Auch wenn es an der Rechnung immer wieder Kritik gibt: Dass Deutschland ein Hochsteuerland ist, das bestreitet auch die Bundesregierung nicht. „In Deutschland fällt die Steuer- und Abgabenbelastung auf Arbeitseinkommen in einer OECD-weiten Betrachtung hoch aus“, schreibt das Finanzministerium in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion. Bei einem Einpersonenhaushalt mit einem Durchschnittseinkommen gebe es demnach die zweithöchste Abgabenbelastung aller verglichenen Industrieländer.
Und auch Unternehmen müssen vergleichsweise hohe Steuern zahlen. Die Bundesregierung verweist auf eine OECD-Statistik, nach der Deutschland mit einer Belastung von 29,8 Prozent in der Spitzengruppe liegt. Nur Japan und Malta haben demnach eine stärkere Belastung. „Die im internationalen Vergleich hohe Unternehmensteuerbelastung hat Auswirkung auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit“, schreibt Finanzstaatssekretärin Katja Hessel (FDP).
Steuersenkungen könnten deshalb aus Sicht der Bundesregierung positive Effekte haben. Das gelte sowohl für Entlastungen von Bürgern wie auch Unternehmen. Eine sinkende Abgabenbelastung könne „die Investitionstätigkeit und die Innovationskraft der Unternehmen stärken“, heißt es in der Antwort. „Aufseiten der Bürgerinnen und Bürger erhöht eine sinkende Abgabenbelastung die Nettolöhne und schafft Anreize zur Beschäftigungsaufnahme oder auch zur Verschiebung des Ruhestands.“
Konkrete Ankündigungen zu Steuerentlastungen will die Bundesregierung in ihrer Antwort allerdings nicht machen. Stattdessen gibt es allgemeine Bekenntnisse: „Ziel der Bundesregierung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland insgesamt zu stärken.“ Dazu zählen insbesondere auch die steuerlichen Rahmenbedingungen.
„Es herrscht steuerpolitischer Stillstand“
Finanzminister Christian Lindner (FDP) will im Sommer steuerliche Verbesserungen für Unternehmen vorstellen. Dazu gehören eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung und die Einführung einer Investitionsprämie. Wirtschaftsverbände erwarten allerdings kein großes Entlastungspaket. Schließlich ist die Haushaltslage angespannt. Und Sozialdemokraten und Grüne fordern eher Steuererhöhungen als Entlastungen.
Die Opposition übt deshalb Kritik. „Es herrscht steuerpolitischer Stillstand“, sagt der CDU-Finanzpolitiker Fritz Güntzler, der die parlamentarische Anfrage mit gestellt hat. „Dabei brauchen wir dringend Entlastung: Bei den Unternehmen für einen wirtschaftlichen Aufschwung, bei den Bürgern, damit diese unter der hohen Abgabenlast wieder aufatmen können.“
Wenn schon keine Senkung der Unternehmensteuern möglich ist, hofft das Finanzministerium den Wettbewerbsdruck durch die Einführung einer globalen Mindeststeuer zu mildern. Dadurch würden der Steuerwettbewerb beendet, die Steuerbasis in Deutschland geschützt und die relative Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen gestärkt, heißt es in dem Schreiben von Finanzstaatssekretärin Hessel. Deutschland plane die nationale Anwendung ab dem 31. Dezember 2023.
Globale Mindeststeuer: hoher Aufwand, wenig Einnahmen
Allerdings rechnet Lindner nicht mit hohen Mehreinnahmen aus der globalen Mindeststeuer, wie aus einem Gesetzentwurf hervorgeht. Mittelfristig erwartet das Finanzministerium Einnahmen von 200 Millionen Euro pro Jahr. Nach der Einführung wird die Summe zunächst noch deutlich höher sein. Im Jahr 2026 sollen die Einnahmen eine Milliarde Euro betragen. In den Folgejahren sinkt die Summe immer weiter auf 800 Millionen (2027) und 600 Millionen (2028).
>> Lesen Sie mehr: Globale Mindeststeuer rechnet sich für Lindner kaum
Gleichzeitig werden in Deutschland mit Einführung der Mindeststeuer andere Steuerregeln angepasst. Dies führt beim Fiskus zu Mindereinnahmen, vor allem bei der Gewerbesteuer. Dadurch wird die Mindeststeuer für den deutschen Staat unter dem Strich keine Zusatzeinnahmen bringen, sondern laut der Prognose im Gesetzentwurf für 115 Millionen Euro weniger pro Jahr sorgen.
Nur in den ersten Jahren nach der Einführung rechnet das Finanzministerium mit signifikanten Mehreinnahmen. Im Jahr 2026 bleiben unterm Strich immerhin 910 Millionen Euro zusätzlich, ein Jahr später sind es noch 535 Millionen und 2027 noch 285 Millionen Euro.
Auf die Unternehmen kommt durch die globale Mindeststeuer bürokratischer Aufwand zu. Das Finanzministerium beziffert den Erfüllungsaufwand für die Unternehmen mit 40,6 Millionen Euro jährlich. Hinzu kommt ein einmaliger Aufwand für die Einführung neuer Prozessabläufe bei den Steuererklärungen von 322,6 Millionen Euro.
>> Lesen Sie hier: Mit diesen vier Maßnahmen lässt sich das Steuersystem vereinfachen
„Die Mindestbesteuerung soll nach Meinung der Regierung ein Teil der Standortverbesserung sein“, moniert CDU-Finanzpolitiker Güntzler. „Dabei wird diese einen gigantischen Zuwachs an Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Der Zuwachs an Steueraufkommen: effektiv gleich null.“
Im Sommer 2021 hatten 138 Staaten vereinbart, die globale Mindeststeuer von 15 Prozent einzuführen. Betroffen sind Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Mit der Mindeststeuer soll sichergestellt werden, dass die Konzerne nicht länger mit Gewinnverschiebungen in Steueroasen ihre Zahlungen kräftig senken können.
Mehr: Bürger mit diesem Einkommen finanzieren den halben Staat
<< Den vollständigen Artikel: Steuern und Abgaben: Bundesregierung sieht Deutschland als Hochsteuerland >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.