Der Aufsichtsrat habe ein Investitionspaket von rund 530 Millionen Euro beschlossen, teilte das im MDAX gelistete Unternehmen am Dienstagabend in Hamburg mit. Den Aktionären winkt nun zwar eine rekordhohe Dividende, wegen der hohen Investitionen dürfte die Ausschüttung in den kommenden Jahren allerdings wieder niedriger ausfallen. Zudem rechnet die Unternehmensführung um Aurubis-Chef Roland Harings im noch jungen Geschäftsjahr 2022/23 mit einem Gewinnrückgang. Das überrascht allerdings nicht.
Aurubis will sein im Bau befindliches Recycling-Werk in Richmond (USA) wegen des anhaltenden Recyclingbooms in dem Land jetzt auf das Doppelte der bisher geplanten Kapazität erweitern. Auch das Werk in Hamburg soll weiter ausgebaut werden. Damit sollen in der Heimatstadt des MDax-Unternehmens künftig rund 30 000 Tonnen zusätzliches Recyclingmaterial sowie in größerem Umfang interne, komplexe Hüttenzwischenprodukte verarbeiten werden können. Auch soll der konzerneigene Solarpark in Bulgarien weiter wachsen. Die Investitionen sollen künftig einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 130 Millionen Euro einbringen.
Die Investitionen sollen aus dem laufenden Mittelzufluss finanziert und damit auf eine Kapitalerhöhung verzichtet werden. Das bedeutet aber auch, dass vorerst nicht mehr wie bisher automatisch mindestens ein Viertel des operativen Konzerngewinns an die Anteilseigner ausgeschüttet wird.
Die Ausschüttungsquote werde künftig jährlich neu festgelegt – abhängig vom Finanzbedarf des Unternehmens, hieß es. Dabei betont das Unternehmen aber, dass Aktionäre “weiterhin angemessen am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt werden.” Ein Großteil der jährlichen Ausschüttung fließt an den Stahlkonzern Salzgitter, der knapp 30 Prozent der Aurubis-Anteile hält.
Zunächst winkt aber eine Rekorddividende. Für das Ende Oktober abgelaufene Geschäftsjahr 2021/22 sollen die Anteilseigner je Aktie 1,80 Euro erhalten – 20 Cent mehr als ein Jahr zuvor und so viel wie nie zuvor in der Geschichte des Konzerns. Analysten hatten im Schnitt jedoch mit mehr als zwei Euro gerechnet.
Dabei kann sich Aurubis auf starke Geschäftszuwächse im abgelaufenen Geschäftsjahr stützen. Bei einem Umsatzwachstum um knapp 14 Prozent auf 18,5 Milliarden Euro legte der operative Vorsteuergewinn im Jahresvergleich um rund 40 Prozent auf 532 Millionen Euro zu – das war etwas mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Dabei machten gestiegene Metall- und Schwefelsäurepreise sowie eine hohe Nachfrage nach Kupferprodukten die gestiegenen Energiekosten mehr als wett. Das bereinigte Konzernergebnis stieg auf 433 Millionen Euro, nach 284 Millionen im Vorjahr.
So mussten mit 342 Millionen Euro fast zwei Drittel mehr für Energie ausgeben werden als im vergangenen Geschäftsjahr, wie die Unternehmensführung während der Jahrespressekonferenz am Mittwoch erklärte. Üblicherweise legt Aurubis die Jahreszahlen nicht so spät im Dezember vor, in diesem Jahr verzögerte sich die Veröffentlichung aber wegen einer Cyber-Attacke Ende Oktober. Damals fuhr der Konzern zahlreiche Systeme präventiv herunter und trennte sie vom Internet. Die Produktion konnte weitgehend aufrechterhalten werden. Am Ende hätten sich die hohen Ausgaben für die IT-Sicherheit ausgezahlt, sagte Harings am Mittwoch. Die finanzielle Belastung durch den Angriff belaufe sich auf weniger als 5 Millionen Euro.
Für das seit Anfang November laufende Geschäftsjahr 2022/23 erwartet das Management jedoch einen Rückgang des operativen Vorsteuerergebnisses auf 400 bis 500 Millionen Euro. Branchenexperten liegen mit ihren Erwartungen hier bereits am unteren Ende der Spanne.
Gegenwind kommt im neuen Geschäftsjahr weiterhin ein Stück weit durch die Energiekosten, ein trüberes Konjunkturumfeld sowie vom Geschäft mit Schwefelsäure, das im alten Jahr stark gelaufen war. Schwefelsäure fällt als Nebenprodukt der Kupferproduktion an und ist ein wichtiger Rohstoff für die Düngerindustrie. Insbesondere in Europa erwartet Aurubis nun aber eine reduzierte Nachfrage aufgrund von Produktionskürzungen vieler Düngerhersteller wegen hoher Energiekosten. Zudem werde in den Exportmärkten USA und Südamerika von einem niedrigeren Preisniveau aufgrund erhöhter Exportaktivitäten aus Europa und China ausgegangen.
