Dec 24, 2022
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Schuldentilgung: Warum fast niemand dem Staat Geld spenden will

Written by Martin Greive


Reichstag in Berlin

Wer will, kann dem Staat Geld spenden – allerdings will kaum jemand.


(Foto: IMAGO/serienlicht)

Berlin Marlene Engelhorn ist eine Nachfahrin des BASF-Firmengründers Friedrich Engelhorn, wird einen zweistelligen Millionenbetrag erben – und würde gern darauf viel mehr Steuern zahlen. Mit rund 60 anderen Millionären engagiert sie sich in der Initiative „taxmenow“ („Besteuere mich jetzt“), die sich für eine höhere Besteuerung von Vermögenden einsetzt.

Doch wer will, könnte heute schon dem Staat mehr Geld zukommen. Zwar nicht direkt als Steuer, aber per Spende. Im Jahr 2006 hat der Bund ein „Schuldentilgungskonto“ eingerichtet, seitdem können die Bürger ihrem Staat freiwillig Geld überweisen. Nur: So gut wie niemand macht davon Gebrauch.

Bis kurz vor Weihnachten gingen in diesem Jahr gerade einmal 55.589,46 Euro ein, teilte das Bundesfinanzministerium dem Handelsblatt auf Anfrage mit. Auch der Gesamtbetrag, der seit Einrichtung des Kontos 2006 an den Bund überwiesen wurde, ist überschaubar: Insgesamt spendeten die Bürger ihrem Staat bis heute 1,38 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die gleiche Summe drücken die Steuerzahler statistisch in weniger als zwei Minuten an den Fiskus ab.

Dabei gibt es genug Staatsschulden, die abzuzahlen sind. Allein in diesem Jahr hat der Bund die Aufnahme einer halben Billion Euro neuer Schulden beschlossen. Doch selbst in Zeiten, in denen der Staat wegen Corona, Energiekrise und Ukrainekrieg Rekordschulden machen muss, wird das Schuldentilgungskonto nicht genutzt. Und das hat seine Gründe.

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Einer davon: Das Konto ist kaum bekannt. Das Bundesfinanzministerium macht bewusst keine Werbung dafür. Die Regierung erwarte solche Beiträge von den Bürgern nicht und strebe auch nicht an, die Bevölkerung zu Zahlungen zu ermutigen, teilt das Ministerium mit.

Keine Werbung für Spendenkonto

Weder will der Fiskus bei seinen Bürgern betteln gehen, noch mit gemeinnützigen Einrichtungen oder Vereinen um Spendergelder konkurrieren. „Zur Finanzierung des Bundeshaushalts ist der Staat nicht auf Spenden angewiesen, und er sollte diesen Eindruck auch nicht durch aktives Werben für Spenden vermitteln“, so das Bundesfinanzministerium.

Nicht einmal auf der Seite des Bundesfinanzministeriums ist das Konto zu finden. Das zumindest kann die CDU nicht nachvollziehen. Damit würden Wohltäter, die dem Staat Gutes tun wollen, unnötig Steine in den Weg gelegt. Wenigstens auffindbar sollte das Konto sein, fordert die Union.

>> Lesen Sie auch: Mehr als 500 Milliarden Euro – Deutschland leiht sich Riesensummen am Markt

Für ebenso falsch hält es die Opposition, dass Spender nicht einmal ein Dankeschön vom Staat bekommen. Das wäre doch das Mindeste. Das Bundesfinanzministerium sieht das anders: Fielen Kosten für Dankesschreiben oder sonstige Honorierungen an, so heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an die FDP-Bundestagsfraktion, „würde die bezweckte Schuldentilgung nur zum Teil erreicht werden“.

Wer einzahlt, bekommt daher auch keine Spendenquittung, womit die Spende an den Staat auch nicht steuerlich absetzbar ist. Das allerdings kritisiert nicht mal die Opposition. Denn eine Absetzbarkeit würde dem Grundgedanken des Schuldentilgungskontos zuwiderlaufen: Einzahler möchten ja gerade keine Steuern sparen, sondern dem Staat Geld schenken.

Die Deutschen spenden gerne – nur eben nicht an den Staat

Der wahre Grund für die Spendenzurückhaltung dürfte jedoch ein anderer sein als die mangelnde Bekanntheit des Kontos oder das Fehlen von Dankeskarten. Denn eigentlich sind die Deutschen durchaus spendierfreudig.

An Hilfsorganisationen, den Tierschutz oder Sportvereine spendeten die Deutschen zuletzt rund 5,5 Milliarden Euro im Jahr. In gemeinnützigen Stiftungen stecken nach Schätzung des Bundesverbands Deutscher Stiftungen weitere 68 Milliarden Euro. Die Bürger wollen offenbar nicht einfach anonym Geld auf ein Bundeskonto überweisen, mit dem der Staat dann Schulden abbaut.

Wer aber doch einen Beitrag zum Schuldenabbau leisten möchte: CDU-Parteichef Friedrich Merz hat in einer Kleinen Anfrage von April die Bundesregierung ausrechnen lassen, wie viel jeder Bürger auf das Schuldentilgungskonto überweisen müsste, damit Deutschland schuldenfrei wäre. Stand April waren es pro Kopf einmalig 17.507 Euro bei 83,2 Millionen Menschen und 1,457 Billionen Euro Schulden.

Mehr: Warum dieser Millionär findet, er zahle viel zu wenig Steuern



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Politik

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