CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen auf Twitter. Scholz habe einen schweren Fehler begangen, sagte Michael Brand, menschenrechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er habe Deutschland damit „vor der ganzen freien Welt blamiert, nur um chinesischen Diktatoren die Nerven zu schonen“.

Markus Söder empfängt Li Qiang

Ein Sprecher des Kanzleramtes verteidigte die Entscheidung am Mittwoch: „Die chinesische Seite hat sehr klar gesagt, dass sie nicht bereit sei, Fragen zu beantworten und stattdessen gar keine Pressebegegnung eher vorziehen würde.“ Man habe bis zuletzt verhandelt und sei dann „schweren Herzens“ diesen Weg gegangen. Man halte eine solche Situation aber für „falsch“, die Alternative wäre jedoch gewesen, dass Scholz allein vor die Presse gehe.

>> Lesen Sie auch: Die Beratungen mit China sind aus der Zeit gefallen

Bevor Chinas Premierminister Li Qiang nach Frankreich weiterreist, machte er noch einen Zwischenstopp in Bayern, wo er von dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) opulent empfangen wurde. Fotos zeigen eine große Tafel mit zahlreichen Gästen in einem barocken Saal. Auch ein Besuch bei Siemens und BMW, beides Unternehmen mit wichtigem Chinageschäft, folgte am Mittwoch.

Der Besuch sei dem geschuldet, dass Bayern „das wirtschaftlich stärkste Land in Deutschland ist“, begründete Söder den ungewöhnlichen Besuch und verwies auf langjährige und enge Kooperationen zwischen Bayern und China, darunter Partnerschaften mit drei chinesischen Provinzen.

Unter Berufung auf Regierungskreise berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass die Initiative für den Zwischenstopp in München von der chinesischen Seite ausgegangen sei. Söder sprach sich gegen eine Entkopplung der Volkswirtschaften aus. Das sei schädlich für Branchen wie die Auto- oder die Chemieindustrie. Es gehe um die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Mehr: Europäische Firmen beklagen schlechtes Geschäftsumfeld in China



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