Jul 20, 2023
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Nordkorea: Mit Kim am Tisch – Japans Premier plant diplomatisches Husarenstück

Written by Martin Kölling


Nordkoreas Diktator Kim

Kommt es zu einem Treffen mit dem japanischen Premier Kishida?


(Foto: dpa)

Tokio Nordkoreas Führer Kim Jong Un lässt Gesprächsangebote der USA und Südkoreas in der Regel zurückweisen. Nun jedoch deutet alles darauf hin, dass der US-Verbündete Japan mit einer einsamen Initiative doch noch einen diplomatischen Durchbruch erzielen könnte. Nach aktuellen japanischen Medienberichten arbeitet Regierungschef Fumio Kishida daran, Kim an den Verhandlungstisch zu bekommen. Es wäre das erste bilaterale Gipfeltreffen seit 21 Jahren.

Kishida hätte gleich zwei Gründe für eine solche Initiative:

  1. Nordkorea wird mit seinen Raketentests derzeit zunehmend zu einer realen Bedrohung.
  2. Japans Premier sucht nach einem außenpolitischen Erfolg, um seine sinkenden Popularitätswerte im eigenen Land zu steigern.

Nach Ansicht von Kim Soo, Nordkoreaexpertin des US-Thinktanks Rand Corporation, hätte Kishida mit einem solchen Gespräch ein Alleinstellungsmerkmal: „Weder die USA noch Südkorea und Nordkorea scheinen Appetit auf ein Gipfeltreffen zu haben.“

Nordkoreas Diktator ist zwar bisher eher durch lautes Säbelrasseln als durch moderate diplomatische Töne aufgefallen, doch nach Ansicht von politischen Beobachtern könnte Kim tatsächlich ein Interesse an einer Wiederbelebung der Beziehungen zu Japan haben.

Denn bisher muss Machthaber Kim Jong Un hilflos zusehen, wie sich in Asien die Kräfteverhältnisse zugunsten der Vereinigten Staaten verschieben. So nähern sich die US-Verbündeten Südkorea und Japan an, um gemeinsam mit den USA ein starkes Gegengewicht zu Russland, China und Nordkorea zu bilden.

Nach Medienberichten von Donnerstag wollen die USA nun sogar mit ihren beiden asiatischen Verbündeten Japan und Südkorea zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen. US-Präsident Joe Biden wolle Kishida und den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol am 18. August in Camp David nahe Washington treffen, berichteten südkoreanische und japanische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf Regierungskreise.

Fumio Kishida

Der japanische Ministerpräsident sucht nach außenpolitischen Erfolgen, um seine Popularitätswerte in Japan zu stärken.

(Foto: AP)

Bei dem Treffen dürfte es unter anderem um Nordkoreas wiederholte Raketenabschüsse gehen. Nordkorea hatte erst am Mittwoch wieder zwei ballistische Raketen abgefeuert, nachdem ein US-amerikanisches Atom-U-Boot in Südkorea eingetroffen war. Kurz vor Nordkoreas Raketenabschuss hatte ein US-Soldat unerlaubt die innerkoreanische Grenze nach Nordkorea überquert und wurde dort wohl festgenommen.

>> Lesen Sie hier: US-Soldat übertritt Grenze nach Nordkorea und wird offenbar festgenommen

UN-Beschlüsse untersagen dem international isolierten Nordkorea die Tests von ballistischen Raketen jeglicher Reichweite. Solche Raketen können – je nach Bauart – auch mit einem Atomsprengkopf bestückt werden.

Obwohl die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel zuletzt wieder deutlich zugenommen haben, sendet Nordkorea neuerdings Signale aus, die als Zeichen der Gesprächsbereitschaft interpretiert werden könnten. Als Nordkorea etwa im Mai unter Verletzung von UN-Sanktionen einen militärischen Satelliten ins All schoss, informierte das Land – anders als bei früheren Raketenstarts – die japanische Küstenwache, wie es die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) vorsieht. Zudem signalisierte Nordkoreas Vizeaußenminister Pak Sang Gil am selben Tag, das Regime werde die Gesprächsbereitschaft Kishidas ausloten.

Grenze zu Nordkorea

Im Grenzort Panmunjom finden Konsultationen zwischen dem UN-Kommando und Nordkorea statt. Die Grenze zwischen Nord- und Südkorea verläuft in der Mitte der blauen Baracken, die als Treffpunkt dienen. 

(Foto: action press)

Atsuhito Isozaki, Professor an der japanischen Keio-Universität, thematisierte in einem Fachmagazin die offenere Haltung Nordkoreas. „Es ist bemerkenswert, wie sanft der Ton der nordkoreanischen Erklärung zum Satellitenstart war.“ Tastsächlich beschimpfte die nordkoreanische Propaganda Kishida nicht, wie sonst üblich, sondern nannte ihn korrekt mit Titel und Namen. Das sind durchaus neue Töne.

Warum Experten nicht an eine Denuklearisierung glauben

Politische Beobachter vermuten strategisches Kalkül hinter der neuen Zurückhaltung Pjöngjangs. Das Regime wolle mit dem Gesprächsangebot an Japan die noch schwache Allianz zwischen den USA und seinen beiden ostasiatischen Verbündeten spalten.

Doch auch wenn der Tonfall Richtung Japan derzeit eher gemäßigt ist: Kaum jemand erwartet in absehbarer Zeit einen Durchbruch bei der Denuklearisierung Nordkoreas. „Der Zug ist abgefahren“, urteilt der Koreaexperte James Matray, Historiker an der California State University Chico. „Es gibt keine Chance, dass Nordkorea seine nuklearen Fähigkeiten im Gegenzug für irgendwelche Zugeständnisse der USA aufgibt.“

Auch Sicherheitsexpertin Kim Soo ist überzeugt, dass Nordkorea sein Atomwaffenprogramm weiter vorantreiben wird. „Das Atomwaffenprogramm hat für Kim weiterhin Vorrang vor allen anderen Prioritäten.“

Nordkoreas Machthaber Kim sehe Atomwaffen als probates Mittel, die USA oder Südkorea abzuschrecken. Dem Westen unterstellt Pjöngjang immer wieder, das kommunistische Regime stürzen zu wollen.

Auch die jüngste Machtdemonstration Nordkoreas lässt darauf schließen, dass Kim sich auch künftig nicht zum sanften Diplomaten entwickeln wird.

Mehr: „Natoisierung Asiens“ erbost China – Was Japan und Südkorea in Vilnius erreicht haben



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