Athen Griechenlands bisheriger konservativer Premierminister Kyriakos Mitsotakis hat bei der Parlamentswahl am Sonntag ein klares Mandat für eine zweite Amtszeit bekommen. Er will nun das Reformtempo beschleunigen. Dagegen setzte sich die Talfahrt des radikalen Linksbündnisses Syriza von Alexis Tsipras fort. Überraschungserfolge erzielten drei ultrarechte Splitterparteien.
Am Montag legte Mitsotakis im Beisein von Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou seinen Amtseid als neuer Regierungschef ab. Mit 40,6 Prozent der abgegebenen Stimmen hatte seine konservative Nea Dimokratia (ND) die Wahl am Sonntag klar gewonnen. Sie erhält 158 der 300 Sitze im neuen Parlament.
Nach dem neuen Wahlrecht erhält die jeweils stärkste Partei einen Bonus von bis zu 50 der 300 Parlamentssitze. Mitsotakis, der das Land bereits seit dem Sommer 2019 regierte, kann mit dieser absoluten Mehrheit seine Einparteienregierung fortsetzen.
Vor jubelnden Anhängern sprach Mitsotakis am Sonntagabend von einem „starken Mandat der Wähler, um schneller den Kurs der großen Veränderungen zu beschreiten, die dieses Land braucht“. Er fühle sich nach diesem Wahlergebnis „persönlich noch stärker verpflichtet, dem Land mit all meinen Fähigkeiten zu dienen“.
Der Harvard-Absolvent und frühere Investmentbanker Mitsotakis kommt aus einer der ältesten Politikerdynastien des Landes. Die Linie der Familie reicht zurück bis zum liberalen Staatsmann Eleftherios Venizelos (1864-1936), der als bedeutendster Politiker des modernen Griechenlands gilt. Mitsotakis‘ Vater war in den 1990er-Jahren Ministerpräsident, seine Schwester war Außenministerin, sein Neffe ist Bürgermeister von Athen.
Der wiedergewählte Premier will nun keine Zeit verlieren. „Morgen krempeln wir die Ärmel hoch“, sagte er am Wahlabend. Bereits an diesem Dienstag soll das neue Kabinett vereidigt werden, um am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung zusammenzukommen. Mitsotakis will mit Strukturreformen das Wachstum fördern und Investitionen erleichtern.
Steuersenkungen und neuer Mindestlohn
Davon verspricht er sich neue und besser bezahlte Arbeitsplätze. Der staatlich festgelegte Mindestlohn soll von 780 auf 950 Euro steigen. Zu den Aufgaben, die Mitsotakis in den nächsten vier Jahren angehen will, gehören auch eine Modernisierung des staatlichen Gesundheitswesens sowie eine Justizreform, um die Rechtsprechung zu beschleunigen. Der Premier versprach weitere Steuersenkungen, will aber zugleich den Kampf gegen die in Griechenland grassierende Steuerhinterziehung forcieren.
Zu den unmittelbaren Zielen der neuen Regierung gehört Griechenlands Rückkehr in den Kreis der investitionswürdigen Schuldner. Diesen Status hatte das Land Anfang 2010 zu Beginn der Schuldenkrise verloren. Analysten erwarten, dass nach diesem Wahlausgang mindestens drei große Ratingagenturen Griechenland bis zum Jahresende zum begehrten Investmentgrade heraufstufen.
Mitsotakis profitierte bei dieser Wahl vor allem von den wirtschaftlichen Erfolgen seiner ersten Amtszeit. Im vergangenen Jahr wuchs die griechische Wirtschaft um 5,9 Prozent, 2021 waren es sogar 8,3 Prozent. Für dieses Jahr erwartet die Regierung ein Plus von 2,3 Prozent.
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Auch außenpolitisch hat das Land unter Mitsotakis an Statur gewonnen. Während die Türkei in der Nato wegen ihrer russlandfreundlichen Politik zunehmend kritisch gesehen wird, wächst Griechenlands Bedeutung als politisch stabiler Sicherheitspartner in Südosteuropa.
Endet die politische Karriere von Tsipras?
Es war die zweite Parlamentswahl in Griechenland innerhalb von fünf Wochen. Bereits beim ersten Durchgang Mitte Mai hatte die ND knapp 41 Prozent erreicht, wegen eines anderen Wahlrechts aber die absolute Mehrheit im Parlament knapp verfehlt. Weil keine Regierungsbildung möglich war, musste jetzt erneut gewählt werden.
Während Mitsotakis sein Wahlergebnis vom Mai halten konnte, setzte sich für das radikal-linke Bündnis Syriza und seinen Vorsitzenden Alexis Tsipras die Talfahrt fort. Syriza fiel von 20 Prozent vor fünf Wochen unter 18 Prozent zurück. Tsipras, der das Land von 2015 bis 2019 regierte und auf eine Rückkehr an die Macht gehofft hatte, sprach von einer „schweren Niederlage“. Für ihn geht es um seine politische Zukunft. Es war für Tsipras bereits die fünfte verlorene Wahl seit 2019.
Während die konservative ND nun die politische Bühne dominiert, setzte sich bei der Linken und am rechten Rand des politischen Spektrums die Zersplitterung fort. Drittstärkste Partei wurde mit zwölf Prozent die sozialdemokratische Pasok, gefolgt von der Kommunistischen Partei mit 7,7 Prozent.
Einen Überraschungserfolg erzielte mit 4,7 Prozent und zwölf Abgeordneten die rechtsextremistische Partei Spartaner, eine Nachfolgeorganisation der 2020 verbotenen Neonazipartei Goldene Morgenröte. Insgesamt entfallen auf rechtsextreme und ultrareligiöse Parteien 13 Prozent und 34 Mandate im neuen Parlament.
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Erstpublikation: 26.06.2023, 18:40 Uhr.
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