Dec 14, 2022
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Gipfel in Washington: Biden buhlt um Afrika – und will Chinas Einfluss auf dem Kontinent zurückdrängen

Written by Annett Meiritz

Johannesburg, Washington „Ich weiß, ihr wollt, dass ich schnell wieder von der Bühne verschwinde“, scherzte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch, bei seiner Rede auf dem Afrika-Gipfel in Washington. „Schließlich steht ein Halbfinale an“, sagte er in Anspielung auf das WM-Spiel zwischen Frankreich und Marokko. Doch es sei wichtig, betonte der Präsident, sich für einen Moment auf die „gemeinsame Zukunft zwischen den USA und Afrika zu konzentrieren“. Der Gipfel sei ein „Wendepunkt“ in den Beziehungen.

Das dreitägige Treffen dient dem Ziel, das eingeschlafene Verhältnis zu den 48 Staaten südlich der Sahara neu zu beleben. Zumindest symbolisch zeigt Biden damit, dass die USA den afrikanischen Kontinent ernst nehmen. Der Gipfel beherbergt dutzende Delegationen und ist ein logistischer Kraftakt. Er ist die größte internationale Zusammenkunft seit Beginn der Pandemie. Straßensperren und Sicherheitskontrollen prägen die US-Hauptstadt.

„Wenn Afrika erfolgreich ist, sind die USA und ist die ganze Welt erfolgreich“, erklärte Biden weiter. Handlungsbedarf gibt es reichlich: Die Covid-Pandemie ist auch in Afrika nicht unter Kontrolle, der Klimawandel bedroht die 1,3 Milliarden Bewohner. Akut wirkt sich der Ukraine-Krieg auf Afrika aus, weil Düngemittel- und Weizenexporte wegfallen. 

Das Weiße Haus forderte im Vorfeld, die Afrikanische Union müsse als ständiges Mitglied der Gruppe der G20 aufgenommen werden und einen festen Sitz im Uno-Sicherheitsrat bekommen. Außerdem wollen die USA in den nächsten drei Jahren 55 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen, unter anderem für digitale Infrastruktur, Stromnetze und die Bekämpfung des Klimawandels. 

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Die Rivalität zu China ist überall spürbar

Doch die Bemühungen sind auch eigennützig. Der wachsende Einfluss Chinas in vielen afrikanischen Staaten alarmiert die US-Regierung. Washington will deshalb gegensteuern. China hat insgesamt 700 Milliarden US-Dollar an Krediten in Afrika vergeben, unter anderem für Infrastruktur, Energie und andere Projekte.

China sei bei Direktinvestitionen in Afrika an den USA vorbeigezogen, räumte US-Vizehandelsminister Don Graves am Rande des Gipfels ein. „Wir haben den Ball aus den Augen verloren, US-Investoren und Unternehmen müssen jetzt aufholen“, sagte er bei einem Podium des Portals Semafor.

Außenminister Antony Blinken mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi

Afrika spielte für die US-Regierung lange eine untergeordnete Rolle.


(Foto: AP)

Weitere Zahlen verdeutlichen das Gefälle: So betrug das Handelsvolumen zwischen China und Afrika im vergangenen Jahr rund 250 Milliarden Dollar. Zwischen den USA und Afrika sind es hingegen nur 64 Milliarden Dollar, was ungefähr dem amerikanischen Handelsvolumen mit Brasilien entspricht. 

>> Lesen Sie hier: EU fördert Südafrikas grüne Energiewende – aber kauft dort immer mehr Kohle ein

US-Außenminister Antony Blinken, der im vergangenen Jahr Nigeria besuchte, warf China damals vor, afrikanische Länder in Abhängigkeiten zu treiben. Auf dem Afrika-Gipfel in Washington kochte der Konflikt hoch. Chinas Botschafter in den USA, Qin Gang, erklärte, China sei „aufrichtig“ und betrachte Afrika als „pulsierenden Schwellenmarkt der Zukunft“. Peking sei aber „nicht an den Ansichten anderer Länder zu Chinas Rolle in Afrika interessiert.“

Im Pentagon, so berichten US-Medien, seien sie besorgt über eine potenzielle chinesische Militärbasis im Westen Afrikas sowie die weitverbreitete Nutzung von Huawei-Netzen in Afrika. US-Beamte warnen in Hintergrundgesprächen auch vor Russlands Einfluss in Afrika. Russische Oligarchen und Militärunternehmen fänden in afrikanischen Staaten Unterschlupf, erklärte ein Regierungsbeamter. 

