Dec 15, 2022
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Energieversorgung: Heizen mit Fernwärme: FDP fordert Preis-Überprüfung durch Kartellamt

Written by Dietmar Neuerer


Berlin Die FDP hat das Bundeskartellamt aufgefordert, die Preisgestaltung im Fernwärmesektor zu überprüfen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Reinhard Houben, begründet dies in einem Brief an den Präsidenten der Behörde, Andreas Mundt, mit Hinweisen auf zu hohe Preise.

In dem auf den 13. Dezember 2022 datierten Schreiben, das dem Handelsblatt vorliegt, äußert der FDP-Politiker die Erwartung, dass das Kartellamt „diesen Vorwürfen nachgeht und eine erneute Sektoruntersuchung Fernwärme zeitnah initiiert und damit Strukturen und Wettbewerbsbedingungen in diesem Bereich untersucht und analysiert“.

Mit der Sektoruntersuchung kann die Aufsichtsbehörde ganze Branchen durchleuchten, wenn „starre Preise oder andere Umstände“ vermuten lassen, dass der Wettbewerb dort nicht mehr funktioniert. Bei der letzten Überprüfung des Fernwärmesektors im Jahr 2012 hatte das Bundeskartellamt in einigen Fällen Preisunterschiede zwischen einzelnen Netzgebieten von mehr als 100 Prozent festgestellt. Im Anschluss wurden sieben Fernwärmeanbieter näher untersucht und überhöhte Preise festgestellt. 2017 mussten die Anbieter den betroffenen Haushalten deshalb 55 Millionen Euro zurückzahlen.

Houben bezieht sich auf aktuelle Erkenntnisse der Verbraucherzentralen. Diese hätten teils „horrende Nachzahlungen“ für das Jahr 2021 festgestellt, wodurch für 2022 erhöhte Abschläge fällig würden. Hintergrund ist eine Untersuchung der Verbraucherschützer. Danach betrug die Preissteigerung verschiedener Anbieter von April 2021 bis April 2022 zwischen 28 und 92 Prozent. Aus Sicht der Verbraucherschützer sei die Preisgestaltung kaum nachvollziehbar, schreibt Houben.

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Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht keinen Grund, warum das Bundeskartellamt aktiv werden sollte. Die Landeskartellämter hätten bereits bestehende Eingriffsmöglichkeiten wiederholt genutzt.

Eine Verbandssprecherin sagte dem Handelsblatt: „So wurden in den vergangenen Jahren mehrere Sektoruntersuchungen und Preisabfragen auf Landesebene durchgeführt. Dabei konnte kein flächendeckender Preismissbrauch festgestellt werden.“

Dezember-Soforthilfe soll für Entlastung sorgen

Der BDEW hält die Kritik an den Fernwärmepreisen für ungerechtfertigt. „Dass die Fernwärmepreise aktuell steigen, ist vor allem auf die gestiegenen Brennstoffbeschaffungskosten zurückzuführen“, sagte die Sprecherin. Auch der Wärmemarkt leide unter der aktuellen Energiepreiskrise.

Fallen die Kosten für die Wärmebereitstellung wieder, würden die Preise entsprechend gesenkt. „Hierzu sind die Unternehmen in aller Regel unter Anwendung der sogenannten Preisanpassungsklausel verpflichtet, die sowohl Preissteigerungen, aber eben auch Preissenkungen abbildet.“

Mit Blick auf aktuelle Preisspitzen wies die BDEW-Sprecherin auf die beschlossenen Entlastungsmaßnahmen hin, darunter die Dezember-Soforthilfe sowie die im kommenden Jahr auch für Wärmekunden geltende Preisbremse. „Dabei hat der Gesetzgeber auch eigens eine Missbrauchsvorschrift in das Preisbremsengesetz eingeführt, wonach sachlich ungerechtfertigte Preiserhöhungen durch das Bundeskartellamt untersagt werden können“, sagte die Sprecherin.

>> Lesen Sie auch: „Sozialer Sprengstoff“ – Vermieter warnen vor steigenden Fernwärme-Kosten

Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online prognostiziert für das Jahr 2022 eine Steigerung des Fernwärmepreises um knapp 24 Prozent. Exemplarisch haben die Experten die Preisentwicklung für eine 70 Quadratmeter große Zwei-Personen-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mit einem durchschnittlichen Energieverbrauch berechnet. Dort steigen demnach die Kosten fürs Heizen mit Fernwärme aufgrund des wärmeren Wetters in diesem Jahr im Schnitt um zehn Prozent von 966 auf 1.060 Euro.

Experten rechnen mit weiterem Preisanstieg bei Fernwärme

Die Verbraucherschützer bemängeln, dass Mieter sich gegen übermäßige Preiserhöhungen nicht zur Wehr setzen und ihnen nicht ausweichen könnten. Das liegt daran, dass die Kunden in vielen Regionen Deutschlands nicht auf günstigere Fernwärmeanbieter umsteigen können, weil es keine Konkurrenz gibt.

Teilweise besteht sogar die rechtliche Verpflichtung zum Anschluss an ein bestimmtes Netz, falls man Fernwärme als Energieform wählt. Die mehr als 500 Fernwärmeerzeuger sind meist Stadtwerke, aber auch große Versorger wie RWE, Eon, EnBW und Vattenfall.

Fernwärme wird in großen Heizkraftwerken hauptsächlich auf der Basis von Kohle und Erdgas erzeugt und über Rohrleitungssysteme an Energieversorgungsunternehmen oder direkt an Endverbraucher geliefert. Abnehmer sind sowohl gewerbliche Nutzer als auch private Haushalte. Etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit Gas beheizt. Rund 14 Prozent der Haushalte, vor allem in Ostdeutschland, nutzen Fernwärme.

Aufgrund der angespannten Angebotssituation bei Heizenergie geht co2online davon aus, dass die Preise auch für Fernwärme auf hohem Niveau bleiben oder sogar weiter steigen. Vor diesem Hintergrund plädiert die Beratungsgesellschaft dafür, Monopolstellungen von Fernwärmeanbietern zu überwachen und bei Bedarf stärker zu regulieren.

„Insbesondere ist es entscheidend, dass Fernwärmeanbieter ihre Preisstruktur transparent machen und auf Einsparmöglichkeiten hinweisen“, sagte co2online-Sprecher Alexander Steinfeldt dem Handelsblatt. „Ein Drittel aller Fernwärmekunden in Deutschland bezahlt nämlich zu viel fürs Heizen, da bei der Installation von Fernwärme die Anschlussleistung geschätzt und nicht präzise berechnet wird.“

Mehr: Welche Heizung ist die beste Alternative?



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Politik

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