Bangkok Mit einem Wahlsieg ohne Gegner bereitet Kambodschas Langzeitherrscher Hun Sen nach fast vier Jahrzehnten an der Macht den Generationswechsel vor. Womöglich bereits in wenigen Wochen soll sein Sohn, Hun Manet, die Führung des südostasiatischen Landes übernehmen.
Ein Neuanfang unter dem 45-jährigen Ökonomen mit Generalsrang bietet Beobachtern zufolge die Chance einer Wiederannäherung an den Westen, nachdem Kambodscha zuletzt immer tiefer in den Einflussbereich Chinas geraten war. Doch die massiven Demokratiedefizite bleiben eine enorme Hürde.
So verurteilten die USA die Parlamentswahl vom Sonntag als „weder frei noch fair“ und kündigten neue Sanktionen an. Der 70-jährige autoritäre Machthaber Hun Sen hatte dafür gesorgt, dass es seine Regierungspartei CPP bei der Abstimmung mit keiner ernst zu nehmenden Konkurrenz zu tun hatte: Seit Jahren geht er hart gegen Oppositionelle vor, die zum Teil im Gefängnis landeten oder ins Exil flüchten mussten. Die einzige Partei, die dem Regime noch etwas entgegenzusetzen hatte, die sogenannte Candlelight Party, war wegen eines angeblichen Formfehlers nicht zur Wahl zugelassen worden.
Der Wahlsieg von Hun Sen, der 1985 an die Macht kam und inzwischen einer der am längsten dienenden Regierungschefs der Welt ist, stand damit bereits fest, bevor auch nur eine einzige Stimme abgegeben wurde. Wenig überraschend reklamierte die CPP am Montag für sich, fast alle der 125 Parlamentssitze gewonnen zu haben. Von einem „Erdrutschsieg“ war in der Parteizentrale in Phnom Penh die Rede.
Premierministersohn Hun Manet dankte den Wählerinnen und Wählern, die „für die Partei, die sie lieben“, gestimmt hätten. Unerwähnt ließ er, dass Hunderttausende trotz angedrohter Strafen aus Protest ungültige Wahlzettel abgegeben hatten.
Kritik an der Wahl
Ein Zusammenschluss von südostasiatischen Menschenrechtspolitikern kritisierte die Wahl als Farce. „Die internationale Gemeinschaft darf nicht in die Falle tappen, diese Inszenierung zu legitimieren“, forderte die indonesische Abgeordnete und Vertreterin der Organisation ASEAN Parliamentarians for Human Rights, Eva Kusuma Sundari.
Die US-Regierung teilte als Reaktion auf die Abstimmung mit, einzelne Hilfsprogramme für Kambodscha einzufrieren und Visa-Sperren gegen Personen zu verhängen, die Kambodschas Demokratie untergraben.
Ein möglicher Neustart der Beziehungen zwischen dem Regime in Phnom Penh und dem Westen unter dem designierten künftigen Premier Hun Manet ist damit massiv vorbelastet. Vor allem dessen biografische Nähe zu Amerika und Europa weckte Hoffnungen auf bessere Beziehungen: Hun Manet besuchte die US-Militärakademie West Point, wo er als erster Kambodschaner einen Abschluss machte.
Später studierte er Wirtschaftswissenschaften an der New York University und machte seinen Ökonomie-Doktor an der University of Bristol in Großbritannien. „Es besteht seit Langem die Vorstellung, dass Hun Manet dem Westen freundlicher gesinnt sein wird als sein Vater“, kommentierte Charles Dunst, Forscher an der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies.
Machtübergabe in wenigen Wochen möglich
Einen exakten Zeitplan für die Machtübergabe an ihn ließ Hun Sen lange offen. Vergangene Woche sagte er jedoch, dass Hun Manet bereits „in drei oder vier Wochen“ neuer Premierminister werden könne – vorausgesetzt, dass dieser bereit dafür sei.
Die Ankündigung machte der Regierungschef in einem Interview mit einem chinesischen Staatssender. Das dürfte kein Zufall gewesen sein: Die Regierung in Peking hatte Hun Sens Regime in den vergangenen Jahren massiv gestützt, um sich Einfluss in Südostasien zu sichern. Vom Wohlwollen Chinas wird deshalb auch Hun Manet abhängig sein, der sich an der Seite seines Vaters zu Beginn des Jahres bei dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping persönlich vorstellte.
Xis Finanzhilfen boten der Regierung in Phnom Penh zuletzt die einzige wesentliche Gelegenheit, der Bevölkerung Signale eines wirtschaftlichen Aufschwungs zu geben, nachdem sich der Westen von dem Land abgewandt hatte.
So entzog die EU 2020 Kambodscha den zollfreien Marktzugang wegen Menschenrechtsverstößen. Aus Peking gab es hingegen weiter Geld: Als jüngstes Projekt konnte Hun Sen im Juni den Baubeginn einer neuen 135 Kilometer langen Autobahn zelebrieren, für die China 1,3 Milliarden Dollar bereitstellt.
Die Schnellstraße sei „eine weitere Frucht der Zusammenarbeit“ von Kambodscha mit der Volksrepublik, lobte der Machthaber. Insgesamt stand China im vergangenen Jahr für rund 90 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Kambodscha, das mit seinen rund 17 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern Südostasiens zählt.
Hun Sen revanchierte sich für die Investitionen mit einem chinafreundlichen Abstimmungsverhalten im südostasiatischen Staatenbund Asean – etwa wenn es um Territorialkonflikte im Südchinesischen Meer ging.
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Außerdem arbeitet er mit China beim Ausbau eines Tiefseehafens an Kambodschas Küste zusammen, der aus Sicht der USA eine geheime chinesische Militärbasis enthalten soll.
Der Menschenrechtsaktivist und Leiter der kambodschanischen Denkfabrik Future Forum, Ou Virak, glaubt angesichts der engen Verflechtungen nicht an eine wesentliche Änderung des geopolitischen Kurses: „China ist immer noch Kambodschas wichtigster Unterstützer“, sagt er. Und diesen Unterstützer zu verprellen könne sich die Regierung in Phnom Penh nicht leisten.
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