Berlin Die Bundesregierung hat am Mittwoch Sparvorhaben auf den Weg gebracht, für die Gesetzesänderungen erforderlich sind. Dies soll für den Bundeshaushalt 2024 sicherstellen, dass die Schuldenbremse eingehalten werden kann, wenngleich die Einsparungen über das Jahr hinaus gelten. Sie sehen unter anderem Kürzungen beim Elterngeld sowie bei den Bundeszuschüssen zur Renten- und Pflegeversicherung vor.
Zugleich beschert der Gesetzentwurf höhere Einnahmen für den Klima- und Transformationsfonds: Die CO2-Abgabe beim Tanken und Heizen steigt 2024 und 2025. Zudem wird für den Klimafonds der Verwendungszweck erweitert, damit Milliardenhilfen in die Bahn-Infrastruktur und die Halbleiter-Produktion fließen können.
Kurzfristig gestrichen wurde aus dem Entwurf das Vorhaben, eine jährliche Erfüllung der Nato-Quote für Verteidigungsausgaben erstmals gesetzlich zu verankern.
Elterngeld: Die Einkommensgrenze, bis zu der Anspruch auf Elterngeld besteht, wird für Alleinerziehende sowie für Paare auf einheitlich 150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen verringert. Bisher liegen die Grenzen bei 250.000 und 300.000 Euro.
Laut Familienministerium fallen damit ab 2024 etwa 50.000 Alleinerziehende und Paare ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von etwa 174.000 bis 180.000 Euro aus dem Elterngeld. Bis 2026 wachse die Zahl nach Schätzungen auf etwa 60.000.
Dadurch sollen im nächsten Jahr 150 Millionen Euro, im Jahr 2025 400 Millionen Euro und danach jährlich 500 Millionen Euro gespart werden. Im Etat von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sind für 2024 knapp acht Milliarden Euro für das Elterngeld vorgesehen. Das ist der weitaus größte Einzelposten in dem Ministerium.
Rente: Bei der jährlichen Berechnung der Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung werden für die Jahre 2024 bis 2027 jeweils 600 Millionen Euro weniger angesetzt, als es sich nach geltendem Recht ergeben würde. Bei einer jährlichen Zahlung von etwa 100 Milliarden Euro vom Bund an die Rentenkasse erscheint dies wenig.
Doch die Rentenversicherung warnt, zusammen mit vorangegangenen Kürzungen fehlten jährlich 1,1 Milliarden Euro. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung könne dadurch schneller steigen als erwartet. Im Gesetzentwurf heißt es, für 2027 ergebe sich aus der Kürzung ein um 0,1 Prozentpunkte höherer Beitrag. Da die Zahlungen des Bundes auch an den Beitragssatz gekoppelt sind, steigen die Bundeszahlungen dann und verringern somit die Etatentlastung auf 170 Millionen Euro von jetzt 600 Millionen Euro
Pflege: Bei Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fällt von 2024 bis 2027 der erst 2022 eingeführte Zuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich weg. Der AOK-Bundesverband warf der Ampel-Koalition einen Wortbruch vor beim Versprechen, die Pflegeversicherung auf lange Sicht stabil zu finanzieren.
Jobcenter: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den Bundesetat ab 2025 um 900 Millionen Euro entlasten, indem er Aufgaben von den steuerfinanzierten Jobcentern auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) verschiebt. Die Behörde wird von Beiträgen der Beschäftigten und der Arbeitgeber getragen. Junge Menschen bis 25 Jahre, die Bürgergeld beziehen und damit bei den Jobcentern angesiedelt sind, sollen Leistungen zur Ausbildungs- und Arbeitsförderung von den Arbeitsagenturen erhalten. Damit werde eine „Doppelspurigkeit“ beseitigt, weil alle erwerbsfähigen jungen Leuten gleich behandelt würden.
Digitalisierung: Das einst zur Verteilung von Einnahmen aus Mobilfunklizenzen eingeführte Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ wird zum 30. März 2024 aufgelöst. Das vorhandene Vermögen wird in den Bundeshaushalt 2024 überführt. Gleichzeitig werden Ausgaben aus dem Sondervermögen auf den Bundesetat übertragen. Für den Haushalt bleibt unter dem Strich ein Plus von etwa 1,5 Milliarden Euro für das kommende Jahr.
Klima- und Transformationsfonds (KTF): Die Mittel des Milliardenfonds dürfen künftig auch „zur Förderung der Mikroelektronik, (und) zur Finanzierung der Schienenwege des Bundes“ verwendet werden. Investitionen in Schienenwege seien ein Beitrag zur CO2-Neutralität des Verkehrs. Und Mikroelektronik sei unverzichtbare Grundlage für die Transformation. Das Geld ist auch bereits vorgesehen im KTF-Wirtschaftsplan, der vorige Woche vorgelegt wurde.
Die Deutsche Bahn soll daraus bis 2027 insgesamt 12,5 Milliarden Euro erhalten. Und geplante Halbleiter-Fabriken wie etwa von Intel in Magdeburg oder TSMC in Dresden sollen Finanzhilfen in Milliardenhöhe erhalten.
CO2-Preis: Der beim Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen fällige CO2-Preis soll 2024 um zehn Euro auf 40 Euro pro CO2-Tonne und 2025 auf 50 Euro steigen. Die Mehreinnahmen werden im Gesetzentwurf auf jeweils etwa 1,3 Milliarden Euro beziffert. Das Geld fließt in den Klimafonds.
Nato-Quote: Eigentlich sollte erstmals die politische Absicht gesetzlich verankert werden, jedes Jahr mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Dieses Ziel sollte „ab 2024 jährlich“ gelten und nicht mehr nur „im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren“, hieß es im Entwurf. Unmittelbar vor der Sitzung des Kabinetts wurde diese Formulierung aber aus dem Gesetzentwurf gestrichen, wie eine Regierungsvertreterin sagte. Begründet wurde dies mit Vorbehalten aus dem Auswärtigen Amt.
Zeitplan: Über den gesamten Bundeshaushalt entscheidet der Bundestag erst zum Abschluss der Haushaltswoche am 1. Dezember. Bis dahin sind zahlreiche Änderungen im Etatentwurf und womöglich auch bei den Sparvorhaben zu erwarten, zumal im Herbst eine neue Steuerschätzung auf der Grundlage dann angepasster Annahmen für die wirtschaftliche Entwicklung 2024 ansteht.
Der am 5. Juli vom Kabinett beschlossene Etatentwurf für 2024 sieht vor, dass das zweite Jahr in Folge die Schuldenbremse wieder eingehalten wird. Den Spielraum für die zulässige Neuverschuldung will Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit knapp 16,6 Milliarden Euro aber voll ausschöpfen.
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