Die USA verfolgen nicht nur geopolitische, sondern auch wirtschaftliche Interessen in der Sicherung von Lieferketten. So heißt es in der Afrika-Strategie, die die US-Regierung im August veröffentlichte: Die USA streben „öffentlich-private Partnerschaften zur nachhaltigen Entwicklung und Sicherung der kritischen Mineralien“ an. Dahinter stecken mögliche Kooperationen in der Förderung von Rohstoffen und Seltenen Erden. Beides braucht der US-Präsident, um den geplanten Umbau der US-Wirtschaft auf E-Mobilität und erneuerbare Energien zu verwirklichen.

Das Beispiel Nigeria zeigt: Es ist noch viel zu tun

Dabei spielte der Kontinent für die US-Regierung lange eine untergeordnete Rolle. Ganze acht Jahre ist es her, dass die USA ihren ersten Afrika-Gipfel in Washington abhielten. Damals war Biden Vizepräsident von Präsident Barack Obama, dessen Vater aus Kenia stammt. Obamas Nachfolger Donald Trump bezeichnete die wirtschaftlich weit zurückgefallenen Staaten Afrikas einst als „Dreckslöcher“. 

Beobachter sind skeptisch, dass der aktuelle Gipfel tatsächlich Ergebnisse bringt. Würde Afrika – bezeichnenderweise als Kollektiv – in die Runde der G20-Staaten aufgenommen, würden die G20 dann wohl G21 heißen und 54 neue Länder auf einen Schlag dazu bekommen. Wie dies angesichts der Zerstrittenheit Afrikas in vielen politischen Fragen, wie etwa der Haltung zum Krieg in der Ukraine, funktionieren soll, blieb auf dem Gipfel offen.

Jill Biden empfängt Ehepartner afrikanischer Staatsoberhäupter

Jill Biden hört zu während die First Lady der Republik von Sierra Leone, Dr. Fatima Maada Bio, spricht.


(Foto: AP)

Auch die Verwendung der neuen Investitionsgelder wurde nicht konkret festgelegt. Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater von Joe Biden, sprach von einer „eine breiten Palette zur Bewältigung der zentralen Herausforderungen unserer Zeit“. 

Eine sinnvolle Verwendung wäre etwa eine bessere Stromversorgung. Denn über 60 Jahre nach der Unabhängigkeit der ersten Staaten fehlt es noch immer an einer halbwegs intakten Elektrizität, die überlebenswichtig für jede moderne Volkswirtschaft ist. Selbst Südafrika kämpft inzwischen mit massiven Stromausfällen von bis zu zehn Stunden am Tag. 

>> Lesen Sie hier: „Wir müssen einander zuhören“ – Bundesregierung will Afrikastrategie noch mal überarbeiten

Dazu ziehen sich einige westliche Konzerne aus Afrika zurück. So hat zum Beispiel der internationale Süßwarenhersteller Cadbury und oder der Getränke-Fabrikant Coca Cola in den vergangenen Jahren Werke geschlossen. Die Corona-Pandemie hat diese Abwärtsspirale zwar nicht ausgelöst, aber noch beschleunigt.

Das Beispiel Nigeria zeigt, wie weit der Weg zu stabilen Mittelschichten in Afrika noch ist. Nach Angaben der Weltbank lebt fast die Hälfte der nigerianischen Bevölkerung unter der internationalen Armutsgrenze von 1,90 Dollar am Tag. Zudem stocken die Reformen in der größten Volkswirtschaft Afrikas. Seit Jahrzehnten sind die Einnahmen aus dem Ölgeschäft zur Subventionierung von Benzin und Strom missbraucht worden.

Die USA planen hochkarätige Staatsbesuche

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Terrorbekämpfung in Afrika, etwa im Sahel am Südrand der Sahara, aber auch an der ostafrikanischen Küste. Die zunehmend schlechte Sicherheitslage gefährdet wirtschaftliche Großprojekte, wie in Mosambik, das über hohe Erdgasreserven verfügt.

Vor über einem Jahr stellte der französische Konzern Total die Arbeit am größten privaten Onshore-Projekt im Norden des Landes ein. Islamistische Terroristen hatten eine größere Stadt in der Nähe erobert. Total rechnet jetzt, wenn überhaupt, frühestens ab 2026 mit der Gasförderung. 

Es sind Unwägbarkeiten wie diese, die die Beziehungen zu westlichen Großmächten wie den USA erschweren. Dennoch will die Biden-Regierung Afrika nicht aus dem Fokus verlieren, verspricht sie. Im kommenden Jahr, so heißt es aus dem Weißen Haus, sollen Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und Finanzministerin Janet Yellen für Besuche nach Afrika fliegen. 

Mehr: Robert Habecks Besuch in Südafrika – der Wirtschaftsminister trifft auf ein ramponiertes Land und einen angeschlagenen Staatschef



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Politik

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