Berlin Der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, warnt die Bundesregierung vor der Einführung eines Industriestrompreises. „Der Industriestrompreis ist ein Fehler. Wir sollten das Geld nicht in die energieintensive Industrie stecken, sie wird auf Dauer ohnehin verschwinden“, sagte Schularick der „Rheinischen Post“ (Samstag). „Deutschland wird auch mit Industriestrompreis kein Land mit günstiger Energie. Auch grünen Strom können andere Länder günstiger herstellen.“
Die Forderungen der Chemieindustrie hält der IfW-Chef für übertrieben: „Es geht nicht um Millionen Jobs, das Lamento der Chemieindustrie verzerrt das Bild. Die energieintensiven Industrien machen gerade mal drei Prozent des Sozialprodukts aus“, sagte Schularick. Auch für die Autoindustrie sieht der Ökonom nach eigenen Angaben keinen Hilfsbedarf: „Gäbe es keine Teslas, würden die deutschen Konzerne noch immer den Verbrennermotor optimieren. Die Autobauer haben den Fortschritt verschlafen“, sagte Schularick. „Ich empfehle der Wirtschaft mehr Risikofreude.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat einen staatlich subventionierten, geringeren Industriestrompreis vorgeschlagen. Langfristig soll die Industrie von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. Weil Maßnahmen dazu aber Zeit brauchen, soll es in einer Zwischenphase bis 2030 einen „Brückenstrompreis“ geben von 6 Cent pro Kilowattstunde – für einen „klar definierten Empfängerkreis“, wie es in einem Papier heißt. Die 16 Bundesländer hatten zuletzt vom Bund einstimmig die schnelle Einführung eines günstigen Industriestrompreises gefordert. Die FDP ist aber dagegen.
Auch die geplante Förderung von Verbrauchern für den Kauf einer klimaneutralen Heizung hält der IfW-Chef für übertrieben: „Der Bundesregierung geht es darum, die Bevölkerung beim Klimaschutz nicht ganz zu verlieren. Doch ökonomisch sind solche Subventionen schwer zu rechtfertigen“, betonte er. „Immobilienbesitzer sind nicht die erste Gruppe, um die wir uns angesichts des Immobilienbooms des letzten Jahrzehnts sorgen müssen.“
„Brauchen eine Million Migranten“
Außerdem wird Deutschland Schularick zufolge mehr Zuwanderung für die Bewältigung des Fachkräftemangels brauchen. „Unser größter Wettbewerbsnachteil sind nicht Unternehmenssteuern, sondern Fachkräftemangel und Demografie. Wir brauchen eine Million Migranten“, sagte Moritz Schularick der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vorab. Dafür müsse es eine entsprechende Offenheit im Land geben, dies erfordere Mut zum Wandel. Außerdem müsse man die frühkindliche Erziehung ausbauen, um Mütter im Arbeitsmarkt zu halten. „Wenn wir beides schaffen, bin ich optimistisch für den Standort“, so der IfW-Chef. Schularick begab sich damit mit der Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, auf eine Linie. Diese hält sogar 1,5 Millionen Zuwanderer pro Jahr für erforderlich.
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