Nov 1, 2022
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Armin Steinbach: Allein gegen das Ölkartell: Deutscher Ökonom will die Opec zerschlagen

Written by Moritz Koch

Doch der Plan ging nicht auf: Die Saudis taten das genaue Gegenteil. Im Opec-Kartell setzten sie vor einigen Wochen eine Produktionskürzung durch, der Ölpreis stieg und mit ihm Putins Exporterlöse. Das teure Benzin ist Bidens größte Sorge bei den Kongresswahlen am 8. November.

Was der vermeintlich mächtigste Mann der Welt auf diplomatischem Weg nicht geschafft hat, will jetzt ein früherer deutscher Spitzenbeamter vor Gericht erreichen: Armin Steinbach, ehemaliger Referatsleiter im Wirtschafts- und im Finanzministerium. Steinbach hat den staatlichen saudischen Ölkonzern Saudi Aramco, das wertvollste Unternehmen der Welt, in Berlin verklagt, zusammen mit anderen arabischen Ölfirmen und der Opec. 

Der Fall bietet Stoff für einen Politthriller, vielleicht sogar für eine Staatsaffäre. Steinbach, 44, inzwischen Professor an der Pariser Wirtschaftsuni HEC, will die Opec und die sie tragenden Staatskonzerne als Marktmanipulatoren zur Kasse bitten.

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Seine Forderung ist in der Klageschrift wie folgt notiert: „Schadensersatz aufgrund Kartellrechtsverstoß“. Steinbach verweist auf Studien, denen zufolge das Opec-Kartell den Preis von Öl signifikant erhöht habe. 

Tankrechnungen für den Motorroller sollen Kartellrechtsverstoß belegen

Wer Steinbach kennt, weiß, dass er in seiner Zeit in Berlin hin und wieder mit dem Motorroller unterwegs war. Die Tankrechnungen, die er über die Jahre angesammelt hat, dienen ihm nun als Klagegrund. Die Streitsumme, um die es geht, ist kaum der Rede wert: Gerade einmal 50 Euro beträgt sie. Aber um Geld geht es Steinbach auch nicht. Es geht ihm um Grundsätzliches.

„Wenn meine Klage Erfolg hat, wäre erstmals gerichtlich anerkannt, dass die Opec ein Kartell ist“, erläutert Steinbach. „Dann könnte jeder Deutsche die Opec auf Schadensersatz verklagen.“ Seine Klage stelle damit eine „finanzielle Bedrohung“ für das Kartell dar. Da unwahrscheinlich ist, dass die Opec auf eine Zahlungsaufforderung eingeht, könnte das Gericht die Abschöpfung von Vermögenswerten der Unternehmen in Europa anweisen.

>> Lesen Sie hier: Kraftprobe mit der Opec – Biden will den Ölpreis drücken

Steinbach, der sowohl Ökonom als auch Rechtswissenschaftler ist, betritt mit seiner Klage juristisches Neuland. Einen vergleichbaren Fall habe es in Europa bisher nicht gegeben, erläutert er, nur in den USA: Dort aber habe die „weitreichende Immunitätsrechtsprechung“ einen Erfolg der Kläger verhindert. 

Steinbach rechnet sich am Landgericht Berlin bessere Chancen aus. In seiner Klage legt er dar, dass sich die Ölkonzerne dem Zugriff der deutschen Justiz nicht entziehen könnten: Anders als Staaten stehe ihnen keine Immunität zu, da sie privatrechtlich organisiert seien. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es sich um staatlich kontrollierte Firmen handele. 

Opec-Logo

Was passiert, wenn ein deutsches Gericht die Opec als Kartell einschätzt? Für die Politik könnte der Fall noch heikel werden.



(Foto: Reuters)

„Entscheidend ist nach der Rechtsprechung allein die rechtliche Selbstständigkeit des Unternehmens“, argumentiert Steinbach. Wenn das Gericht seiner Rechtsauffassung folge, könnte die Opec auf dem Gebiet der Europäischen Union zusammenbrechen, sagt er voraus.

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Der Fall befindet sich gerade in der „Zustellungsphase“, das heißt, die Gegenseite wird über die Klage informiert und muss Anwälte benennen. Ehe es zur ersten mündlichen Verhandlung kommt, dürften noch Monate, wenn nicht Jahre vergehen. 

Opec könnte mit Lieferstopp reagieren

Für die deutsche Politik könnte der Fall noch heikel werden. Sollte Steinbach Erfolg haben, dürfte die Opec zu Gegenmaßnahmen greifen. Sie könnte Lieferstopps verhängen oder mit Sanktionen reagieren. Ein Machtkampf würde beginnen – mit völlig ungewissem Ausgang.

>> Lesen Sie hier: Was ein Bruch der USA mit den Saudis für die Welt bedeuten könnte

Dass die Ölimporteure aber überhaupt nach Mitteln suchen, sich gegen die Preismanipulation zur Wehr zu setzen, zeigt, wie sich die Zeiten seit den Ölkrisen der 70er-Jahre geändert haben: Die G7 will mit einem Ölpreisdeckel gegen Russland vorgehen, um Putin von seiner wichtigsten Einnahmequelle abzuschneiden. Und in den USA beschäftigt sich der Kongress mit dem „No Oil Producing and Exporting Cartels Act“, kurz: Nopec. 

Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Immunität der Opec und der sie tragenden Unternehmen aufzuheben, ganz im Sinne Steinbachs. Ähnliche Initiativen sind in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert, nicht zuletzt aus Angst, eine Enteignungswelle gegen US-Firmen zu provozieren. 

Doch die Verärgerung über das Verhalten der Saudis – von einer De-facto-Allianz mit Putin ist die Rede – hat in Washington ein solches Ausmaß erreicht, dass es zumindest nicht mehr undenkbar ist, dass Nopec eine Mehrheit finden könnte. 

Mehr: Neue Sanktionen: Die EU will Russlands Öleinnahmen drücken.



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Politik

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