Berlin, Karlsruhe SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat bestätigt, dass sein Name auf einer bei Reichsbürgern gefundenen Liste stand. Das Bundeskriminalamt habe ihn am Mittwoch informiert, sagte Kühnert zu Reuters.
Zuvor hatte die „Tageszeitung“ berichtet, dass die am Mittwoch festgenommenen Personen offenbar mit Feindeslisten operierten. Auf einer Liste hätten sich 18 Namen befunden, darunter Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), SPD-Chefin Saskia Esken, Kühnert sowie der CDU-Politiker Armin Laschet.
Bei bundesweiten Durchsuchungen waren am Mittwoch 25 Personen als Mitglieder oder Unterstützer einer mutmaßlich terroristischen Vereinigung festgenommen worden. Sie sollen einen politischen Umsturz und einen bewaffneten Überfall auf den Bundestag geplant haben.
Zu Forderungen einer verschärften Sicherheitsprüfung für Beschäftigte etwa bei der Polizei verwies eine Sprecherin des Innenministeriums darauf, dass es bereits heute für alle neu eingestellten Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes eine einfache Sicherheitsüberprüfung gebe.
Die Bundespolizei führe ebenfalls eine solche Regel ein. Zur Frage einer bundesweiten Beobachtung der AfD verwies sie auf das Bundesamt für Verfassungsschutz.
„Sehr schlimmer Vorfall“ – Scholz zur Festnahme der Ex-AfD-Abgeordneten
Nach der großangelegten Anti-Terror-Razzia gegen die „Reichsbürger“-Szene hat CSU-Chef Markus Söder vor ernsten Gefahren für das Land und die Demokratie gewarnt – und dabei auch die AfD aufs Schärfste kritisiert. Die „Reichsbürger“-Netzwerke müssten national und regional „absolut bis aufs Letzte trockengelegt werden“, sagte Söder am Freitag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München.
Söder: „AfD eng verwoben“
„Es muss alles aufgeklärt werden“, mahnte Söder und fügte hinzu: Es müsse geklärt werden, was die AfD eigentlich für eine Partei sei. „Die AfD ist mit dieser Szene eng verwoben, personell. Sie entwickelt sich zunehmend zu einem Sammelbecken auch gerade solcher rechtsextremer Kräfte, sie zieht sie geradezu an.“
Zwar seien nicht alle AfD-ler rechtsextrem. „Aber alle, die versuchen, in der AfD gegen Rechtsextremismus vorzugehen, werden Stück für Stück aussortiert, abgewählt und an den Rand ihrer Partei gedrängt. Was eh schon schwierig ist, weil die ganze AfD in jeder Beziehung am Rand operiert“, kritisierte der bayerische Ministerpräsident. Deshalb müssten auch alle Bemühungen des Verfassungsschutzes, sich mit der AfD zu beschäftigen, intensiviert und verstärkt werden, forderte er.
Manche machten sich lustig über die Fantasien der „Reichsbürger“ oder über „irgendwelche abgehalfterten Prinzen“, sagte Söder. „Aber die Gefahr ist immens groß. Hier geht es um Waffen. Hier geht es um Pläne, zu entführen und vielleicht sogar zu töten. Hier geht es um Beteiligung auch von Menschen, die Erfahrung haben im Umgang mit Waffen“, warnte der CSU-Vorsitzende. „Seit dieser Woche ist klar, dass es da Riesengefahren für unser Land gibt, Riesengefahren für die Demokratie und vor allen Dingen sogar für Leib und Leben.“
Bundestag beschäftigt sich kommende Woche mit „Reichsbürger“-Razzia
Der Bundestag beschäftigt sich in der kommenden Woche gleich in mehreren Sondersitzungen mit der Großrazzia gegen mutmaßliche „Reichsbürger“. Auf Antrag der Unionsfraktion soll der Fall am Montag sowohl im Innenausschuss als auch im Rechtsausschuss erörtert werden. Die Grünen drängen außerdem darauf, dass die nun aufgedeckten Pläne der Gruppe in einer Aktuellen Stunden im Plenum des Bundestages thematisiert werden.
„Das enttarnte Terrornetzwerk hat nach derzeitiger Kenntnis gezielt Angriffe auf den Deutschen Bundestag und damit das Herz der Demokratie vorbereitet“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, am Freitag. Daher sollte sich der Bundestag bald „mit der Bedrohung der Demokratie durch Netzwerke von Reichsbürgern und anderen Rechtsextremisten“ befassen.
Dabei müsse nicht nur über die laufenden Ermittlungen gesprochen werden, sondern auch über politische Konsequenzen sowie über sicherheitspolitische Maßnahmen und den gesellschaftlichen Handlungsbedarf. „Die Ampel-Partner werden Anfang der Woche in ihren Fraktionsvorständen über die Aktuelle Stunde entscheiden“, kündigte die Innenpolitikerin an.
Die Unionsfraktion im Bundestag will im Rechtsausschuss auch über eine Weitergabe von Informationen vor der Razzia sprechen. „Durchgestochene Ermittlungsinterna gefährden die Ermittlungen und schaden dem Rechtsstaat“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Günter Krings (CDU), dem Nachrichtenportal t-online. „Sofern Medienvertreter von den durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen und Festnahmen vorab informiert gewesen sein sollten, muss dies untersucht und aufgeklärt werden.“
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte: „Einsätze wie der, der da gelaufen ist, sind immer auch mit einer möglichen Gefährdung der Einsatzkräfte verbunden.“ Eine Vorab-Weitergabe von Informationen dazu sei „unverantwortlich“.
Bundesanwaltschaft hat 25 Menschen festnehmen lassen
Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch bei einem der größten Polizeieinsätze in der Geschichte der Bundesrepublik in elf Bundesländern sowie in Italien und Österreich 25 Menschen festnehmen lassen. 22 von ihnen wirft sie vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte.
Bei den drei anderen geht es um Unterstützung. Die Bundesanwaltschaft sprach zudem von 27 weiteren Beschuldigten. Als ein Rädelsführer gilt der Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß aus Hessen.
Die Bundesanwaltschaft hat Auslieferungsverfahren gegen zwei im Zuge der „Reichsbürger“-Razzia in Österreich und Italien festgenommene Männer eingeleitet. Wann die beiden den Ermittlungsrichtern des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt werden können, stand am Freitag noch nicht fest.
„Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen und stehen häufig im Konflikt mit Behörden. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 21.000 Anhänger zu.
Mehr: „Verlust der Ruhestandsbezüge“: Ampelpolitiker für hartes Vorgehen gegen extremistische Beamte
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