Berlin Die USA wollen die Ukraine trotz einer republikanischen Mehrheit im US-Repräsentantenhaus weiter massiv unterstützen. Die von US-Präsident Joe Biden beantragten Hilfen für das überfallene Land „werden in den kommenden Wochen durch den US-Kongress beschlossen“, sagte US-Vizefinanzminister Wally Adeyemo dem Handelsblatt.
„Wir werden der Ukraine die Waffen liefern, die sie zu ihrer Verteidigung braucht, sowie die Mittel zur Verfügung stellen, die sie braucht, um ihre finanziellen Pflichten 2023 zu erfüllen“, fügte der 41-Jährige hinzu.
Die US-Regierung wolle die Ukraine in die Lage versetzen, „die russische Invasion so schnell wie möglich zu beenden“, sagte Adeyemo. Er wies damit Spekulationen zurück, die Republikaner könnten Ukrainehilfen drastisch kürzen.
Washingtons Unterstützung erfolge „überparteilich“, betonte der Vizefinanzminister – „weil es um Souveränität und Werte geht wie den, dass ein großes Land nicht einfach ein kleines überfallen darf“.
Adeyemo ist der Chief Operating Officer des amerikanischen Finanzministeriums, das von Ressortchefin Janet Yellen geleitet wird. Er gilt laut US-Medienberichten als künftiger Wirtschaftsberater Bidens. Vor seiner Berufung in die Regierung war er Leiter der Obama-Stiftung, zuvor stellvertretender Sicherheitsberater während Obamas Präsidentschaft.
Adeyemo bescheinigt Deutschland einen „guten Job“
Der Kritik amerikanischer Militärs an angeblich mangelnder deutscher Unterstützung für die Ukraine wollte sich Adeyemo nicht anschließen. Im Gegenteil: Er lobte die deutsche Rolle in Europa für Ukrainehilfen.
Deutschland und Europa hätten einen „guten Job“ gemacht, die Ukraine mit Waffen und Geld zu unterstützen, Russland mit Sanktionen zu bestrafen und ukrainischen Flüchtlingen zu helfen.
Zuletzt hatten die EU-Staats- und -Regierungschefs am Donnerstag 18,5 Milliarden Euro für Haushaltshilfen an die Ukraine bewilligt. Auch die Herausforderungen dadurch, dass „Russland Energielieferungen als Waffen eingesetzt hat“, habe Europa mit hohen Kosten gemeistert.
Insbesondere das 100 Milliarden Euro umfassende Programm zur Stärkung der Bundeswehr lobte der US-Politiker, da es der Verteidigungsfähigkeit der Nato sehr nütze.
Mit Blick auf die Inflation machte Adeyemo indes keine Hoffnung: „Bis die russische Invasion in der Ukraine nicht beendet ist, werden wir mit den hohen Kosten für Energie und Nahrungsmitteln weltweit zu kämpfen haben.“
Gespräche über Handelsstreit mit den USA
Adeyemo war am Wochenende in Brüssel und Berlin, nicht nur, um über den Ukrainekrieg zu sprechen. Er traf sich auch mit Vertretern der deutschen Industrie und Jörg Kukies, dem wirtschafts- und finanzpolitischen Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz. Beide Seiten sprachen über die transatlantischen Verstimmungen wegen des Inflation Reduction Act (IRA), den der US-Präsident Joe Biden Mitte August unterzeichnet hatte.
Der IRA soll den Umbau der US-Wirtschaft zur klimafreundlicheren Produktion mit Milliarden subventionieren – und hatte in den vergangenen Wochen für Irritationen in Europa gesorgt. Die deutsche Industrie fürchtet, dass sie durch das Vorhaben benachteiligt wird. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte, dass der IRA „Investitionen aus Europa absaugt“.
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Seit Wochen laufen zu dem Thema Krisengespräche zwischen Brüssel und Washington. Wie das Handelsblatt aus Verhandlungskreisen berichtete, zeichnet sich nun eine Lösung ab. Die US-Regierung erwägt, den Europäern in zwei Punkten entgegenzukommen: bei E-Autos und bei der Batterieherstellung.
„Wir müssen uns mit den Bedenken auseinandersetzen“, so Adeyemo. Er versprach eine Lösung, die die Sorgen der europäischen Unternehmen berücksichtigt. Das US-Finanzministerium sei für 75 Prozent der klimarelevanten Gelder des Inflation Reduction Acts verantwortlich. „Wir haben den Beteiligten die Möglichkeit gegeben, uns Feedback zu geben.“ Dazu hätten Unternehmen, Länder und Einzelpersonen gehört.
„Wir haben Tausende von Kommentaren erhalten und sind nun dabei, die Regeln und Vorschriften zusammenzustellen, die wir zur Umsetzung dieser Maßnahmen brauchen werden“, sagte Adeyemo und versprach, Einwände zu berücksichtigen. Es wird erwartet, dass das Finanzministerium bis Ende des Jahres Leitlinien zur Umsetzung des IRA herausgibt.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, zwei sehr starke industrielle Fundamente zu haben: in den USA und in Europa“, versicherte Adeyemo. „Es liegt sowohl in unserem wirtschaftlichen als auch in unserem sicherheitspolitischen Interesse, dafür zu sorgen, dass Europa eine florierende industrielle Basis hat.“
Europa sei mit Blick auf die grüne Transformation in vielerlei Hinsicht den USA voraus, so Adeyemo. „Europa hat im Hinblick auf eine saubere Energiezukunft Maßnahmen ergriffen, die lange Zeit weitaus mutiger waren als unsere.“ Den IRA sehe Washington als Chance, aufzuholen.
Adeyemo lobt gute transatlantische Beziehungen
Die transatlantischen Beziehungen seien nie stärker gewesen, bekräftigte Adeyemo. Auch mit Blick auf den Umgang mit China zeigte er sich zufrieden mit dem Handeln Deutschlands. Zuletzt hatte dem Vernehmen nach die Entscheidung über den Einstieg des chinesischen Staatsunternehmens Cosco beim Hamburger Hafen, die Bundeskanzler Scholz entgegen dem Willen des Kabinetts durchgedrückt hatte, in den USA für Irritationen gesorgt.
Darauf angesprochen, betonte Adeyemo: „In meinen Gesprächen sowohl mit der deutschen Industrie als auch mit Regierungsvertretern habe ich festgestellt, dass sie sich des Risikos bewusst sind, das mit einer zu starken Abhängigkeit von einer auf ein Land konzentrierten Lieferkette verbunden ist.“
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