Besser sieht es im Geschäft mit Kupfer aus, das grundsätzlich von einer guten Rohstoffnachfrage, auch im Zuge der Digitalisierung, der wachsenden Elektromobilität und dem Ausbau der Erneuerbaren Energie profitiert. Aurubis erwartet eine weiterhin stabile Nachfrage und hob daher die Kupferprämie für europäische Gießwalzdraht- und Stranggussformate deutlich an. Das ist ein Preisaufschlag wegen der hohen Qualität des Kupfers, den Aurubis auf den allgemeinen Marktpreis bekommt. Zudem dürften die Raffinierlöhne, also das Geld, das Aurubis für die Verarbeitung der Materialien zu reinen Kupferblöcken bekommt, angesichts einer stabilen Versorgung bei Recyclingmaterialien gut bleiben.
So reagiert die Aurubis-Aktie
Eine frühe Berg- und Talfahrt ist am Mittwoch bei Aurubis in eine robuste Aufwärtsbewegung übergegangen. Die Papiere des Kupferkonzerns sackten in den ersten XETRA-Handelsminuten um über neun Prozent ab auf 72 Euro, holten die Verluste dann aber zügig auf.
Dann gelang ihnen der Dreh ins Plus mit teilweise 2,2 Prozent, zuletzt notierten sie noch 1,24 Prozent fester bei 80,22 Euro.
Der kurze Rückfall unter die exponentielle 200-Tage-Linie, die als längerfristiges Trendbarometer gilt, wurde damit schnell abgehakt.
Anleger wägten angesichts der Schwankungen ab zwischen der Wachstumsinitiative der Hamburger, die zunächst zulasten der Dividendenzahlungen geht, aber perspektivisch die Erträge ankurbeln soll. Auf den ersten Blick drückten die Dividendenperspektive und die hohen Kosten auf die Stimmung, zumal die Aktien einen guten Lauf hinter sich hätten, hieß es am Markt. Beim näheren Hinsehen sei es aber positiv, dass die Investitionen auf längere Sicht das operative Ergebnis (Ebitda) antreiben dürften.
Aurubis teilte mit, der Aufsichtsrat habe ein Investitionspaket von rund 530 Millionen Euro beschlossen. Unter diesen Umständen will das Unternehmen künftig nicht mehr wie bisher automatisch mindestens ein Viertel des operativen Konzerngewinns an die Anteilseigner ausschütten, sondern die Quote jährlich neu festlegen – abhängig vom Finanzbedarf. Für das abgelaufene Geschäftsjahr sollen die Aktionäre zwar je Aktie eine Rekorddividende von 1,80 Euro erhalten, die Börsianern zufolge aber klar unter den Analystenerwartungen liegt.
Wegen des anhaltenden Recycling-Booms will Aurubis unter anderem sein im Bau befindliches Recycling-Werk in Richmond (USA) jetzt auf das Doppelte der bisher geplanten Kapazität erweitern. Baader-Analyst Christian Obst bewertete dies als “ambitionierten Wachstumsplan für die USA”. Damit werde Aurubis dort führend bei Elektronik- und Elektroschrott, so Obst. Die vorgelegten Geschäftsjahreszahlen bewertete er als “sehr gut” trotz stark gestiegener Energiepreise. Der Ausblick für das kommende Geschäftsjahr lässt aus Sicht des Analysten noch viel Luft für positive Überraschungen.
Das Investmenthaus Oddo BHF nahm die Nachrichten am Mittwoch zum Anlass, um das Kursziel für Aurubis von 90 auf 100 Euro zu erhöhen. In seiner Studie erklärte Analyst Maxime Kogge, dass die neuen Initiativen des Kupferkonzerns den Wert der Aktien um 10 bis 15 Euro steigern könnten. Er betonte außerdem, dass künftige Dividenden nicht in Gefahr seien, da sich das Unternehmen mit einer sehr gesunden Bilanz rühmen könne. Er bestätigte vor diesen Hintergründen sein positives Urteil mit “Outperform”.
Wegen Expansionsplänen: Aurubis will Dividendenpolitik künftig flexibler gestalten
Angesichts der geplanten massiven Investitionen will Aurubis die Dividendenpolitik in den kommenden Jahren flexibler handhaben. “Wir müssen über die nächsten Jahre die starre Ausschüttungsquote von 25 Prozent aussetzen”, sagte Finanzvorstand Rainer Verhoeven bei der Bilanzpressekonferenz der Hamburger Aurubis AG zum Geschäftsjahr 2021/22. “Wir werden die Anteilseigner aber dennoch sehr angemessen am Erfolg beteiligen.”
Für 2021/22 hat Aurubis angekündigt, eine Dividende von 1,80 Euro je Aktie zu zahlen. Das ist die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte, liegt aber mit 18 Prozent des operativen Konzernergebnisses unterhalb der bisherigen Ausschüttungsquote von einem Viertel des Gewinns. Analysten hatten mit einer Dividende von 2,10 Euro gerechnet.
Die Investitionen der nächsten Jahre von zunächst 1 Milliarde Euro wolle Aurubis aus eigener Kraft stemmen, so der Manager weiter. Auf jeden Fall soll es keine Verwässerung der Anteile durch die Ausgabe neuer Aktien geben.
Aurubis sei zwar “sehr robust aufgestellt” und habe eine klare Idee, wie sich die Ergebnisse in den kommenden Jahren entwickeln werden. “Wir müssen aber auch dafür Sorge tragen, dass, sollte dies nicht so eintreffen, wir in der Lage sind, die nun beschlossenen und in der Umsetzung befindlichen Projekte auch durchzufinanzieren und umsetzen zu können.”
FRANKFURT (Dow Jones) / dpa-AFX
Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
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