Dec 4, 2022
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Entlastungen: Die Energiepreisbremsen sind auf der Zielgeraden – aber es bestehen noch diverse Mängel

Written by Klaus Stratmann


Biogasanlage

Die Bundesregierung will auch bei den erneuerbaren Energien Zufallsgewinne abschöpfen, um die Strompreisbremse zu finanzieren.


(Foto: IMAGO/Jochen Tack)

Berlin Die Strom- und die Gaspreisbremse wurden mit heißer Nadel gestrickt. Aus den Einwänden verschiedener Interessengruppen ergibt sich eine lange Mängelliste. Einige Änderungswünsche stoßen in den Regierungsfraktionen auf Verständnis. Oft geht es um Ungenauigkeiten, die gravierende Folgen haben können. Ein Überblick – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Kein Vorteil durch vermiedene Netzentgelte

Der Gesetzentwurf zur Einführung der Strompreisbremse enthält weit hinten eine Regelung, die bei den Betreibern von Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) helle Aufregung ausgelöst hat. Bisher profitieren die überwiegend kleinen, dezentralen KWK-Anlagen von „vermiedenen Netzentgelten“: Da der KWK-Strom direkt vor Ort verbraucht wird, belastet er nur das örtliche Netz, nicht die übergeordneten Netzebenen. Dafür erhalten die Anlagenbetreiber eine Zahlung vom Netzbetreiber: die vermiedenen Netzentgelte – also eine Art Belohnung dafür, dass sie das Stromnetz geringfügig in Anspruch nehmen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) will diese seit Jahren umstrittene Regelung nun komplett kippen. Nach BMWK-Angaben hat das Privileg den Anbietern bislang – betrachtet über alle Anlagen – eine Kostenersparnis von einer Milliarde Euro pro Jahr gebracht hat. Für einzelne Anlagen kann es schnell um einen Millionenbetrag pro Jahr gehen. KWK-Anlagen kombinieren die Produktion von Strom und Wärme. Sie sind besonders effizient.

Insbesondere die Stadtwerke, die nach Branchenangaben 4500 solcher Anlagen betreiben, fühlen sich überrumpelt. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), bezeichnete den Plan des Ministeriums als „kurzfristig und willkürlich“. Die geplante Streichung „förmlich aus dem Nichts“ sei ein eklatanter Vertrauensbruch, der für Fassungslosigkeit sorge. Auch andere Akteure kritisieren das Vorhaben, darunter der Deutsche Städtetag und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

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In der Koalition ist die Kritik angekommen. „Der Vorschlag ist eine Katastrophe für das Investitionsklima. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und keine Hauruckaktionen“, sagte Markus Hümpfer (SPD), Mitglied des Ausschusses für Klimaschutz und Energie des Bundestages, dem Handelsblatt.

Heizkraftwerk in München

Mit Kraft-Wärme-Kopplung betriebene Anlagen erzielen eine höhere Energieeffizienz.


(Foto: mauritius images)

Erlösabschöpfung bei Biogasanlagen

Die Bundesregierung will bei bestimmten Stromerzeugungsarten Zufallsgewinne abschöpfen und so die Strompreisbremse finanzieren. Betroffen ist auch die Erneuerbaren-Branche: Ob Windrad oder Photovoltaikanlage – alle sollen ab einer bestimmten Obergrenze 90 Prozent der Erlöse abgeben.

Für die Betreiber von Biogasanlagen soll die Regelung ebenfalls gelten. Die Branche hält das für einen fatalen Fehler. Anders als bei Windrädern oder Photovoltaikanlagen haben sich die laufenden Kosten der Betreiber drastisch erhöht. Während Wind und Sonne keine Rechnung schreiben, müssen die Biogasanlagenbetreiber zum Beispiel für ihre Energiepflanzen bezahlen – und zwar immer mehr.

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Die Branche moniert zudem, dass mit der Erlösabschöpfung in der geplanten Höhe für Biogasanlagen zukünftig keinerlei Anreiz mehr bestehe, flexibel und bedarfsgerecht zu produzieren. SPD-Politiker Hümpfer sieht das ähnlich. Die Umsetzung des bisherigen Vorschlags „würde alle Anstrengungen der Bundesregierung zur Sicherung der Energieversorgung lahmlegen“.

Erlöse von Biogasanlagen abzuschöpfen sei „der Todesstoß für viele Anlagen“, erklärte er. Die SPD fordere daher, für Biogasanlagen die Grenze, ab der Mehrerlöse abgeschöpft werden sollen, zu erhöhen.

Keine Gaspreisbremse für LNG

Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Gaspreisbremse sieht vor, dass die Entlastungen für die Verbraucher von leitungsgebundenem Erdgas gelten. Es gibt aber Unternehmen, die für ihre Prozesse verflüssigtes Erdgas (LNG) einsetzen, das beispielsweise per Lkw angeliefert wird. Nach jetzigem Stand des Gesetzentwurfs gehen diese Gasverbraucher leer aus.

Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, LNG statt leitungsgebundenes Erdgas zu verwenden. So kann es etwa sein, dass keine Erdgasleitung in der Nähe liegt. Joachim von Menges, Geschäftsführer des Tiernahrungsherstellers Dr. Alder’s, hofft, dass der Ausschluss von LNG-Verbrauchern nur ein Versehen ist und der Gesetzgeber nachjustiert. Anderenfalls wäre die Belastung für sein Unternehmen existenziell bedrohlich.

Mehr: So geht der Bau der LNG-Terminals voran



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Politik

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